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Rassen und Farbenschläge: Jonglieren mit Farbenschlägen in der Praxis

Farbenschläge im Lizensierungsverfahren

Kreuzungen von Farbenschlägen bei Tauben sind für manche Taubenhalter ein Tabu nach dem Motto ‚züchtet rein und züchtet echt‘. Für einige ist es ein Lotteriespiel, für andere auf die Genetik übertragene Kombinatorik. Für die organisierte Rassetaubenzucht ist es eher ein Graus. Die einzelnen Farbenschläge, die automatisch bei Kreuzungen anfallen und jeweils auch einen eigenen genetischen Code haben, werden in den Allgemeinen Ausstellungsbedingungen (AAB) so behandelt, als wäre jeder Farbenschlag eine eigene Rasse und muss in der Realität tatsächlich besondere Lizensierungsverfahren durchlaufen, um ausgestellt werden zu dürfen. Wenn er eine Zeit lang nicht ausgestellt wurde, dann behält man sich das Recht vor, ihn im Standard zu streichen. Der nächste, der bei Kreuzungen über ihn ‚stolpert‘ und interessant findet, darf dann erneut ein Lizensierungsverfahren starten. Einige überschaubare Kombinationen aus der eigenen Zucht, überwiegend schon fast 20 Jahre her. Auch wenn es 90% der Züchter nicht glauben werden, und die Verantwortlichen für die AAB auch erst überzeugt werden müssten, das Beispiel der Pommerschen Schaukappen ist exemplarisch für alle anderen Rassen. Es gib keine Vererbungslehre für einzelne Rassen, die bei einer Rasse gewonnen Erkenntnisse lassen sich auf andere übertragen. Und durch die Kreuzung von Tauben mit unterschiedlichen Erbfaktoren gibt es auch keine Vermischung, sondern Erbfaktoren werden neu kombiniert und ursprüngliche Kombinationen fallen in den Nachfolggenerationen wieder unverfälscht an.

Beispiele für Kreuzungen von Farbenschlägen miteinander

Rotfahl mit Binden X Blaugehämmert

Rotfahl mit Binden x blaugehämmert ergibt in der ersten Generation schon Rotfahlgehämmerte. Diese sind nicht im Standard. Es ist ein typischer Zwischenfarbenschlag, der niemanden stört, nur die AAB. Er kann mit den anderen Farbenschlägen sinnvoll verpaart werden und vermindert damit auch nicht die Zuchtbasis der Rasse. Wer einen Bestand einheitlich gefärbter Tauben liebt, der kann sie auch rein in großer Zahl weiterzüchten.

Abb. 1: Rotfahl mit Binden x Blaugehämmert = Rotfahlgehämmert

Aschfahl x Blau mit Binden

Aschfahl kann eine reine Wundertüte in der Vererbung sein. Wenn man anhand der Abstammung weiß, was genetisch drin ist, dann kann man auch abschätzen, was an Farben herauskommt. Der spalterbige Täuber, mit einer Blaubindigen verpaart, hat in einer Brut Blaugehämmert und Rotfahl mit Binden gebracht, in einer weiteren Brut Aschfahl und Blaubindig. Und das in sehr sauberen Färbungen. Wenn man vorher nicht wusste, was er genetisch ist, dann ist durch die Nachzucht einiges von ihm bekannt. Er ist mischerbig für den Farbausbreitungsfaktor, er ist mischerbig für die schwarze Grundfarbe, und drittens ist er auch mischerbig für die bindige und die gehämmerte Zeichnung.

Abb. 2: Aschfahl (spalterbig) x Blaubindig = Blaugehämmert und Rotfahl mit Binden

 

Abb. 3: Aschfahl (spalterbig) x Blaubindig = Blau mit Binden und Aschfahl

Aschfahl x Aschfahl

Der Aschfahle, mit einer aschfahlen Täubin verpaart (Abb. 4), ergab u.a. auch eine schwarze Täubin. Die Täubinnen erben das Gen für die Grundfarbe nur vom Vater, so dass die dominant rote Grundfarbe des Weibchens für die Töchter unerheblich ist.

Abb. 4: Aschfahl (mischerbig) x Aschfahl = Schwarz (ein Weibchen)

Aschfahl x Stipper und Stipper x Schwarz

Schließlich in Abb. 5 eine Verpaarung des Aschfahlen mit einer schwarzen Stippertäubin (Schwarzsprenkel in der Terminologie der Orientalischen Roller). Ein blaues und ein blaugehämmertes Jungtier in dieser Brut. Auch hier anzumerken die saubere Grundfarbe, vor allem beim blauen Jungtier. Genetiker wissen, dass beide Täubinnen sind. Sonst werden Schwarzsprenkel mit Schwarzen verpaart, aus denen beide Farbenschläge fallen (Abb. 6).

 

Abb. 5: Aschfahl x Schwarzsprenkel = Schwarz und Blau mit Binden (Weibchen); Abb. 6: Schwarzsprenkel x Schwarz = Schwarzsprenkel und Schwarz

Schwarz x Schwarz

Dass aus zwei Schwarzen gelegentlich auch ein blaugehämmertes oder blaubindiges Jungtier fällt, hat sich bei meisten Taubenzüchtern herumgesprochen und ist nicht so überraschend. Das war auch aus dem gezeigten schwarzen Paar der Fall, ein relativ dunkler Blaugehämmerter. Daneben ein schwarzes Jungtier. Nach der Mauser wird es intensiver gefärbt erscheinen. Jetzt zeichnen sich noch deutlich erkennbar die dunkleren Binden ab, die vom Farbausbreitungsfaktor nicht völlig überdeckt werden. Die Eltern sind beide mischerbig für den Farbausbreitungsfaktor.

Abb. 7: Schwarz x Schwarz = Schwarz und Blaugehämmert

Rotfahl aus Blau mit Binden x Schwarz?

Interessant eine Paarung, bei der ein unbedarfter Beobachter vermuten könnte, Rotfahl aus zwei Schwarzen, das darf doch nicht sein! Ist es auch nicht, das Jungtier ist ein bindiges Platinfarbenes. Die Eltern sind offenbar beide mischerbig für den Erbfaktor Platin und auch für den Farbausbreitungfaktor. Der Unterschied von Platinbindig und Rotfahl mit Binden ist am ehesten in der Schwingenfärbung erkennbar.

Abb. 8: Blau mit Binden x Schwarz = Platin mit Binden

Abb. 9: Platin mit Binden (links) und Rotfahl mit Binden (rechts) im Vergleich - Jungtiere

Aschfahl in einer Fremdkreuzung

Man kann sich durch Einbringung zu vieler und ungeeigneter Faktoren in den Stamm aber auch übernehmen. So wie ein Jongleur, der zu viele Ringe gleichzeitig in Bewegung halten will und dann doch ins Trudeln kommt. Bei manchen Kreuzungen wie in Abb. 10 wird schon in der 1. Generation deutlich, dass Spuren verbleiben und mühsam durch Selektion ausgelöscht werden müssen. Aus der Verpaarung der aschfahlen Schaukappe mit der roten Tschinny Täubin ist ein dunkel aschfahles Jungtier gefallen. Die Grundfarbe geht ins Dunkle, was verschiedene Gründe haben kann.

Abb. 10: Aschfahl x Flugusbeke Tschinny mit aschfahlem Jungtier

Der Smoky-Faktor, den alle Schaukappen besitzen, ist beim Tschinny nicht vorhanden. Dafür ist der dominante Erbfaktor Dirty hinzugekommen. Wahrscheinlich auch die dunkle Hämmerung. Das Tier ist mischerbig rezessiv Rot, und wahrscheinlich verbergen sich in ihm noch weitere für die Färbung heller Tauben unerwünschte dominante und rezessive Modifikatoren. Selektion gegen solche Modifikatoren ist nichts anderes als ein Ausmendeln unerwünschter Faktoren bzw. eine Anreicherung des Stammes mit positiven Modifikatoren.

Eine aktuelle Fortschreibung der Geschichte des Stammes

Zum Jahresabschluss ein Praxisbericht aus der eigenen Zucht Pommerscher Schaukappen. Tauben, die auf der Sonderschau in Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern am 14. und 15. Dezember gezeigt wurden. Deutlich der Farbunterschied zwischen Aschfahl (Täuber mit 97 Punkten V) und Platin (Täuber mit 94 Punkten sg).

 

Abb. 11: Pommersche Schaukappe Aschfahl Hauptsonderschau 2019 V 97 Punkte; Abb. 12: Pommersche Schaukappe 1,0 Platin 2019 sg 94 Punkte

Farblich gewollt auch der geschlechtsbedingte Unterschied des helleren Täubers zur dunkleren Täubin (Täubin mit 95 Punkten sg). Schließlich ein schwarzer Täuber mit sg 93 Punkten. Am Untergefieder an einigen Federn erkennbar, spalterbig für Platin. Ohne die damit erkennbare Vernetzung der Farbenschläge in der Zucht wäre der Stamm an Inzuchtdepression schon zugrunde gegangen.

 

Abb. 13: Pommersche Schaukappe 0,1 platin, Hauptsonderschau 2019 sg 95 Punkte; Abb. 14: Pommersche Schaukappe schwarz sg 93 Punkte.

Zu genetischen Hintergründen http://www.taubensell.de/moeg_u_grenzen_zuecht_gestaltung.h…

Literatur:

Sell, Axel und Jana, Vererbung bei Tauben, Oertel + Spörer, Reutlingen 2004/2007

Sell, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015

Sell, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012

Sell, Taubenzucht. Möglichkeiten und Grenzen züchterischer Gestaltung, Achim 2019