Schwanzfederfarbe bei
dominant roten Englischen Kröpfern
Colour of
Tail of Red English Pouter (see below)
Das
Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Musterbeschreibungen
geben den Eindruck vom Erscheinungsbild von Tauben wieder und sind
naturgemäß knapp gehalten. Mitunter wird die Erscheinung im Text und in
den beigefügten Zeichnungen auch idealisiert, nicht überraschend, denn es
soll etwas Anzustrebendes gezeigt werden. Das Dilemma, in dem sich
Verfasser von Mustertaubenbüchern befinden, wird schon bei Schachtzabel in
seinem „Illustrierten Prachtwerk sämtlicher Taubenrassen“ aus dem Jahr
1910 im Vorwort und in der Einleitung deutlich. Zum einen sollen die
Zeichnungen nach dem Leben aufgenommen werden, dann
sollen sie aber auch „Modelle, Ideale
zeigen, wie sie dem wirklichen Züchter und Liebhaber vorschweben; sie
sollen ihm die Richtschnur seines Wirkens geben, damit er nicht planlos
seine Zeit verschwendet“. Mangelnde Beobachtungsgabe, aber wohl vor allem
die Idealvorstellungen, sind demnach wesentlich verantwortlich für die
Darstellung von roten Kröpfern mit weißen Schwänzen auf historischen und
zum Teil auch noch aktuellen Bildern und für die Beschreibungen solcher
Kröpfer als „Weißschwänzige“.
Die Schwanzfärbung
roter Kröpfer in der Literatur
Bei
den Englischen Kröpfern schreibt Tegetmeier 1868 in der englischen
Literatur von weißen Schwänzen. Von Fulton wird das 1876 wiederholt. Dort
finden sich auch Zeichnungen von Ludlow mit gelben und roten Englischen
Kröpfern mit völlig weißen Schwingen und Schwänzen, solch ein Bild findet
sich später auch bei Schachtzabel 1910. In der deutschen
Musterbeschreibung der Englischen Kröpfer steht bei der Schwanzfarbe „hell
oder weiß“, abgebildet wird ein rotgeherzter Zwerg-Kröpfer mit weißem
Schwanz. Weiß ist auch der Schwanz auf der Zeichnung des roten Aachener
Bandkröpfers, wenn es im Text auch heißt „Schwanz fahlweiß (hell)“. Die
Realität sah und sieht jenseits der schönen Zeichnungen anders aus. Das
wurde im „Illustrirten Mustertaube-Buch“ von Prütz“ aus dem Jahr 1885 auch
schon gesehen.

Englischer Kröpfer rotgeherzt bei Fulton 1876 (links) und in der Realität
(rechts)
Prütz schreibt zum Englischen Kröpfer: „Es ist mithin erklärlich, daß bei
matt rother oder gelber Grundfarbe ein fahlblauer Schwanz erscheinen
würde. In der That ist es auch so. Wir sehen bei allen angeführten Tauben,
vorab aber den Englischen, ebenso viele, vielleicht auch mehr
fahlschwänzige, als weißschwänzige. Da nun mit Recht die bläulichrothe,
verschossene Schwanzfarbe nicht schön gefunden werden kann, ein gut
gefärbter rother oder gelber Schwanz aber nicht zu erzielen, oder wenn
erzielt, nur schwer vererbt wird, so ist das Dogma vom weißen Schwanz
entstanden. Es ist immer wieder die Geschichte von den Trauben, die zu
hoch hängen. Fulton gesteht deshalb auch zu, dass er einem gut gefärbten
Schwanze bei Roth und Gelb den Vorzug vor einem weißen geben würde. Ich
stimme ihm vollständig bei, denn wenn die rothe oder gelbe Farbe im
Schwanze einer solchen Taube gut wäre, so schlösse das in sich, daß auch
diese Farben im übrigen Körper von vorzüglicher Güte sein müßten.“ S. 192
Rote und weiße Schwänze
durch andere Erbfaktoren: Rezessiv Rot und Weißschwänzigkeit
Aus heutiger Sicht wissen wir, dass eine intensive rote Färbung und ein
völlig weißer Schwanz sich bei dominant roten Tauben, und das sind die
roten und gelben Kröpfer, genetisch ausschließen. Es sei denn, man würde
über Kreuzungen mit weißschwänzigen Tauben anderer Rassen den für die
weißen Schwänze verantwortlichen Scheckfaktor in die Rasse einführen. Man
kann den Faktor problemlos von genetisch weißschwänzigen Tauben
irgendeiner Färbung auf Dominant Rote und Rotfahle übertragen. Wenn es in
Rassen Schwarze mit weißen Schwänzen gibt, dann kann er von diesen auf
Rote und Fahle übertragen werden. In der Rassegruppe der Kropftauben
sind z.B. schwarze Weißschwänzige bei den Hanakröpfern anerkannt, in
anderen Rassegruppen findet man Weißschwänze noch häufiger. Ob solche
weißgeschwänzte Schecken nach der Übertragung in die Rasse ein Segen für
die Englischen Kröpfer wären, kann man allerdings auch in Zweifel ziehen.
Solche Roten mit weißen Schwänzen könnte man dann nicht mehr so einfach
wie heute mit Dunklen und mit Schwarzen verpaaren. Denn bei Roten würden
durch solche Kreuzungen die weißen Schwänze wieder verschwinden oder zu
gescheckten Schwänzen mit fahlen und weißen Federn führen, und auch bei
den Schwarzen würden sich in der Nachzucht weiße Federn einschleichen.
Ein anderer Weg wurde durch Prütz aufgezeigt, nämlich ein Verzicht auf
weiße und helle Schwänze bei Roten und stattdessen die Erzüchtung von
Tauben mit durchgefärbten roten Schwänzen. Den Begriff kannte Prütz damals
noch nicht, was damit aber gemeint war, das war die Einführung des
Erbfaktors „Rezessiv Rot“. Dieser erlaubt anders als das „Dominant Rot“
eine intensive rote Körpergrundfarbe bei intensiv rot gefärbten Schwänzen.
Dass eine solche Färbung auch bei Kropftauben möglich ist, das haben uns
die Züchter der Brünner Kröpfer und das hat uns der Erzüchter der
Amsterdamer rot- und gelbgeherzten Kröpfer mit roten bzw. gelben Schwänzen
gezeigt.

Amsterdamer Kröpfer rot
geherzt mit rotem Schwanz
Zeichnerisch vorweggenommen wurde die Übertragung des rezessiven Rot auf
geherzte Kröpfer schon im Buch von Schachtzabel 1910 in der Zeichnung
eines roten Norwichkröpfers mit einem tiefrot durchgefärbten Schwanz.

Gruppe Englischer
Kröpfer (links) und jeweils ein roter und gelber Norwichkröpfer (rechts)
bei Schachtzabel 1910
Verpaarungen von Rot
und Gelb
Die Zucht reinerbiger Dominant Roter und die fortwährende Verpaarung unter
sich hat nicht nur Vorteile. Zwar werden die Farben sauberer und bei den
Täubern auch die Schnäbel hell, das Rot der roten Gefiederfärbung wird
aber nach den Zuchterfahrungen auch bei anderen fahlen Farbenschlägen und
Rassen im Laufe der Zeit heller, läßt über die Generationen nach. Fulton
hat 1876 dazu geraten, Rote möglichst nur mit Roten zu verpaaren und
daraus fallende Gelbe nur für die Gelbzucht einzusetzen. Richtig
funktioniert zu haben scheint das auch nicht, denn es werden daneben von
ihm und anderen Autoren auch mehrfach Verpaarungen mit Schwarzen
angeführt. Dunkle und Gehämmerte hatte man damals, anders als bei den
Deutschen Schautauben, wohl nicht oder nicht reichlich genug zur
Verfügung. Er hat uns auch verraten, was aus den Paarungen mit Schwarzen
herauskommt. In der ersten Generation sind es zum Teil „Sandy“, seine
Bezeichnung für unsere heutigen Aschfahlen, auch „Strawberry“ bzw.
Erdbeerfarbene wurden sie genannt. Letztere sind bei den Norwichkröpfern
neben den keine Säumung zeigenden Aschfahlen als separater Farbenschlag
anerkannt und eine Variante dessen, was in der amerikanischen Literatur
Spread Ash genannt wird: Aschrot mit Farbausbreitungsfaktor.

Norwichkröpfer
Strawberry oder „Sandy“ in der Sprache Fultons
Wenn man einen reinerbigen roten Täuber mit einer schwarzen Täubin
verpaart, dann werden in der Regel nur solche „Sandy“ fallen. Wenn man
einen schwarzen Täuber mit einer roten Täubin verpaart, dann werden nur
die Täuber „Sandy“ sein. Diese sind nicht in der Rasse standardisiert, man
kann sie aber an Rote zurückpaaren und wird daraus unter anderen auch
wieder einige Rote mit einer intensiven Färbung erhalten. „Sandy“ kann als
so etwas wie ein„Umsteigebahnhof“ zwischen den beiden Grundfarben Schwarz
und Dominant Rot genutzt werden.
Diesen „Umstieg“ über die Varianten der Aschfahlen kann man sich sparen,
wenn man statt mit Schwarzen mit Dunklen arbeitet, geschlechtsgebunden
wäre bei der Zucht auf Rote eine dunkle Täubin und ein roter Täuber die
bessere Wahl als die umgekehrte Paarung, da alle Täubinnen daraus die rote
Färbung zeigen werden. Die spalterbigen Täuber aus diesen Kreuzungen
werden dunkle Schnäbel zeigen und im Hinblick auf die hell gewünschten
Schwänze einen Rückschlag bedeuten. Bei anderen Rassen werden sie wegen
ihrer oft sehr dunklen roten Färbung der Flügeldecken sehr geschätzt, so
dass auch über die dort zu findenden Tintenflecken hinweggesehen wird.
Wie im Prütz gesagt, hängen die Trauben der weißen Schwänze bei Dominat
Roten zu hoch, helle Färbungen sind aber erreichbar. Man sollte dennoch
realistisch von aschfahlen Schwänzen sprechen. Wenn man allerdings die
intensivere Färbung der spalterbigen Dominant Rot/Schwarzen Täuber
besonders liebt, dann muss man die „Kröte“ der dunklen Tintenflecke der
Täuber schlucken und auch graufahle Schwänze in Kauf nehmen.
Colour of
Tail of Red English Pouter
The early
literature about red and yellow English Pouters states that they had white
tails in contrast to other standard colours on a blue/black basis. Those
had blue or black tails (e.g. Tegetmeier 1868, Fulton 1876). Paintings by
Ludlow published in the book from Fulton and also paintings in German
books (e.g. Schachtzabel 1910) stressed this view of a pure white tail.
However, from qualifying notes by Fulton and by Prütz 1885 it becomes
obvious that the authors confused the sometimes very light ashy tails of
dominant red pigeons with white, thus the drawings described a vision, not
the reality.
In the
book from Prütz it is suggested to breed English Pouters with intense red
tails instead of the mealy one and also Fulton would have preferred such
birds but thought it impossible to breed them. Nevertheless, the vision of
pied pouters with red colored tails was expressed in several paintings of
red pouters in different breeds, prominent again the book from
Schachtzabel. However, at that time a vision, not reality. In real life
such pouters appeared first in the Brunner Pouter and about the year 2000
also in Holle Croppers.
Complete
white tails are possible also in English Pouters, however, we then would
have to introduce the white-tail trait from other breeds.
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