Carrier in neuen Kleidern,
Schimmel- und andere Varianten
Auf den Schauen der
letzten Jahre tauchten mehrfach in der AOC-Klasse, in der allgemeinen
Klasse und unter den Neuzüchtungen Tauben mit der Bezeichnung „Schimmel“
auf. Auf der von norddeutschen Carrierzüchtern stark beschickten Bremer
Landesschau im Januar 2008 im Stadtteil
Mahndorf wurde bewusst eine Sammlung unterschiedlicher Typen ausgestellt, um
nebeneinander im Käfig die Vielfalt der Färbungen zu zeigen. Die zu
erwartenden n.a. (nicht anerkannt) statt einer Note wurden dabei bewusst in Kauf genommen.
In Frankreich, so wurde
berichtet, werde als Schimmel bei den Carriern alles gezeigt und bewertet,
was mit Weiß durchsetzte Federn hätte. Diese Freizügigkeit ist sicherlich
auch in Frankreich rassebezogen sehr unterschiedlich, denn bei einigen
französischen Taubenrassen wird schon sehr auf Reinheit der Farben
geachtet. Der deutsche Standard ist generell strikter und versucht, die
Vielfalt der Färbungen sinnvoll zu gruppieren. Aber auch hier nicht
einzuordnen war ein interessanter „Mosaik“ von Knut Röder als Hauptakteur
der Seltenen. Bei diesem aus den Vereinigten Arabischen Emiraten
stammenden Vertreter waren insbesondere in der Schwanzpartie auffällig
gleich drei Farben, schwarz, rot und weiß nebeneinander zu sehen. Mosaik
wurden von W.F. Hollander durch den „genetischen Unfall“ erklärt, dass
gleichzeitig zwei unterschiedliche Sperme an der Befruchtung mitgewirkt
und sich jeweils teilweise verwirklicht haben. Das ist in der
Musterbeschreibung nicht vorgesehen.

Mosaik (Aussteller und Foto Knut
Röder) Knut Röder und Preisrichter Herbert Friese im Gespräch
Zurück zur
Musterbeschreibung. Zum einen werden in der Musterbeschreibung bei allen
Rassen Schimmel von Schecken getrennt. Bei Schimmeln soll die einzelne
Feder schimmelig erscheinen, bei Schecken gibt es völlig weiße neben
andersfarbigen Federn. Es kann genetisch auch Schecken mit
Schimmelfaktoren geben. Es gibt im Vorspann der Musterbeschreibung
eine sehr allgemeine Beschreibung von Schimmel. Diese ist zwar allgemein,
schließt aber doch bestimmte weißliche Färbungen aus: „Mehr oder weniger
weiße, wie von Rauhreif überzogene, Einlagerungen in farbigen Federn“.
Gemeint ist damit die typische Färbung von Flügelschildfedern bei
Deutschen Schautauben, Dragoon und anderen Rassen, besonders typisch bei
blauen Tieren, erkennbar aber auch bei rotfahlen und braunfahlen Tieren.
Ausgeschlossen sind damit Maserungen und Säumungen, die auf weißem Grund
meist wenig scharfe Ränder aufweisen und z.B. bei den Spaniertauben und
den Danziger Hochfliegern als Maser, bei letzteren in Dunkel- und
Hellmaser unterschieden, anerkannt sind. Der Vergangenheit und ihren alten
überlieferten Bezeichnungen wird in der Musterbeschreibung aber auch
Tribut gezollt, wenn weiße Danziger Hochflieger mit etwas farbigen Hals-
und Nackenfedern ebenfalls als Schimmel anerkannt sind.
Die Formulierung der
Schimmelfärbung lässt für die einzelnen Rassen Spielraum, so dass in
einigen Rassen die Spanne der Schimmelfärbung relativ weit ist, in anderen
Rassen hat man die gewünschte Färbung im Standard sehr eng gefasst. Wird
Schimmel als Farbenschlag bei einigen Rassen nur genannt, so macht die
Beschreibung bei den Schlesischen Kröpfern allein bei den Blauschimmeln
schon neun Zeilen aus.
Reinerbige Schimmel sind
bei den Rassen, bei denen man den Faktor zuerst untersucht hat, wesentlich
heller und oft fast weiß. Obwohl genetisch Schimmel, werden sie in den
Musterbeschreibungen nicht Schimmel genannt, da sie optisch nicht der im
Vorspann der Musterbeschreibung gegebenen Beschreibung entsprechen. Bei
einigen Rassen entstehen Gestorchte, bei denen der Farbstoff bis auf
Schwingen und Schwanz zurückgedrängt wird, bei Rot- und Gelbschimmeln
entstehen Rot- und Gelbstreifer, bei denen sich der Farbstoff nur noch in
den Binden zeigt.
Der Sachverhalt wird durch
die Existenz unterschiedlicher Schimmelfaktoren noch erschwert. Genetisch
hat W.F. Hollander bei Lockentauben schon früh einen eigenständigen
Schimmelfaktor, leichtes (slight) Grizzle, konstatiert, und nicht bei
allen Rassen werden reinerbige Schimmel so hell ausgefärbt wie bei
Brieftauben und verwandten Rassen. Zu vermuten ist, dass der
Schimmelfaktor im Laufe der Zeit mehrfach mutiert ist, so dass allele
Faktoren (alternative Faktoren am gleichen Genort) existieren und in
einigen Rassen ein neuer Faktor an die Stelle des alten getreten ist. In
einigen Fällen dürften unterschiedliche Färbungen auf sonstige kleine
Unterschiede im Erbgefüge und nicht auf unterschiedliche Schimmelfaktoren
zurückzuführen sein (modifizierende Faktoren), in anderen mag es sogar
genetisch unabhängige Faktor mit einer ähnlichen Wirkung geben. Darüber
lässt sich leicht spekulieren, verlässliche Nachweise für die
unterschiedlichen Hypothesen zu finden, ist weit schwieriger. Bei einigen
Rassen scheint die typische Schimmelung aufgrund anderer Zuchtziele schon
verschwunden. Bei den Schlesischen Kröpfern gibt es inzwischen die
Farbenschläge Weiß mit roten oder gelben Binden, bei denen die
Verwandtschaft mit anderen Schimmelfarbenschlägen nicht mehr erkennbar
ist.
Die Grundfarbenschläge der
Schimmel sind durch die gezeichneten blauen, blaufahlen, rot- und
gelbfahlen sowie braun- und khakifahlen Farbenschläge gegeben. Alle kann
man mit dem Schimmelfaktor kombinieren, und bei allen ruft er eine
ähnliche Wirkung hervor. Besitzen die Tiere die bindige Zeichnung, so kann
man in der Regel an den Binden die Grundfärbung der Tiere gut beurteilen.
Besitzen sie eine Hämmerung, so wird das Flügelschild in Abhängigkeit von
der Dichte der Hämmerung dunkler, da die Hämmerungsflecke wie die Binden
wenig oder gar nicht von der schimmeligen Aufhellung erfasst werden. So
sind z.B. neben fast allen anderen Schimmeln auch braunfahlgehämmerte und
blaufahlgehämmerte bei den Show Antwerp und Show Homern standardisiert.
Wenn allerdings der
Ausbreitungsfaktor für Farbe hinzukommt, so ist es mit der Bezeichnung
Schimmel wieder vorbei. Es entstehen in einigen Fällen getigerte Tauben
und auch Musel- und Rieselköpfe, bei denen ganz weiß gefärbte Federn auf
weißem Grund vorhanden sind. Andreas Leiß hat in der Fachpresse
verschiedentlich darauf hingewiesen, dass damit ähnliche Färbungen wie bei
der klassischen Tigerung entstehen können. Darauf haben auch schon
frühzeitig die Züchter der Spanischen Kropftaubenrassen aus eigenen
Erfahrungen aufmerksam gemacht. Die Musterbeschreibung geht von der
Erscheinung aus. Unabhängig davon, wie der genetische Hintergrund der
Musel- und Rieselköpfe sowie der Tiger ist, sie stellen in der
Musterbeschreibung auf jeden Fall eigene Farbenschläge dar und werden
nicht als Schimmel geführt. Sie passen auch nicht zu der gegebenen
Eingangsbeschreibung der Schimmelfärbung.
Was verbirgt sich hinter
der Vielfalt der Färbungen bei den Carriern?
Zum einen gibt es den
Grundtyp des Blauschimmels mit sich deutlich abzeichnenden Flügelbinden
und einer Schwanzbinde. Eine Variante davon ist der blaugehämmerte
Schimmel, bei dem sich der Faktor vor allem im Kopfbereich und im
Bauchgefieder auswirkt, im Flügelschild weniger. Diese sind spalterbige
Schimmel, sind sie reinerbig, so sind sie gestorcht. Bei einigen
Blauschimmeln in Mahndorf war die Binde kaum erkennbar. Theoretisch könnte es sich
um hohlige Tiere (ohne Binden) handeln.

Blauschimmel und
Blaugehämmert-Schimmel

Blauschimmel mit leicht
durchscheinenden Binden und Gestorcht
Praktisch eher nicht, den
die hohlige Zeichnung ist bei den Carriern bisher nicht bekannt. So kann die Binde
durch einen Zusatzfaktor ausgebleicht sein, wie man es mitunter bei
einfarbigen blaubindigen und vor allem rotfahlbindigen Tieren erlebt,
optisch handelt es sich um einen Übergang zu gestorchten Tieren,
zu reinerbigen Schimmeln.
Deutlich unterschiedlich
davon sind die gemaserten oder „gesäumten“ Carrier gefärbt. Sie
wurden in Mahndorf und auf früheren Schauen in den Färbungen Schwarzmaser,
Blaumaser und Rotmaser gezeigt. Die Ähnlichkeit der Färbung mit Spaniertauben, Briver Farbenköpfen und auch mit Danziger Hochfliegern ist groß, es gibt
aber auch Unterschiede, die wiederum verschiedene Ursachen haben können
(Allele, modifizierende Faktoren, gänzlich unterschiedliche Faktoren mit
einer ähnlichen Wirkung). Darüber lässt sich leicht spekulieren,
beweiskräftige Tests sind aufwendiger (s.o). Im Foto abgebildet auch zur
Ergänzung zwei Tiere von der VDT-Schau in Nürnberg 2006. Der Blaumaser in
Mahndorf war permanent in Bewegung und ließ kein brauchbares Foto zu.

Gemasert in verschiedenen
Färbungen (links und Mitte auf der VDT-Schau 2006 Nürnberg)
Ein Teil der Tiere sind
Fleckenschecken, die darüber hinaus selbstverständlich auch weitere
Erbfaktoren besitzen. So gibt es Fleckenschecken in blaugehämmert und in
rotfahl, einige Fleckenschecken zeigen auf den farbigen Partien auch eine
Maserung. Bei schwarzer Grundfärbung sind es schwarzgemaserte Schecken.
Bei einigen Tauben scheint sich die Scheckung auf die Weißschlagscheckung
zu beschränken.

Fleckenscheck gehämmert, rotfahl
mit Binden und schwarz-gemasert
Bei einem Teil der Tiere
war erkennbar der Ausbreitungsfaktor für Farbe vorhanden, so dass auch
Rieselköpfe zu identifizieren waren. Soweit sie auch starke Aufhellungen
in den Schwingen und im Schwanz besitzen, ist nicht auszuschließen, dass
bei ihnen auch der Maserfaktor eine Rolle spielt.

Rieselköpfe
Aber auch hier sind
Versuche aufwendig. Zu aufwendig, weil sie dann vielleicht auch noch nicht
einmal allgemeingültig sind. Denn wenn man für ein bestimmtes Tier den
Erbcode entschlüsselt hat, dann bedeutet es noch lange nicht, dass dieser
Erbcode für ein daneben stehendes ähnlich gefärbtes Tier gilt.
Zusammenfassend zeigt
sich, dass die meisten der als Schimmel gezeigten Carrier durchaus
vorhandenen Farbenschlägen der Musterbeschreibung zugeordnet werden
können. Es sind überwiegend Blauschimmel, Blaugehämmert-Schimmel,
Gestorchte, Rieselköpfe und Maservarianten. Dazu tauchen diese Varianten
teilweise auch noch als Fleckenschecken auf. Sie stellen dennoch nur einen
Ausschnitt der Möglichkeiten dar. Im Buch „Taubenfärbungen“ sind nach
genetischen Gesichtspunkten im Kapitel „Schimmelvarianten“
einschließlich der Tiger und Weißschilder allein 46 verschiedene Färbungen
abgebildet.
Carriers
in new Colours: Grizzles and other variants
In the last
years under the heading “grizzle” different colour variants were shown in
the AOC-class (all other colours) and in the class for new breeds and
colours (Neuzüchtungen). Knut Röder, a famous and engaged German Carrier
breeder, presented a sample of different variants at the Bremen Pigeon
Show in January 2008. In this report the different colourations are
classified according to the German Standard in Grizzles, Storked, Veined,
Mottle Heads, Pieds etc. Also a Mosaik was shown, originating from the
Union of the Arabian Emirates, see the photo of the cock’s tail above. |