Die 115.
Lipsia und 60.
VDT-Schau vom 2.-4. Dezember 2011
Pigeons at the 115th Lipsia und the 60th VDT-Show
2-4 December 2011
Die VDT-Schau war mit über 30.000 Tauben als
Einzeltiere in der Seniorenabteilung, etwa 600 Tauben in der Jugendschau
und mit zahlreichen zusätzlichen Volieren und Stämmen wiederum ein
Großereignis, das nicht ansatzweise in einem Bericht gewürdigt werden
kann. Allein an Deutschen Modenesern waren über 2.000 Tiere aufgeboten.
Viele Ausstellungsstände mit Fachbedarf, Büchern und Sondervorstellungen
wie etwa Werbung für die Hamburger Taubenrassen machen die Schau über den
Wettbewerb um die schönsten Tauben hinaus interessant.
Neuzüchtungen
Aus genetischer Sicht von Interesse war auch diesmal
wieder vor allem die Klasse der Neuzüchtungen, die mit über 300 gemeldeten
Nummern eine Kleinschau für sich darstellte. Einige der vorgestellten
Gruppen standen zur Sichtung. Die Sichtung dient der allgemeinen
Information und soll die Möglichkeit der Einschätzung geben, es erfolgt
keine Bewertung. Bei der Vorstellung ist das allgemeine
Anerkennungsverfahren eröffnet und es werden Qualitätsnoten gegeben.
Den Anfang machten diesmal Cauchois blau mit rosa
Binden und blaufahl weißgeschuppt. Cauchois blau rosageschuppt sind ein
lange existierender Farbenschlag und die blauen mit rosa Binden sind der
dazugehörige bindige Farbenschlag. Früher war die Benennung der die
Rosageschuppten mit „pfirsichblütenfarbig“ noch etwa blumiger. Auch die
Blaufahl-Weißgeschuppten haben in den anerkannten Blau-Weißgeschuppten ihr
Pendent. Einkreuzungen anderer Rassen waren bei der Erzüchtung sicherlich
nicht notwendig, den richtigen Rosa-Ton zu treffen fällt auch bei den
Rosageschuppten nicht immer leicht, es ist aber kein grundlegendes
Zuchtproblem.
Cauchois-Sichtung blau mit rosa Binden,
blaufahl-weißgeschuppt, Prachener Kanik-Sichtung andalusierfarbig
Der Erbfaktor Indigo hat auch die Prachener Kanik
erreicht, die in einer gefälligen Andalusierfarbe für sich warben. Bei den
Beneschauer Tauben in der Vorstellung erreichten die Schwarzen mit 4 x sg
bei 10 Tieren den besseren Notenschnitt im Vergleich zu den vorgestellten
Roten, bei denen 1 Tier diese Note erreichte. Die Roten wiesen einen
außergewöhnlich starken Grünglanz im Körpergefieder und Rotglanz im Hals-
und Kopfbereich auf. Gleich im Anschluss standen blaue Mittelhäuser mit
schwarzen Binden in der Sichtung, die das Problem einiger äußerlich recht
ähnlicher Rassen deutlich machten, sich voneinander abzugrenzen.
Beneschauer Tauben-Vorstellung rot,
Mittelhäuser-Sichtung blau mit Binden, Mittelhäuser-Sichtung rot
Giant Homer 8mal schwarz-gescheckt und darüber hinaus
gescheckt in anderen Farbvarianten erreichten zwar überwiegend aus
verschiedenen Gründen keine überragenden Noten, hinterließen mit der
korrekten Fleckenscheckung und ihrem ruhigen Wesen aber einen guten
Eindruck.
Unter die Blauschimmel-Dunkelgehämmerten
Niederländischen Schönheitsbrieftauben hatte sich auch ein Schwarzer mit
Rieselkopf gemischt. Bei einigen Dunkelgehämmerten scheint auch der
Erbfaktor „Sooty“ mitzuspielen.
Giant Homer-Vorstellung schwar-gescheckt,
Niederländische Schönheitsbrieftauben-Sichtung
blauschimmel-dunkelgehämmert, Polnische Ausstellungsbrieftauben (Post-Standard)-Vorstellung
lichtblau mit Binden
Polnische Ausstellungsbrieftauben (Post-Standard)
standen neben der ursprünglich gezeigten „lichtblauen“ Variante mit
schwarzen Binden mit einer ganzen Palette weiterer Brieftaubenfarben in
der Vorstellung. Ob und worin sie sich von „Standardtauben“ (auch
„Standardbrieftauben“ genannt) der Brieftaubenzüchter unterscheiden, die
diese Tauben unter anderem auf der Verbandsausstellung nach Schönheit und
nicht nach Leistung bewerten lassen, wird nicht deutlich. Man wird die
deutschen und belgischen Standardbrieftauben sicherlich nicht als
Polnische Ausstellungsbrieftauben in das System des BDRG integrieren
wollen. Englische Show Racer Schönheitsbrieftauben scheinen auch nicht
anderes als die vorgestellten Tiere zu sein. Wie schon bei der Diskussion
der neuen Farbenschläge bei Mittelhäusern, Beneschauern und anderen, und
auch im Folgenden noch bei der Diskussion kurzschnäbliger Tümmler, könnte
man fragen, ob es nicht auch in der Taubenzucht so etwas wie ein
Urheberrecht geben sollte. Auf die Brieftaubenartigen wurde in einem
früheren Beitrag auf dieser Homepage intensiver eingegangen (http://www.taubensell.de/brieftaubenartige_rassetauben.htm
).
Polnische Ausstellungsbrieftauben (Post-Standard)-Vorstellung
dominant rot, Kingtauben-Sichtung braun-getigert
Braungetigerte und braungescheckte Kingtauben konnte
man in den vergangenen Jahren auf einigen Schauen in der AOC mit hohen
Benotungen sehen, sie standen hier erst zur Sichtung. Das dürfte auch für
die blaufahl-sulphur gehämmerten Deutschen Modeneser Gazzi gelten.
Deutsche Modeneser Gazzi-Sichtung blaufahl-sulphur
gehämmert, Deutscher Modeneser Schietti-Vorstellung braunfahlschimmel,
Deutscher Modeneser Schietti-Vorstellung eisfarbig ohne Binden
Die Braunfahl-Schimmel der Deutschen Modeneser
Schietti hinterließen in der Vorstellung einen sehr guten Eindruck, ein
Jungtäuber von Patrick Heymans wurde sogar mit hv 96 herausgestellt, eine
Alttäubin kam auf sg 95. Erneut vorgestellt und farblich weiter verbessert
wurden die eisfarbig Gehämmerten und Eisfarbigen ohne Binden.
Canariokröpfer wurden mit 8 Tieren in schwarz
vorgestellt, daneben gab es jeweils paarweise schwarz-gescheckt,
blau-gescheckt, blau-sprenkel und schwarz-getigert zu sehen.
Canariokröpfer-Vorstellung braun,
Canariokröpfer-Vorstellung blau-sprenkel, Amsterdamer Kröpfer-Vorstellung
andalusierfarbig
Die andalusierfarbenen Amsterdamer Kröpfer
hinterließen wieder einen guten Eindruck, was sich mit 4 sg-Noten auch in
der Bewertung niederschlug.
Gemönchte Schweizer Kröpfer in mehllicht zeigten in
den meisten Exemplaren eine sehr schön ausgeprägte Ockerbrust, was bei
früheren Vorstellungen der Rasse nicht so der Fall war.
Essenbacher Kröpfer-Sichtung blau mit schwarzen
Binden und mit Rundkappe, Schweizer Kröpfer-Vorstellung mehllicht mit
Binden gemöncht, Brünner Kröpfer-Sichtung blau-gestorcht
Essenbacher Kröpfer gewinnen Jahr für Jahr in
Einzeltieren an Halslänge und auch an Blasvolumen, der Prozess der
Umwandlung von einer Farbentaube zu einem Kröpfer scheint aber
beschwerlich.
Einen eleganten Kröpfer und stets blasfreudig
stellen die 4 blaugestorchten Brünner Kröpfer in der Sichtung dar. Das
Blau kam unter dem Bronze- oder Rostton allerdings nicht voll zum
Ausdruck.
Feldfarbentauben-Vorstellung braun mit weißen Binden,
Fränkische Samtschildtaube-Sichtung schwarz mit weißen Binden, Deutsche
schnabelkuppige Trommeltauben-Vorstellung andalusierfarbig
Ein sehr einheitliches Bild ohne Ausrutscher in der
Form oder in der Farbe hinterließen die 10 braunen Feldfarbentauben in der
Vorstellung, die mit 8 x sg ein hervorragendes Ergebnis bei den
Neuzüchtungen erreichten.
Zur Sichtung vorgestellt wurden wieder einmal
Fränkische Samtschildtauben schwarz mit weißen Binden. Die sauberen Binden
und das intensive Schwarz des Schildes als Kontrast ergaben ein schönes
Bild. Das Problem des Versuches einer Verbesserung in den Kopfpunkten
dürfte unglücklicherweise immer in einem Rückschlag beim erreichten
Zuchtstand bei den Binden enden, ein anspruchsvolles Unterfangen! Als
Vorstellung gemeldet, aber nur mit 2 Tieren gezeigt, wurden zwei
andalusierfarbige Deutsche Schnabelkuppige Trommeltauben in der Sichtung,
von der Rasse auch noch 4 Erbsgelb-Gehämmerte. Auch zur Sichtung standen
mehllichte Altenburger Trommeltauben ohne Binden.
Deutsche Schnabelkuppige Trommeltauben-Vorstellung
erbsgelb-gehämmert, Altenburger Trommeltauben-Sichtung mehllicht ohne
Binden, Chinesentauben-Vorstellung blau ohne Binden,
Figurita-Mövchen-Sichtung rotfahl-schimmel
Die blauhohligen Chinesentauben hinterließen wiederum
einen sehr guten Eindruck und dürften endlich die Hürde der Anerkennung
überwunden haben. Sie stellen eine sehr gute Ergänzung zum bindigen und
gehämmerten Farbenschlag dar und können auch als Einzeltiere in einem
solchen Stamm „mitschwimmen“. Sie sind also nicht auf Spezialzüchter nur
dieses einen Farbenschlages angewiesen und können ohne Probleme für die
anderen genannten Farbenschlägen mit diesen zusammen gezüchtet werden.
Figurita-Mövchen in dun und rotfahl-schimmel wurden
in der Sichtung gezeigt und auch 4 Polnische Kurze blau. Rotfahl-schimmel
standen auch in der Allgemeinen Abteilung mit gutem Erfolg und Polnische
Kurze waren auch noch in der kleinen Internationalen Abteilung zu sehen.
Polnische Kurze-Sichtung blau in der
Neuvorstellung,Breslauer Kurzer blau auf der VDT des Vorjahres zum
Vergleich, Prager Tümmler gestorcht aus der Allgemeinen Abteilung
Die Kurzen Mitteleuropas gehen von der
Entstehungsgeschichte wesentlich auf den Prager Tümmler alten Typs zurück
wie er noch 1885 von Prütz in seinem Mustertaubenbuch abgebildet wurde.
Inzwischen wurde der Prager stark verändert und hat im Stettiner und
Breslauer Tümmler Ableger gefunden, wobei der Breslauer dem ursprünglichen
Typ vielleicht am stärksten verhaftet geblieben ist, stärker als der
Prager selbst. Breslauer und Polnischer Kurze unterscheiden sich vom
heutigen Prager deutlich, worin allerdings die Unterschiede zwischen
diesen beiden Rassen zu suchen sind, wurde nicht ganz deutlich. Im Buch
„Pommersche Taubenrassen“ des Verfassers wurde im Hinblick auf den
Stettiner Tümmler als Pommersche Taubenrasse auch der Frage der
verwandtschaftlichen Verhältnisse der Kurzschnäbler Mitteleuropas
nachgegangen.
Prager Tümmler bei Prütz 1885 und Darstellung der
abstammungsmäßigen Verflechtungen der Kurzschnäbler (Quelle: Sell,
Pommersche Taubenrassen, Achim 2010).
Limerick Tümmler wurden in großer Zahl und in vielen
Farbenschlägen auf der Europaschau 2006 in Leipzig in der internationalen
Abteilung gezeigt und standen jetzt mit einer großen Kollektion in Blau
mit Binden und mit kleineren Gruppen oder Einzeltieren in schwarz,
schwarzsprenkel, vielfarbig, blaufahl mit Binden und blaugehämmert mit
überwiegend hohen Noten in der Vorstellung. Es sind vitale und robuste
Tauben, die auch noch purzeln sollen.
Limerick-Tümmler-Vorstellung blau-gehämmert,
Elsterpurzler-Vorstellung blaugehämmert pechschnäblig, Lausitzer
Purzler-Vorstellung dun-geelstert, Bakuer Tümmler (Bakina)-Sichtung
schwarz-schwänzig mit Haube
Lausitzer Purzler dun-geelstert und ein Pärchen
blaufahl-geelstert wurden überwiegend ebenfalls mit guten Noten bedacht.
Dass die Dunfarbenen für Dun zu dunkel sind und den Pale-Faktor besitzen
dürften, wurde schon im Vorjahr festgestellt. Ein Tier war nicht
Pale-Schwarz, sondern genetisch gehämmert, also ohne
Farbausbreitungsfaktor, was sich in einer leichten „Noppung“ auf dem
Schultergefieder zeigte.
Bakuer Tümmler (Bakina) standen in schwänzig mit und
ohne Haube zur Sichtung und machten den Eindruck vitaler Flugtauben.
Einige hatte etwas Problem mit leichter Lockung auf dem Flügelschild.
Die im Katalog angekündigten Nordkaukasischen
Farbenschwänze waren nicht erschienen, dafür aber Anatolische Ringschläger
in zwei Varianten, zum einen als ember-blau, zum anderen als Marburger
Ringschläger blau mit bronze Binden.
Über Ember wurde verschiedentlich auf dieser
Homepage, zuletzt
http://www.taubensell.de/ember_anatolische_ringschlaeger.htm , und
auch einmal im VDT-Journal berichtet. Ember wurde in den USA an rasselosen
Tauben genetisch untersucht, Photos über ähnliche Tauben deuten darauf
hin, dass es sich nicht um eine neue Mutation handelt, sondern dass die
Ursprünge weit zurückliegen und geographisch eher in Asien. So sind sie
z.B. bei nicht auf unser Ausstellungswesen getrimmten Orientalischen
Rollern bei amerikanischen Flugtaubenzüchter bekannt. Vom Äußeren deutet
alles darauf hin, dass die aus Anatolien stammenden Ringschlagtauben den
identischen Faktor tragen. Die Tauben sind rot (rotbraun) im Nestgefieder
und mausern dann unterschiedlich blau gefärbt im Schild aus. Den Namen
„Ember“ bekam der Faktor, weil insbesondere die Schwingen bei den
ausgefärbten Tieren eine feurige, eine Glut andeutende Färbung zeigen (ember
= Glut). Die Zeichnung (Binden und bei gehämmerten Tieren die Hämmerung)
bleibt rötlich. Der Schwanz wird ausgebleicht und ist am Ende auch eher
bräunlich als blau. Der Erbfaktor Ember bringt in Abhängigkeit von der
Zeichnung (in diesem Beispiel Binden und Hämmerung) also unterschiedliche
Farbenschläge hervor. Die Bezeichnung „Ember-blau“ im Katalog könnte als
Hinweis darauf verstanden werden, dass es sich genetisch um Blaubindige
mit dem Emberfaktor handelt, also genauer „Ember bindig blau“. Wenn die
Hämmerung statt der Binden auftritt, und das ist bei vielen amerikanischen
Ember der Fall, dann sind das „Ember gehämmert blau“.
Anatolische Ringschläger-Sichtung ember-blau (links
und Mitte), Marburger Ringschläger-Sichtung blau mit bronze Binden
Es wird damit schon deutlich, dass Ember keine
Färbung ist, sondern ein Erbfaktor, der in Kombination mit anderen
Erbfaktoren sehr viele unterschiedliche Farbenschläge hervorbringen kann.
Ein weiteres auffälliges Merkmal ist der helle
Schnabel der Tiere. Dieser hat nichts mit dem Smoky-Faktor zu tun. Ember
werden als rezessiv rote Tiere geboren, wie z.B. rote Kölner Tümmler und
andere rote Tauben mit dem sogenannten „Tümmlerrot“. Diese Tiere haben
auch einen hellen Schnabel, und zwar auch dann, wenn sie nicht den
Smoky-Faktor haben. Der helle Schnabel ist daher ein Merkmal von Ember.
Wie bei roten Mondain und anderen Rassen zu sehen, ist der Schnabel
manchmal ein wenig angelaufen, im Grunde ist er aber immer hell, es sei
denn, man versucht bewusst Dunkelfaktoren einzuführen.
Die vorgestellten Tiere repräsentierten den
Farbenschlag aus der Sicht des Verfassers sehr gut und machten auch die
Bandbreite im Hinblick auf die blaue Färbung des Flügelschildes, die immer
dunkler als bei normalen blauen Tauben ist, deutlich. Auch die Bandbreite
im Hinblick auf die Bräunung der Binden wurde deutlich. Das Markenzeichen
der „Glut“ in den Schwingen war bei allen gegeben.
Interessant waren auch die Marburger Ringschläger in
der Sichtung, die ihr Entstehen wohl einer Konzession an den
mitteleuropäischen Farbgeschmack verdanken, der sich in den traditionellen
Musterbeschreibungen niedergeschlagen hat. Sie sahen mehr wie die uns
bekannten Modeneser blau mit bronze Binden aus. Haben deutsche Züchter und
Autoritäten Probleme damit, die ihnen unbekannte Färbungen einzuordnen und
zu akzeptieren, so haben auch anatolische Züchter Probleme damit, dass in
Europa ihre Tauben in ihnen ungewohnten Gewändern, hier „Blau mit bronze
Binden“ erscheinen. Der Ausweg wird darin gesehen, aus den nicht
gewünschten Anatolischen Ringschlägern „blau mit bronze Binden“ jetzt
„Marburger Ringschläger blau mit bronze Binden“ zu machen. Es sind zwei
grundlegend verschiedene Farbenschläge, die sich äußerlich durch das
klarere Blau, der fehlenden Glut und dem dunklen Schnabel der Marburger
deutlich voneinander abheben.
Allgemeine Abteilung
Die Probleme der Akzeptanz neuer Farben in einer
alten Rasse leiten zur Allgemeinen Klasse über, die so groß war, dass nur
selektiv einiges herausgegriffen werden kann.
Unter den Rassen fand man mit drei Tieren nach den
Briver Schwarzköpfen auch Briver Blauköpfe, die als n.a. zum wiederholten
Male ohne Erfolgserlebnis blieben, und anerkannt als Rasse sind sie eben
nicht. Hier gibt es offenbar eine Parallele zu den „Marburger
Ringschlägern“ und zur Frage, inwieweit Empfindlichkeiten des Heimatlandes
für Zuchtkommissionen von Relevanz sind. Bei den Briver Blauköpfen hatte
die „Grande Dame“ der französischen Rassetaubenzucht, Mme Franqueville,
die als erstes den Erbfaktor „Pencil“ der Briver Schwarzköpfe analysierte,
bereits angeregt, neben den Schwarzköpfen auch andere Farbenschläge zu
züchten, da der Faktor Pencil nicht an den schwarzen Farbenschlag gebunden
sei. Der Verfasser kann sich kaum vorstellen, dass die französischen
Züchter oder die französische Organisation so ignorant sein sollten, das
Votum ihres Aushängeschildes zu missachten und gegen die Anerkennung
Briver Tauben in blaugemasert in Deutschland Protest einzulegen. Wenn doch
und man der Empfindlichkeit Rechnung tragen möchte, dann könnte man
vielleicht mit verändertem Namen den Weg der eigenständigen Rasse „Briver
Blauköpfe“ im Neuzüchtungsverfahren beschreiten.
Briver Blaukopf blau-gemasert
Den Anfang der Allgemeinen Abteilung machten als
Rasse des Jahres die Deutschen Langschnäbligen Tümmler und die Polnischen
Langschnäbligen Tümmler, die in Volieren und 607 Einzeltieren ein
imposantes Ergebnis hatten. Die höchste Note ist traditionell schwer bei
der Rasse zu erringen, sie wurde trotzdem auf weiß jung (Horst Schulz),
gelb jung (Thomas Süß), blau mit schwarzen Binden (Dieter Schuhardt),
Elstern gelb (Fritz Heitmann), Elstern blau-schwarzschnäblig (Karl-Heinz
Kutschke), Bärtchen schwarz (Paul Wöllner), Bärtchen gelb (Paul Wöllner)
und Polnischer Langschnäbliger Tümmler eisfarbig-geelstert (Robert
Steiger) vergeben. Dazu kamen noch die Volieren mit 4.4 gelben und mit 4,4
gelben Bärtchen von Thomas Süß und Klaus Platz.
Volieren mit Deutschen Langschnäbligen
Tümmler weiß und gelb
Auch die seltenen Farbenschläge wie
Weißschlag-Weißschwänze, aber auch einfarbig Braunfahle waren vertreten,
und letzteren auch eine Verdünntfarbene, eine Khakifahle mit Binden.
Deutscher Langschnäbliger Tümmler
braunfahl mit Binden und khakifahl mit Binden
Bei den Ungarischen Riesentauben fanden sich einige
Andalusierfarbige in der AOC, bei den Mittelhäusern einige Blaue mit
schwarzen Binden und Blaugehämmerte, bei Giant Homer dunkelgehämmerte
Schimmel und bei den Show Homern ein Khakifahler. Die Carrier hatten eine
große Gruppe verschiedener Färbungen mit Scheck- und Schimmelfaktoren und
einige anderen nicht aderkannnte Farben wie Aschfahl aufgeboten,
Andalusierfarbige gibt es jetzt auch bei Maltesern, braungescheckte King
standen nicht nur bei den Neuzüchtungen, sondern auch in der AOC und
zeigten die Qualität in zweimal sg95, ein Indigo-Schimmel kam sogar auf hv
96. Auch bei Deutschen Modenesern wurde die AOC genutzt, und zwar für
Rotfahle ohne Binden und Blaufahl-schimmel. Vor kurzem noch in der AOC
hatten sich auch die Hellgrau-Dunkelgesäumten Schietti von Norbert
Dietrich in die Allgemeine Klasse eingereiht und kamen zu einem hv96 E.
Deutscher Modeneser
hellgrau-dunkelgesäumt
Unter den Steinheimer Bagdetten fand sich gleich eine
größere Gruppe von Aschfahlen in der AOC, die sehr gut den Spielraum der
Färbung zur dunklen Seite hin aufzeigte und auch deutlich werden ließ,
warum man diese Färbungen oft falsch einordnet und warum auch erfahrene
Züchter solche Tiere mit Andalusierfarbigen und mit Braunen verwechseln.
Es sind urtümliche Gestalten mit einer dazu passenden Färbung, die einen
an Beschreibungen der längst verschollenen Türkentaube denken lässt. Für
Farbentaubenzüchter wahrscheinlich eher ein Graus, für andere eine schöne
Bereicherung der Farbpalette. Bei den meisten Rassen wie den Pommerschen
Schaukappen und Orientalischen Rollern selektiert man auf eine helle
einheitliche und saubere Färbung, dennoch fallen nach Kreuzungen auch bei
Verfasser bei Aschfahlen gelegentlich solche Tiere.
Steinheimer Bagdetten aschfahl in unterschiedlichen
Schattierungen
Bei den Pommerschen Kröpfern hätte ein Blauschimmel
auch in die AOC gehört, bewertet wurde er als Blautiger. Tiger und
Schecken wurden in der Rasse in größerer Zahl gezeigt und dabei waren auch
gleich 8 der schwierigen Blau-schwänzigen. Bei den Französischen Kröpfern
war ein Schimmel in der AOC gemeldet, bei den Englischen Zwerg-Kröpfern
ein „erdbeerfarbiger“, die Übersetzung von „Strawberry“, eine Variante der
Aschfahlen, genetisch Rotfahl plus Farbausbreitungsfaktor und damit ein
Ergebnis der Verpaaarung von Schwarz mit Rotfahl. Bei den Sächsischen
Kröpfern war ein bindiger Milky gemeldet und erzielte sg 95, zeigte damit
den von früheren Schauen bekannten Rassewert. Starwitzer Flügelsteller
waren in blau-gehämmert geelstert und blaufahl-geelstert erschienen. Bei
den Norwichkröpfern gab es mit der Hämmerung bei Rotfahlgehämmerten und
Indigo-Gehämmerten eine Neuerung, ist sonst traditionell doch nur die
bindige Zeichnung und eine ganz dunkle Hämmerung (bei den Rot- und
Gelbgeherzten der Norwichkröpfer) vertreten. Die Klasse der AOC machte bei
Marchenero Kröpfern etwa ein Viertel aus und reichte von Khaki bis
Silbersprenkel. Jiennensekröpfe in weiß waren als Pärchen erschiene,
Sevillanokröpfer waren als rot und ein Tier als rotgescheckt gemeldet. Bei
Granandinakröpfern war es nur eine braune Täubin in der allgemeinen Klasse
und sie wurde zahlenmäßig deutlich von 4 Weißen und 2 Schwarz-Gescheckten
in der AOC übertroffen. Auch Canariokröpfer, die unter den Neuzüchtungen
gezeigt wurden, hatten Vertreter in schwarz- und blaugescheckt und
schwarz-getigert in der AOC. Bereits früher gezeigt wurden Andalusier bei
den Voorburger Schildkröpfern, gemeldet auch ein Indigo mit Binden. Bei
den Brünnern war ein Kite gemeldet.
Bei den Farbentauben waren jeweils eine Thüringer
Schwalbe andalusier, eine indigo-gehämmerte und eine
blaufahl-indigogehämmerte Rundkappige gemeldet.
Thüringer Schildtaube
Hellgrau-dunkelgesäumt
Bei den Thüringer Schildtauben inzwischen den
Neuzüchtungen erwachsen auch wohl ein erstes Vorzüglich auf
Hellgrau-Dunkelgesäumt auf einer Großschau auf ein Tier von Peter Moser
und weitere hv an Fritz Muchow und Peter Moser.
Pommerscher Kröpfer blauschimmel, ausgestellt als
blau-getigert, Bernburger Trommeltauben AOC andalusier reinerbig
Bucharische Trommeltauben waren als Blau-Gescheckte
bis hin zu Rotfahl-Gehämmerten gemeldet, bei den Bernburger Trommeltauben
stand eine reinerbige Andalusierfarbene mit sehr viel Rotanteilen, von der
genetischen Einordnung aber glaubhaft, wenn auch im Hinblick auf die
Rotanteile am äußeren Ende der Bandbreite. Arabische Trommeltauben,
inzwischen ohnehin ein buntes Volk, hatten mit Dun-Gescheckten,
Blaufahl-Gehämmerten, Blaufahlen und Dunklen in der AOC weitere
Farbtupfer. Blaufahl-schildige Lockentauben mit Haube wurden vorgestellt,
Figurita-Mövchen waren auch in zahlreichen Farbenschlägen vertreten,
darunter auch Rotfahlschimmel, die unter den Neuzüchtungen zu sehen waren,
und hier u.a. hv 96ELB für Jan Kiffe-Delf erringen konnten.
Blaufahldunkelgehämmerte, kite und golddun Bayrische Hochflieger wurden
gemeldet, beim Durchgang durch den Verfasser aber übersehen. Indigo Kölner
Tümmler waren zu sehen, 1 Kite bei den Englischen Long-Faced wirkte etwas
verloren, denn der Partner in der Zucht, Almond bzw. Vielfarbig, war nicht
vertreten, gibt es in Deutschland vielleicht auch gar nicht.
Die Vorstellung der Englischen Short Faced Tümmler
mit allerdings auch nur einem Almond unter 21 Tieren gab die gute
Gelegenheit, den Unterschied zwischen Short Faced (kurzes Gesicht =
Abstand des Auges vom Schnabelwinkel) und Long Faced (langes bzw. normales
Gesicht = längerer Abstand zwischen Auge und Schnabelwinkel) zu studieren.
Nach Kreuzungen zwischen den Rassen und auch mit anderen Rassen muss schon
darauf geachtet werden, dass Long Faced kein zu kurzes und Short Faced
kein zu langes Gesicht erhalten.
Englischer Long-Faced Tümmler in der AOC und
Englischer Short-Faced Tümmler Kite
Bei den belatschten Long Faced Tümmlern gab es neben
Dun in der AOC auch einen DeRoy zu sehen (wie üblich im Katalog falsch
geschrieben als de Roy), aber auch er wurde beim Durchgang übersehen. Das
traf auch auf die weiß-dun-gezeichneten Orientalischen Roller zu und auf
den Blaufahlsprenkel der Orientalischen Roller.
Pigeons at the 115th Lipsia und the 60th VDT-Show 2-4 December 2011
More than 30,000 pigeons were
exhibited. The greatest class was the class for German Modena (Deutsche
Modeneser) in the three sub-groups Gazzi, Schietti and Magnani with more
than 2,000 pigeons. For fanciers interested in genetics and new
developments the class for new breeds and colorations always is of main
interest, and also this year various innovations were shown. The breeds
exhibited are shown above. One of the most interesting group were the
Anatolic Ringbeaters Ember since Ember is a rather recent finding and is
not yet accepted in the presented coloration in any German breed. Typical
for Ember are the reddish-brown wings, the washed out tail and light beak.
Typical also, but not to be discovered at the exhibition at the adult
birds, is the fact that ember molt out from a poor looking recessive red
to a bluish color with the ember tint. Pattern reserves the reddish color
and therefore the ember exhibited were of barred pattern. Marburg
Ringbeaters are not a different breed but Ringbeaters with bronze bars
similar to Modena, the blue tail bar exists and the beak is dark. The name
“Marburg” probably is only temporary.
An acute problem for the
standardization of breeds is the great similarity of some existing breeds.
Thus it is e.g. a problem to decide whether a pigeon is a red Carneau, a
red Mittelhäuser or a red Beneschauer Pigeon, to give only one example.
Another example is the development of Short-Beaked Tumblers. From the
former Prague Tumbler the Stettin and the Breslau Tumbler were developed
in Germany. For a while Stettin and Prague Tumbler according to old
pictures and the old literature were more or less the same. In the course
of time both the Prague Tumbler and the Stettin Tumbler were modified in
different direction, the Breslau Tumbler perhaps reserved the old type the
best. Other similar short beaked Tumblers exist, e.g. with an even greater
popularity and with a great tradition in Germany the Budapest Short Beaked
Tumbler. Now a Polish Short Beaked tumbler shall be integrated into the
Standard and it seems not easy to find a niche.
Brive Pigeons are a French breed,
Tête Noir de Brive, and accepted only in the black coloration. Sometimes
from Tête Noir de Brive some young lacking the Spread factor are raised,
Brive Pigeon blue laced instead of black laced. From a correspondence of
W.F. Hollander with Mme Franqueville who first analysed the pencil trait
responsible for this coloration we know that even she recommended the
acceptance of other colorations in the breed since the trait expresses
also in other genetic constellations. Nevertheless the French authorities
seem to block the acceptance of blue laced Brive Pigeons in the German
Standard. The problem from the fancier’s perspective perhaps could be
solved by creating a new German breed similar to the creation of the
Marburg Ringbeater.
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