Tiger,
Schecken und Schimmel: Bremer Tümmler gescheckt
Grizzles, Tigers and Pieds: Bremen Tumblers
Pseudo-Tigers and Pseudo-Pieds (see below)
Tiger und Schimmel in der Musterbeschreibung
Die Abgrenzung von Tigern und Schimmeln liegt im Ausstellungswesen
darin, dass bei Schimmeln mehr oder weniger weiße, wie von Raureif
überzogene, Einlagerungen in farbigen Federn vorliegen, während bei Tigern
bei farbiger Grundfärbung weiße Federn möglichst gleichmäßig über den
ganzen Körper verteilt sind. Der Unterschied der Tiger zu den ähnlich
gefärbten Schecken liegt darin, dass Tiger einen farbigen Schwanz und
farbige Handschwingen haben, während Schecken dort sowohl farbige als auch
weiße Federn zeigen sollen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Gemeint
sind in diesem Zusammenhang nicht Fleckenschecken, die in eine ganz andere
Kategorie gehören. Die hier angesprochenen Schecken werden wegen der
Verwandtschaft zu den Tigern daher auch Tiger-Schecken (mit den Tigern
verwandt) genannt, eine Wortverbindung, die allerdings zu
Missverständnissen führen kann.
Einordnungsprobleme in der Praxis
In der Praxis ist die Abgrenzung oft nicht so eindeutig wie die klaren
Definitionen der Musterbeschreibung vermuten lassen. Schimmel bei
gehämmerter Zeichnung zeigen oft im Kopf- und Halsbereich auch größere
weiße Flecken, die an Schecken und Tiger erinnern, damit genetisch aber
nichts zu tun haben. Das ist in einem früheren Beitrag auf dieser Homepage
gezeigt worden. Die weißen Flecken sind Begleiterscheinungen des
Zusammenwirkens von Schimmelfaktor mit der gehämmerten Zeichnung. Je nach
Geschmack kann man die weißen Flecken durch modifizierende Faktoren oder
Enabler erklären, die bei einigen Tieren die weißen Flecken zulassen und
bei anderen nicht. Wen diese Flecken stören, der kann versuchen, sie
durch Zuchtauslese zu verdrängen. Für die Zucht ist es dabei unerheblich,
ob er nun die „modifizierende“ Faktoren verdrängt oder die „Enabler“.
Genetische Einordnung als Schimmel oder Tiger
Auch genetisch betrachtet ist das Zusammenspiel von Schimmel mit dem
Erbsymbol G und Tigerung nicht einfach zu entschlüsseln. W.F. Hollander
analysierte zunächst eine Tigerung, die bei Reinerbigkeit weiße oder fast
weiße Jungtiere erzeugt. Der Faktor wurde aus weißen Carneau durch
Kreuzungen mit Einfarbigen „herausgemendelt“. Er nannte den Faktor Tiger
und betrachtete ihn als Allel (Alternative) zu Grizzle. Als Symbol wählte
er GT. Das Symbol kann so gelesen werden, dass es die Anlage
für Tigerung an der Stelle im Erbgefüge ist, an der alternativ der Faktor
„Grizzle“ liegt. Damit läuft auch die gelegentlich geäußerte Kritik,
Tiger-Grizzle wäre ein falsch gewählter Name, ins Leere. Die Kritik
entzündet sich daran, dass bei Tigern nicht die einzelne Feder schimmelig
ist, sie ist in der Regel entweder weiß oder farbig, es gibt aber auch
hier Ausnahmen und Übergänge.
Unterschiedliche Arten von Tigern
Dass es wahrscheinlich mehrere Erbfaktoren gibt, die eine ähnliche
Färbung wie die klassische Tigerung bei Hessenkröpfern u.a. hervorbringt,
haben einige schon früh erkannt, ohne dass dieses Anlaß zu größeren
Erbversuchen gegeben hätte. Zusammenfassend hat Mario Fenich aus
Australien auf Unterschiede und Widersprüche hingewiesen. Er bezog sich
dabei vor allem auf Kropftauben, darunter auch spanische Rassen. Paul
Gibson hat in der Folge z.B. dem Tigerfaktor bei den Temeschburger
Schecken das Symbol Ttg gegeben und betrachtet ihn damit nicht als Allel
(Gibson 2005).
Auch andere Tiger verhalten sich im Erbgang anders als die von
Hollander betrachteten Carneau. Wohl zuerst bei den Kropftauben haben die
Experten der Spanischen Kropftauben um Martin Gangkofner und Jan
Schrötz festgestellt, dass auch normale Blauschimmel bei Kreuzungen
mit schwarzen und anderen Tauben in manchen Fällen Tiger produzieren
können. Und solche Tiger haben oft nicht nur weiße und farbige Federn
abwechselnd, sondern auch schimmelige Federn dazwischen. Diese
„Pseudo-Tiger“ mausern von hell zu dunkel aus. Das hat auch Andreas
Leiß nicht nur als Beobachtung, sondern in einer umfangreichen Studie
in der Geflügel-Börse aufgezeigt. So werden reinerbige Tiger bei Dänischen
Tümmlern nicht weiß, und das gilt Berichten zufolge auch für andere Tiger
wie die Englischen Schautippler und die von Uwe Held mit Dänischen
Tümmlern erzüchteten getigerten Deutschen Langschnäbligen Tümmler. Wichtig
für das Verständnis der unterschiedlichen Typen von Tigern war auch die
Erkenntnis, dass Hamburger Schimmel, die optisch getigert sind, genetisch
betrachtet den normalen Schimmelfaktor besitzen, der bei Schwarzen im
Zusammenwirken mit dem Farbausbreitungsfaktor und einem „Enabler“ die
Tigerung erzeugt. In der Terminologie von Andreas Leiß sind es
„Pseudotiger. Und das ist auch der Auslöser für diesen Report.

Bremer Tümmler
schwarz-weißgescheckt Hamburger Schimmel gelb
Pseudo-Tiger und Pseudo-Schecken bei Bremer Tümmlern
Bei den Bremer Tümmlern gibt es seit altersher zahlreich die mit
Schwarz und Weiß durchmischten Farbenschläge. So heißt es bei Dürigen
1886: „Schwarz und
Weiß herrschen vor. Man züchtet
schwarze Weißschläge, einfarbig
Schwarze und
Weiße und gern Schwarz-Weiß-Schecken
oder Tiger (helle und dunkle);
letztere sind sehr beliebt in Bremen“, aber eben auch nicht einfach zu
züchten, wie wir von den aktiven Bremer Züchtern wissen. Auf der Schau des
VDT in Dortmund 2008 waren immerhin 57 Bremer Tümmler zu sehen, dabei auch
aus den Zuchten von Hans-Hermann Müller, Thorsten Happke und
Dieter Haase 10 Schwarz-Weißgescheckte. Was Andreas Leiß für die
Hamburger Schimmel festgestellt hatte, das trifft nach den vorgezeigten
Ergebnissen der Nachzucht von Bremer Schwarz-Weißgescheckten auch auf die
Bremer oder zumindest einige gescheckte Bremer Tümmler zu: Die Nachkommen
zeigten die typische Schimmelfärbung, wie man sie auch bei Deutschen
Schautauben und bei Mondain im Farbenschlag Blauschimmel zu sehen bekommt.
Es sind damit, wie die Hamburger Schimmel, genetisch betrachtet Schimmel,
die zusätzliche Erbfaktoren besitzen, die sie zu Pseudo-Tiger bzw.
in diesem Fall zu Pseudo-Schecken machen.
Zum Flugvermögen der Bremer Tümmler wird von Dürigen vermittelt, „dass
die Tauben niemals truppweise fliegen, sondern dass, wenn eine Flucht
zusammen abgejagt wird, die Tauben sich nach 8-10 Minuten von einander
trennen und nun jede für sich langsam nach oben steigt, fliegt und dann
langsam wieder allein herabkommt – und anderseits, daß die Taube mit weit
ausgebreitetem Schwanz und weit klafternden Flügeln so langsam und rund
wie möglich fliegt. Die Dauer des Fliegens ist zwischen 3 und 9 Stunden.
Schnell schließende oder klatschende, oder gar burzelnde Tauben haben gar
keinen Werth“ (S. 518).
Grizzles, Tigers and Pieds: Bremen Tumblers Pseudo-Tigers and Pseudo-Pieds
Grizzle (G) according to the book of standards is a
peppery intermixture of white and colour in the same feather. The pattern
patches like checks, but also bars are not affected. Tigers are basically
coloured, often black, self red or yellow, with some entirely white
feathers evenly distributed with the exception of tail and flights. Pieds
in addition have some white tail and flight feathers. This type of pied is
different from patch pied. Tiger-Grizzle was analysed by W.F. Hollander
and in pure birds produces white or near white birds. The symbol GT
should be read as Tiger at the locus of Grizzle. Thus GT is
considered allelic to G. In the meantime fanciers realised that there
exist more than just this gene to produce tigers or tiger-like pigeons.
Paul Gibson e.g. symbolised Timisora Tumbler Grizzle (Ttg) as a separate
trait, and Andreas Leiss got evidence for a different tiger trait in
Danish Tumblers where pure tigers are similar to heterozygous. Last not
least breeders from Spanish cropper breeds reported that in their breeds
sometimes grizzles mated with self black produced black tigers. This
finding fits with the analysis of “Hamburg Schimmel” which despite their
similarity to tigers proved to be typical grizzles plus Spread plus an
enabler to produce a tiger-like expression. Andreas Leiss called
them “Pseudo-Grizzles”. Now some fanciers of Bremen Tumblers made similar
crosses of “tiger-pieds” with selfs and also produced typical grizzles.
Thus at least the tested birds are genetically not related to “tiger
grizzle”. Genetically they are grizzles and probably also bear an enabler
to produce a “tiger-pied” outlook.
|