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Weißschwänze

Farbige Tauben mit weißen Schwänzen waren schon für Edmund Zurth etwas Besonderes. Für ihn schienen sie auch einen eigenen geheimnisvollen Charakter zu haben. Er widmete ihnen und den Weißschlag-Weißschwänzen eigene Erzählungen. Und das aus eigenem Erleben mit eigenen Zeichnungen. Bei seinen Magdeburger Weißschwänze reichte das Weiß des Schwanzes bis zum Bürzel.

 

Abb. 1: Magdeburger Weißschwanz blaue Täubin und Weißschwanz-Weißschlag gelb alter Kapaun bei Edmund Zurth, Tauben. Tatsachenberichte. Schicksale und Rätsel in ihrem Wesen, Bochum 1948

Was man auf dem weißen Schwanz sieht, sind nicht nur die weißen Steuerfedern. Die vorderen Teile der Steuerfedern werden durch die ebenfalls weißen Deckfedern überlagert. Das sieht man im nachfolgenden Bild und es wird durch die Abbildung im Band 1 des durch Erich Müller herausgegebenen Sammelbandes ‚Alles über Rassetauben‘noch deutlicher.

      

Abb. 2: Deckfedern zur teilweisen Überdeckung der Steuerfedern und Federfluren im Schwanzbereich im von Erich Müller herausgegebenen Band 1 Alles über Rassetauben. Entwicklung, Haltung, Pflege und Zucht. Oertel+Spörer Reutlingen 2000

Deckfedern können bei weißen Steuerfedern auch farbig sein. Die Farbe der Deckfedern und der Steuerfedern sind genetisch nicht korreliert. Bei einer Seitenansicht und normalen Flügelhaltung ist ‚farbig oder weiß‘ der Deckfedern oft nicht zu unterscheiden. Bei Seldschuken mit giebelartigem Schwanz sind die Unterschiede offensichtlich, wie hier beim Tier mit schwarzer ‚Decke‘.

 

Abb. 3: Deutscher Langschnäbliger Tümmler Weißschwanz mit weißen und Seldschuken-Weißschwanz mit schwarzen Deckfedern

Deckfedern in Standards

In Standards werden bei fast allen Rassen weiße Deckfedern verlangt, wie auch bei den Deutschen Langschnäblern. Die früheren Magdeburger sind heute eine Farbenschlaggruppe der Langschnäbler. Ausnahmen bei der Farbe der Deckfedern sind im deutschen Standard die Weißschwänze der Altholländische Tümmler und in der Praxis manchmal Thüringer Mäuser. Mäuser haben zusätzlich eine weiße Kopfplatte. Beidseitig sind 1-2 farbige Randfedern (Ortfedern) im Schwanz erlaubt. Auch bei den in Deutschland herausgezüchteten weißschwänzigen Seldschuken sind farbige Ortfedern erlaubt. Die Decke sollte bei diesen aber weiß sein. Das sind sie oft nicht, zumindest bei vielen auf Ausstellungen gezeigten Tieren. Inwieweit bei Ausstellungen durch Entfernen farbiger Deckfedern korrigierend eingegriffen wird, um den Eindruck dennoch zu vermitteln, kann man von außen kaum erkennen. Bei dem nachfolgend gezeigten schwarzen Seldschuken-Weißschwanz sieht man auf dem Foto im Vergleich mit dem eisfarbigen Tier allerdings, dass, und auch wo vermutlich vorher schwarze Deckfedern gezogen wurden. Dort, wo die Kiele der Steuerfedern fast in voller Länge sichtbar sind, fehlen die oberen Deckfedern. Die Fotos sollten zur Vorsicht bei der Interpretation von Dokumenten mahnen.

 

Abb. 4: Seldschuken-Weißschwanz mit fehlenden (geputzten) Deckfedern im Schwanzbereich. Zum Vergleich ein eisfarbenes Tier mit vorhandenen Deckfedern

Keilfedern in Standards

Keilfedern decken von unten die Steuerfedern ab. Abhängig von der Flügel- und Schwanzhaltung fällt der Unterschied zwischen weißen und farbigen Keilfedern oft nicht sehr ins Auge. Bei Thurgauer Weißschwänze sollen die Keilfedern z.B. weiß sein, während sie beim Berner Weißschwanz farbig verlangt werden. Beim Berner Weißschwanz in der Musterbeschreibung sieht man auch bei der gewählten Perspektive für die von Jean Louis Frindel geschaffenen Zeichnungen für die Standards, dass die Keilfedern sich unter den weißen Steuerfedern absetzen, anders beim Berner Weißschwanz.

 

Abb. 5: Thurgauer Weißschwanz mit weißen Keilfedern und Berner Weißschwanz mit farbigen Keilfedern im Ringordner der Deutschen Musterbeschreibung. Zeichnungen von Jean Louis Frindel. BDRG Deutscher Rassetauben-Standard in Farbe

Kombination von Keil- und Deckenfärbung

Theoretisch gibt es vier Kombinationsmöglichkeiten, die in der Tabelle mit Beispielen aufgezeigt sind. Nicht immer sind die Forderungen des Standards erfüllt.

 

Deckfedern weiß

Deckfedern farbig

Keil weiß

Deutscher Langschnäbliger Tümmler

Hamburger, Berliner, Kölner, Niederländische Weißschwänze

Rumänischer Weißschwanz

Cacaroller

Dänischer Tümmler

Thurgauer Weißschwanz

Mährische Strasser

Einige Thüringer Mäuser in der Praxis (im Widerspruch zum Standard)

Keil farbig

Thüringer Weißschwanz

Starweißschwanz

Süddeutsche Weißschwanz

Sächsischer Weißschwanz

Berner Gugger Weißschwanz

Berner, Luzerner, Aargauer und

Züricher Weißschwanz

Altholländischer Tümmler,

bei anderen gelegentlich als Fehler

Abb. 6: Kombinationen von weißen und farbigen Deck- und Keilfedern im Deutschen Standard und teils – abweichend vom Standard – in der Realität

 

 

Deckfedern weiß

Deckfedern farbig

Keil weiß

Keil farbig

Abb. 7: Kombinationen von weißen und farbigen Deck- und Keilfedern bei ausgewählten Rassen

Im Quadranten oben links ein Hamburger Weißschwanz mit weißen Keil- und Deckfedern. Rechts daneben, als Ausschnitt, das Foto eines gelben Thüringer Mäusers. Bei diesem Tier sind die Deckfedern farbig. Zusätzlich ist eine gelbe Ortfeder vorhanden. Unter den weißen Steuerfedern und der etwas hängenden gelben Ortfeder heben sich die weißen Keilfedern ab. Diese Kombination von farbiger Decke und weißem Keil scheint in keinem Standard vorgesehen. Links unten ein Züricher Weißschwanz, korrekt mit weißer Decke und farbigem Keil. Daneben ein Altholländischer Tümmler, auch standardkonform, mit farbigem Keil und farbiger Decke, entnommen einem Facebookbeitrags über eine Clubschau Januar 2020 des Sondervereins für Altholländische Tümmler.

Zur Genetik des weißen Schwanzes

Genetische Untersuchungen zur Genetik der Weißschwänzigkeit wurden vor fast 100 Jahren durch die Norweger Christie und Wriedt vorgenommen und dokumentiert. Sie betteten die Untersuchung in weiterreichende Analysen von Scheckungen wie der Elsterscheckung und der Schildtauben ein und vermuteten, dass zwei unterschiedliche Erbfaktoren für die Weißschwänzigkeit verantwortlich sein können. Einer wäre rezessiv, der andere dominant. Ihre Versuche und die heutigen Erkenntnisse sind in den Büchern des Verfassers ‚Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015‘ und ‚Pigeon Genetics, Achim 2012‘ dokumentiert. Die Zusammenhänge scheinen komplexer als mit den Begriffen rezessiv und dominant ausgedrückt werden kann. So sind die Steuerfedern oft in unterschiedlicher Anzahl weiß. Nach Kreuzungen bedarf es vieler Generationen Auslese, um die Scheckung wieder zu stabilisieren. Auch nicht überraschend und einmalig für die Züchter, denn nach Einkreuzungen von Einfarbigen in Weißschläge und Elstern geht es den Züchtern mit der Korrektheit der Scheckung genauso. Schon bei einer ersten Verpaarung mit Einfarbigen treten Widersprüche zum ersten Mendelschen Gesetz, der Uniformität (Einheitlichkeit) der ersten Kreuzungsgeneration auf. Denn oft zeigt ein Jungtier weiße Steuerfedern in unterschiedlicher Anzahl und das Nestgeschwister keine (siehe z.B. Fotos in ‚Genetik der Taubenfärbungen‘ S. 343, 356). Gleiches gilt für die Keil- und Deckfedern.

Überraschende Ergebnisse

Paul Gibson ging nach seinen Beobachtungen bei Weißschwänzen davon aus, dass farbige Ortfedern Indizien für das partiell dominante Gen wären (Genetics of Pigeons 2005, S. 78). Wenn die farbigen Ortfedern verloren gingen, würde sich das Weiß tendenziell auf andere Körperbereiche ausdehnen. Die These der Dominanz lässt sich offenkundig nicht verallgemeinern. So ergab jüngst die Rückpaarung einer schwarzen Kreuzungstäubin (aus einem gehämmerten Täuber der Eistauben mit einer aschfahlen Pommerschen Schaukappe) an den Täuber in einem Gelege neben einem gehämmerten eisfarbenen Jungtier einen schwarzen Weißschwanz mit beidseitig jeweils einer farbigen Ortfeder. Die Deckfedern überwiegend farbig, die Keilfedern überwiegend weiß.

   

Abb. 8: Eisfarben gehämmerter Täuber und F1-Täubin aus Verpaarung mit einfarbiger Pommerscher Schaukappe mit  Jungtieren der 1. Rückpaarung. Schwanz- und Deckfedern des schwarzen Jungtieres im Bestand des Verfassers. Die Lücke in den Deckfedern liegt nicht an fehlenden schwarzen Deckfedern, sondern an zwei weißen Deckfedern neben den schwarzen.

Weißschwänze in verschiedenen Rassen

In vielen Rassen ist die Weißschwänzigkeit in der Kombination mit anderen weißen Federfluren zu sehen. So bei den Süddeutschen, Thüringer und Sächsischen Weißschwänzen in Verbindung mit einer weißen Stirnschnippe. Die weißen Binden der Sächsischen Weißschwänze sind kein Scheckweiß, sondern eine Aufhellung der Binden durch die Kombination mehrerer Farbfaktoren.

 

Abb. 9: Thüringer und Sächsischer Weißschwanz

 

Abb. 10: Pfautaube Lavendel-Weißschwanz und Bärtchen blau mit weißem Schwanz

Weißschwänzige Pfautauben sollen nach dem Standard ein möglichst weißes ‚Vorder- und Hinterkissen‘ haben. Im Bild gezeigt ein Lavendel-Weißschwanz (Spread Milky) mit einigen dicht am Rücken liegenden farbigen Deckfedern und einer farbigen Ortfedern sowie ein blaues Bärtchen mit tief liegenden farbigen und einer hoch liegenden farbigen Deckfeder.

Die Kombination von farbigen Decken und weißem Keil ist in keinem Standard zu finden, wohl aber gelegentlich bei Thüringer Mäusertauben im Ausstellungskäfig (nachfolgend links). Diese weichen von den Forderungen der Musterbeschreibung manchmal ab, was auch an den nicht einfachen Formulierungen der Musterbeschreibung liegen kann.

 

Abb. 11: Thüringer Mäuser auf einer Großschau mit farbigen Deckfedern und weißem Keil (links) im Widerspruch zum Standard, und aus einem Schaubericht in der Geflügel-Zeitung 10/2020  mit weißen Decken und weißem Keil (rechts).

A.S.