Molekulargenetische Untersuchungen des Stipper-Gens bei Haustauben
angekündigt
DNA-Analysis of Almond-Feathers and of Alles
of the Stipple Gene in the Domestic Pigeon in Preparation at the
University of Utah
Die Almondfärbung bei Tauben hat schon im 18. Jahrhundert viele
Züchter in ihren Bann gezogen und wird bei
Moore 1735 als
Besonderheit der Englischen Tümmler angeführt. Das der Färbung
zugrundeliegende Stipper-Gen wurde allerdings erst in den 1920er
Jahren von den Norwegern
Wriedt und Christie als dominantes und geschlechtsgebundenes
Gen identifiziert und mit den Buchstaben St symbolisiert: St als
Hinweis auf die Dänischen Stipper, bei denen sie das Gen untersucht
hatten.

Quelle: Axel Sell, Pigeon Genetics, Achim 2012.
St selbst ruft im Zusammenwirken mit anderen Erbfaktoren sehr
unterschiedliche Farbenschläge hervor. Beispiele sind Almond,
Vielfarbene, DeRoy, Stipper und Schwarzsprenkel. Schon vor den
wissenschaftlichen Untersuchungen von
Wriedt und Christie
war bekannt, dass es bei der Verpaarung zweier Träger des
Stipper-Gens Probleme in der Nachzucht gibt. Ein Viertel der
Jungtiere wird weiß und gesundheitlich beeinträchtigt sein. Nachdem
man die Erbformel gutgefärbter Sprenkel und Almonds gefunden hatte,
konnte man das durch Einsatz geeigneten Nebenfarben, wie der in
Abbildung der Englischen Short Faced gezeigten Agates und Kites, in
der Zucht umgehen.
Hatte man damit Lösungen für die praktische Zucht gefunden, so
werden immer noch einige Fragen diskutiert, die man möglicherweise
durch molekulargenetische Untersuchungen wird beantworten können. An
der Universität Utah werden seit einigen Jahren molekulargenetische
Studien bei Haustauben durchgeführt, http://biologylabs.utah.edu/shapiro/Shapiro_Lab/Pigeons.html,
die auf dieser Homepage auch referiert wurden. Ein laufendes Projekt
im Rahmen eines Graduate-Programmes stellt die molekulargenetische
Analyse von Federn von Almondtauben und Allelen des Stippergens wie
Qualmond, Faded, Hickory und Sandy dar.
Rebecca Bruders, die
diese Studie durchführen wird, hat die Züchterschaft um Mitwirkung
durch Zusendung von Federn gebeten.
Wichtig wären vor allem Erkenntnisse zur Wirkungen oder
Nebenwirkungen des Faktors St auf Augendefekte, Frohwüchsigkeit und
Bewegungsstörungen:
1.
Handelt es sich um eine Korrelation, einen untrennbar mit dem
St-Faktor verbundene Korrelation?
2.
Handelt es sich um eine genetische Koppelung, bei der man ein Gen
für die Stipper- und Almondfärbung auf dem Chromosom hat und daneben
ein zweites Gen, das für die Vitalitätseffekte verantwortlich ist?
3.
Läßt sich der negative Effekt von St auf die Vitalität durch
zusätzlich vorhandene Erbfaktoren neutralisieren?
Zu 1: Bei einer Korrelation fehlen die züchterische Möglichkeiten,
den negativen Effekt zu beseitigen. Man kann das Auftreten des
negativen Effekts aber verhindern, indem man die Komplementärfarben
Schwarz (bei Schwarzsprenkeln) und Agates und Kites (bei Almonds und
Vielfarbenen) in der Zucht einsetzt und nach bekannten Regeln mit
den Merkmalsträgern verpaart.
Zu 2: Bei einer genetischen Koppelung besteht die Möglichkeit, die
betreffenden Gene zu trennen und den unerwünschten aus dem Stamm zu
eliminieren. Von Züchtern vielfarbener Tauben hört man gelegentlich,
man wolle einen reinerbigen Stamm almondfarbener Tauben erzüchten
und warte daher auf einen Koppelungsbruch. Das mag eine
fadenscheinige Erklärung für die Verletzung des Grundsatzes sein,
zwei Merkmalsträger nicht miteinander zu verpaaren. Aus vielen
Aussagen läßt sich aber auch schließen, dass diese Züchter gar nicht
wissen, was ein reinerbiger Stamm für Almonds und Vielfarbene
bedeutet. Selbst wenn die reinerbigen Täuber vital sein sollten,
sind die farblich nicht vielfarben oder almond, sondern weiß, wie
wir das von den Texanern mit der unterschiedlichen Täuber- und
Täubinnenfarbe kennen. Sie werden farblich dann so aussehen, wie das
oben abgebildete Paar. Farblich im Sinne des Standards korrekte
Täuber wie der links davon abgebildete einzelne Täuber sind immer
spalterbig. Hinzufügen sollte man auch, dass man einen reinerbigen
Stamm nicht mit Tieren anderer Herkunft 'auffrischen'dürfte, denn
dann würde man sich den eliminierten negativen Faktor wieder in den
Stamm hineinholen.
Zu 3: Selektion auf Vitalität soll nach Aussagen einiger Züchter
erfolgversprechend für die Schaffung robuster Stämme sein. Das
scheint nicht unmöglich. Studien haben z.B. gezeigt, dass dunkle
Tauben ein bessere Immunsystem gegen einige Parasiten besitzen (Sell
2012, S. 407f.). Der Verfasser selbst hat Erfahrungen, dass
bestimmte Genkonstellationen die Vitalität herabsetzen, warum sollte
es nicht Konstellationen geben, die positiv wirken. Dennoch muss man
bei nicht belegten Aussagen vorsichtig sein. Der Verfasser hat bei
Züchtern, die davon ausgingen, dass ihre Stämme die Ausnahmen unter
den Vielfarbenen seien, zwar reinerbige Täuber ohne Augendefekte
gesehen, Bewegungsstörungen, die bei Volierenhaltung nicht
auffallen, zeigten sie aber auch. Bei sehr empfindlichen Rassen und
Genkonstellationen zeigt sich der Effekt wohl auch mehr oder
ausschließlich in nicht geschlüpften als in defekten Jungtieren.
Dass reinerbige Stipper zuchtfähig sein können, wurde mehrfach
nachgewiesen und hat der Verfasser im eigenen Schlag mit dem oben
abgebildeten Täuber mit einer Kite-Täubin erlebt. Bewegungsstörungen
zeigte er aber auch.
Bleibt zu hoffen, dass aus der geplanten Studie in Utah interessante
Erkenntnisse gewonnen werden und diese auch zur Veröffentlichung
gelangen.

Quelle: Axel Sell, Pigeon Genetics 2012.
DNA-Analysis of Almond-Feathers and of Alles of the Stipple Gene in
the Domestic Pigeon in Preparation at the University of Utah
The Stipple Gene is responsible for many attractive colorations in
the domestic pigeon. The most prominent is Almond that still was
mentioned by Moore
1735 as a coloration of the English Tumbler. The genetic background
was first analyzed by the Norwegian
Wriedt and Christie
who in 1925 documented the dominant and sex linked character of St.
The symbol St for 'Stipper' was used since they did their tests with
Danish Stipper Tumblers. The gene mutated several times, and we owe
it mainly W.F. Hollander,
that today educated fanciers are well informed about the
similarities and differences between the factors. In 2002
Ken Davis even devoted
a special issue of the Pigeon Debut (February) to the Almond
coloration and the alleles of the Stipple gene with articles from
W.F. Hollander, Frank Mosca,
Lester Paul Gibson, the author and others. At the University
of Utah in the past several interesting molecular genetic studies of
the domestic pigeon were published, a current project is devoted to
the stipple gene. Fanciers were asked by
Rebecca Bruders to
support the project by sending feather samples of relevant
colorations. Hopefully we will get some more insight into the
relationship of the Stipple-family and perhaps also on the reasons
behind the negative side effects of the St-gene. As is known still
since the writing of Fulton 1876 from two Almonds mated together one
quarter of the progeny will be more or less of white color and
defective with bladder eyes, motion problems, etc. From later
studies we know that those are homozygous St-cocks.
Three theories on the reasons behind exist.
1. The St-gene is correlated with a negative side effect on
vitality. If that is true the positive effect on the coloration and
the negative effect on vitality cannot be separated.
2. The St-gene and another gene responsible for the negative effects
on the vitality are linked at the sex-chromosome. If that would be
true by crossing over a separation should be possible. For some
breeders this option seems to serve as an excuse that they breed two
Almonds together and breed with homozygous Almonds. From many
comments from the fancy, however, I got the impression that the
fanciers do not know what a true breeding strain of Almonds mean. A
homozygous Almond cock is always white or near to white and does not
show the proper standard color. So even in a positive outcome they
would only end up in somewhat similar to auto-sexing faded as is
shown in Texan. As an example can serve the couple with a homozygous
Almond cock and a hemizygous Almond hen shown above. The cock at the
left is a heterozygous one.
3. By selection for vitality it should be possible to develop a
strain of Almonds lacking the negative side-effects. We should be
careful again and try to distinguish between statements and figure
based reports. The author got his first Almonds some decades ago
from an old fancier who stated that by selection he mostly
eliminated the negative effects. However, 4 from 18 youngsters from
the two couples obtained from that strain were white homozygous
Almond cocks, all with defects. Thus near to the 25% expected and
far away from elimination health defects by selection. The author
visited some fanciers who stated that they would raise pure cocks
without any negative effect. At nearer inspection they nevertheless
had swing of neck movements, and probably would have problems if not
raised in fly-pens. The possibility
should not be ruled out anyway because there are examples where the
effect of a gene is influenced by others in a positive or a negative
way. However, again we should be aware that in that case we careful
have to select the strain for those positive modifiers and are
always in danger of losing them when crossing with unrelated
strains.
It is hoped that the planned study also sheds some light on these
open questions
Sources:
Davis, Ken, Coordinator of the February Issue, 2002, Pigeon Debut,
Issue Dedicated to the Almond Phenotype & its Alleles
Hollander, W.F., Origins and Excursions in Pigeon Genetics 1983
Sell, Axel, Breeding and Inheritance, Hengersberg 1994
Sell, Axel, Pigeon Genetics, Achim 2012
Sell, Axel und Jana, Taubenfärbungen.
Colourations in the Domestic Pigeon, Oerel & Spörer 2005
Sell, Axel und Jana, Vererbung bei Tauben, Oertel & Spörer 2004
Wriedt, C., und W. Christie, Zur Genetik der gespenkelten Haustaube.
Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre 38
(1925), S. 271-306.
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