Home

Buch-Shop  

Ausstellungen

Genetik

Archiv

Literatur

 Links

Impressum

 

 

Book-Shop

Shows

Genetics

Archive

Literature

 

  Datenschutz

 

Rezessives Rot, 'Unimproved Red', Ember und Varianten

Recessive Red, Unimproved Red, Ember and similar colorations (see below)

 

 

Die traditionelle Aufteilung roter Farbenschläge in den Taubenstandards

In den Rassetaubenstandards gibt es seit den ersten großen Mustertaubenbüchern wie dem von Schachtzabel aus dem Jahr 1910 nur zwei große Gruppen der roten Farbenschlägen. Die eine Gruppe besteht aus einem sehr intensiv und einheitlich erscheinendem Rot, das bei vielen Farbentaubenrassen, Tümmlerrassen und Kröpferrassen verlangt wird. In der Verdünnung werden die Farbenschläge gelb und, bei einer geringeren Verdünnung, gold genannt.

Die zweite große Gruppe besteht aus den fahlen Farbenschlägen wie Rotfahl mit Binden, Rotfahlgehämmert und anderen. Die Gruppe hat ihren Ausgang bei den Reisebrieftauben und verwandten Rassen. Die Verdünntfarbenschläge werden als Gelbfahl mit Binden, Gelbfahlgehämmert usw. bezeichnet. In dieser Gruppe werden in der Regel helle und saubere Färbungen verlangt, bei denen sich die Zeichnungen wie Binden, die Hämmerung und die dunkle Hämmerung, wenn denn vorhanden, noch einmal klar abzeichnen sollen.

  

Abb. 1: Rezessiv roter Stargarder Zitterhals und dominant rote (brieftaubenrote) Deutsche Schautaube

Möglichst intensiv auf der einen Seite, möglichst klar auf der anderen Seite, das ist die Philosophie.

Die genetischen Hintergründe der nach dem Erscheinungsbild unterschiedenen Gruppen

Lange hatte man geglaubt, diese beiden Gruppen auch genetisch so einfach aufteilen zu können. Bei dem intensiven Rot sollte genetisch das Rezessive Rot vorliegen, auch Tümmlerrot genannt Beim hellen Fahl sollte es Dominante Rot sein, auch brieftaubenrot genannt. Die Bezeichung Brieftaubenrot deshalb, weil dieser Faktor bei Brieftauben und aus den Brieftauben entwickelten Rassetauben traditionell besonders häufig vorkam. Von dem rezessiven Rot wusste man bereits durch Cole 1914 und Cole und Kelly 1919, dass es ein Faktor ist, der die Grundfarben überdeckt, und zwar so, dass auch Schwingen und Schwänze rot erscheinen. Bei Reinerbigkeit für das rezessive Rot wird daher auch das dominante Rot überdeckt. Rezessiv Rot mit dem Symbol e und Dominant Rot mit dem Symbol BA sind keine Allele. Tauben können daher beide Formen nebeneinander (oder vielleicht wegen der Überdeckung besser 'übereinander') besitzen. Aus didaktischen Gründen wäre es sogar sinnvoll, andere Begriffe zu wählen, um bei Anfängern nicht ständig eine falsche Vorstellung zu erwecken.

Dass die einfache Aufteilung, intensiv gefärbte Rote = rezessiv Rot, aschfahl = dominant Rot,  nicht generell gilt, das wusste man für intensiv gefärbte rote Schildtauben und intensiv gefärbte rote Libanontauben und Sternschwanztümmler schon lange. Für den Verfasser stellte das bei seinen ersten Kreuzungen in den 1960er Jahren noch eine große Überraschung dar. Es gab auch schon lange Hinweise darauf, dass viele rote Farbentauben nicht das rezessive Rot, sondern das dominante Rot besitzen. Überraschen daran ist nicht, dass sie das dominante Rot besitzen, sondern dass viele von ihnen, genauso wie die Schildtauben und die Libanontauben, das rezessive Rot nicht besitzen. Das galt beispielsweise für die abgebildete und vom Verfasser getestete Süddeutsche Blasse.

Abb. 2: Getestet rote Süddeutsche Blasse, genetisch Brieftaubenrot plus Bronzefaktoren, besitzt trotz intensiver Färbung nicht den Faktor rezessiv rot

Einfarbig Rote mit schwacher Färbung: schlechte Rote oder etwas ganz anderes?

Rote sollen nach Standardvorstellungen tief rotbraun sein, und so wurden sie auf den Musterbildern von Schachtzabel und anderen auch dargestellt. Wenn schwächer gefärbte Rote gezeigt wurden, dann waren es eben schlechte Rote, die es nach unseren Standardvorstellungen zu verbessern galt, so die verbreitete Auffassung. Diese Fixierung auf das tiefe Rot einerseits und das helle Fahl andererseits hat uns übersehen lassen, dass es dazwischen, genetisch mit dem rezessiven Rot verwandt, offenbar noch eine ganze Reihe von Erscheinungen gibt, die international durchaus eine Rolle spielen und in anderen Ländern zum normalen Farbenbestand vieler alter Rassen gehören.

Für den einen sind es schlecht gefärbte Rote, die auf eine Verbesserung durch den Züchter (neudeutsch 'improvement' = Verbesserung) warten. So ist auch die Bezeichnung 'unimproved recessive red' zu verstehen. für den anderen sind es interessante eigenständige Varianten, die auf einen anderen Erbfaktor zurückgehen. Der mag sich auch als rezessiv erweisen, eine ähnliche Erscheinung wie rezessiv Rot hervorrufen und auch ein Allel von Rezessiv Rot sein, aber genetisch eben eigenständig.

Ein anderes Weltbild in der Taubengenetik nach der Entdeckung von Ember?

Ein Ausrufezeichen wurde mit der Entdeckung von Ember als ein wohl eigenständiger Faktor neben Rezessiv Rot gesetzt. Anfangs sind die Jungtiere ähnlich wie bei Rezessiv Rot einfarbig bräunlich-rot gefärbt, danach mausern sie bläulich aus. Wie das Endgefieder aussieht, das hängt wesentlich von den zugrundeliegenden Zeichnungsanlagen ab. Wenn die bindige Zeichnung vorliegt, dann wird das Schild mit Ausnahme der Flügelbinden bläulich, die Schwanzbinde ist meist bräunlich. Typisch sind die ember (feurig glühend) Schwungfedern.

   

Abb. 3: Ember Anatolische Ringschläger

Bei einer gehämmerten Zeichnung bleibt durch die sich nicht ins Blaue verändernden Hämmerungsflecken auch das Schild stärker rötlich gefärbt, bei einer sehr dunklen Hämmerung können auch im Altgefieder stark rötlich geprägte Tiere auftreten. Im Zusammenwirken mit dem Verdünnungsfaktor entstehen gelbliche Färbungen.

Varianten einfarbig roter Tiere neben Ember?

Nicht alles, was schwach rot gefärbt ist, ist auch Ember. Und wahrscheinlich sind die meisten davon auch keine schwach gefärbten rezessiv Roten mit dem Faktor Rezessiv Rot. Einige von ihnen mögen durchaus Ember entsprechen, andere deuten auf  eine andere, wenn möglicherweise auch verwandte (allele?) genetische Basis hin. Bei Sevillanokröpfer wurden einige solcher Kröpfer auf der VDT-Schau in Nürnberg 2012 gezeigt. Urige und lebhafte Kröpfer, mit einer allerdings durchaus unterschiedlichen und für traditionelle Vorstellungen widersprüchlichen Färbung. Einige auf den ersten Blick rotgehämmert, die braune Schwanzbinde deutet dagegen auf Braun hin. Für Braun erscheint die übrige Färbung wiederum zu rot. Die Schwanzbinde an Ember erinnernd.

   

Abb. 4a: Sevillanakröpfer als rot ausgestellt (2012)

 

 

Abb. 4b: Sevillanokröpfer, als rot ausgestellt (2012)

 

Abb. 4c: Sevillanokröpfer, als rot ausgestellt (20089

Die im Jahr 2008 auf der VDT-Schau ausgestellten Tiere zeigten noch ein geschlosseneres Rot, das eher an das uns vertraute rezessive Rot denken ließ. Aber auch bei diesen Tieren zeigten dunklere Federpartien und auch das goldene Halsgefieder, dass sie etwas anderes waren.

Nach den Erfahrungen mit Ember kann man vermuten, dass sie, wie auch einige schwach gefärbte einfarbig Rote, ein anderes Rot besitzen als das unterstellte e. Das könnte für viele Carrier gelten und auch bei den Mövchen, wie jüngst bei den als Neuzüchtung vorgestellten Figurita.

 

Abb.5: Carrier rot Leipzig 2012 und Figurita rot Nürnberg 2012

Ist man bei den dargestellten Varianten vollkommen auf Spekulationen im Hinblick auf den genetischen Hintergrund angewiesen, so ist das Bild bei den nachstehend abgebildeten Tauben der eigenen Zucht etwas klarer. Alle von ihnen besitzen genetisch eine schwarze Grundfarbe. Sie besitzen darüber hinaus einen rezessiven Erbfaktor, der das gesamte Gefieder ähnlich wie bei typischen rezessiv Roten rötlich überzieht. Rücken- und Schwanzbereich sind bei einigen bläulich. Wie bei Ember und bei einigen der Sevillanokröpfern erscheint auf dem Schwanz oft eine rötlich braune Binde, gut zu sehen bei den unteren beiden abgebildeten Tieren. Einige Tiere sind dunkler bläulich auch im Körpergefieder. Bei diesen Tieren ist das Schwanzgefieder stärker dunkel durchsetzt und zeigt nicht die bei anderen zu findende Schwanzbinde (nachfolgend die obere Bildreihe). Über diese Erkenntnisse hinaus gibt es aber auch nur Spekulationen darüber, was die Unterschiede ausmacht und wie das Verhältnis zu anderen Erbfaktoren ist.

 

 

Abb. 6: Pommersche Schaukappen: rote Varianten

Es gibt weitere Beispiele für ähnliche Färbungen bei anderen Rassen. Jüngst wurde im Internet von Octavian Sarafolean über einen Stamm schwach gefärbter roter Rollertauben berichtete, die er in Serbien gefunden hatte. Anders als bei typischen rezessiv Roten und auch Ember allerdings zum Teil mit angelaufenen Schnäbeln, möglicherweise waren im Stamm auch einige mischerbige Tiere vertreten. Interessant am Stamm der Tümmler aus Serbien war, dass einige der gezeigten Roten die für Ember typische Schwanzbinde besaßen. Ohne Tests und nur mit Spekulationen ist das kaum aufzuklären. Gary Young bezeichnete vor Jahren ähnliche schwach gefärbte Rote, die im Zusammenwirken mit einem Schimmelfaktor interessante Effekte hervorzubringen scheinen, als 'Orojo', wohl abgeleitet vom spanischen Wort 'oro' für Gold. Auch für diese ist eine bräunliche Schwanzbinde typisch, daneben treten gelegentlich chwarze Federn wie bei Tschinnies der Usbekischen Tümmler auf. In den USA werden Orojo den Berichten auf Facebook zufolge von Ken Davis gepflegt.

Allele von Rezessiv Rot und versus Rezessiv Rot plus modifizierende Faktoren

Die Herausforderung für die Entschlüsselung der Zusammenhänge wird nicht geringer durch die Beobachtung, dass sich das typische intensive Rot (e//e) durch die Kombination mit weiteren Erbfaktoren mehr oder minder stark verändern kann. Es müssen bei Abweichungen daher nicht unbedingt Allele von e, also alternativen Erbfaktoren mit einem ähnlichen Verhalten am identischen Genort verantwortlich sein. Am bekanntesten in Züchterkreisen ist wahrscheinlich der Einfluss von Dominant Opal, durch den ganz hell gelbe (isabell) Kombinationen entstehen, bei denen sich die Zeichnungen noch deutlich heller abheben. Auch Platin verändert das rezessive Rot, wie sich beim Verfasser bei Pommerschen Schaukappen gezeigt hat. Und das galt auch für Kreuzungstauben mit dem Faktor 'Blei'.

 

Fig. 7: Rezessiv Rot in Kombination mit Platin (links) und Rezessiv Rot in Kombination mit Blei

Einige schwach gefärbten Rote sind in diesem Sinne tatsächlich 'unimproved' rezessiv Rote (e//e). Eine Verbesserung ist in diesem Fall aber nicht durch das Hinzufügen farbintensivierender Faktoren zu erwarten. dDe Verbesserung würde darin liegen, störende Faktoren aus dem Stamm herauszuzüchten, in diesem Fall Blei und Platin.

Experimentierklassen und AOC-Klasse zum Auffangen bisher wenig verstandener Färbungen

Wie eingangs dargestellt, wurden seit der Zeit um 1900 in den Standardvorstellungen nur zwei Grundtypen der roten Färbung akzeptiert. Zum einen ein intensives tiefes Rot, zum anderen, bei den Farbentauben eher widerstrebend, das helle Rotfahl in verschiedenen Zeichnungsvarianten. Die zwischen diesen Varianten liegenden Färbungen erreichen uns jetzt durch Berichte aus anderen Ländern und durch das Einführen neuer Rassen wie der vielen Kropftaubenrassen aus dem iberischen Raum.

An den herrschenden Standardauslegungen gemessen dürften viele der Varianten auf den Schauen gar nicht gezeigt werden. Nach den sehr eng formulierten Bedingungen für die AOC-Klasse dürften sie selbst dort nicht ausgestellt werden. Dabei wäre gerade diese Klasse geeignet, seltenen und bisher nur unvollständig verstandene Farbenschläge einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen. Man könnte es auch als Ausdruck von Arroganz auffassen, dass alles das, was nicht in das traditionelle Denkschema passt, von den Schauen ferngehalten werden soll, ein Fundamentalismus auf einer etwas anderen Ebene.

Zu wünschen wäre, dass die unterschiedlichen Formen der roten Färbungen nicht nur erkannt und in Bildern gezeigt werden, sondern dass auch versucht wird, die dahinter stehende Genetik zu verstehen.

Recessive Red, Unimproved Red, Ember and similar colorations

Since the first great standard books like Schachtzabel in Germany 1910 the standards of pigeon breeds distinguish between two phenotypic types of the red colorations only, namely 1. the intense and deep red present in many tumbler and cropper breeds and 2. a light mealy red that is predominant in Racing Homers and related breeds (Figure 1).

The principles for breeding and judging are as intensive as possible in the first group and as light and clear as possible in the second group.

In genetics the first group for a long time was associated with recessive red (e//e) and the second group with dominant red, ash red or homer red (BA//BA). Both are not allelic, e//e masks dominant red and also the other basic pigeon colors blue/black and brown. It was shown by Hollander and others that intensive red Lebanon pigeons made an exception since they were dominant red plus bronze and lacked recessive red. That was also proved for red Startail tumblers and the author still in the 1960s was surprised to learn by his own crosses that also solid red Shield Pigeons were dominant red and did not carry recessive red. In a later cross in the authors's loft also a South German intense red Blasse (Fig. 2) proved to be dominant red, recessive red was lacking again. The last point was the surprise since it was known since Cole (1914) that some recessive red were dominant red as well.

With ember (Fig. 3) in the last years a colorations got attention that did not fit in both categories discussed. Some ember in the juvenile stage are similar to recessive red with a light beak and a reddish plumage. Depending on the pattern after the molt they become more bluish, in the barred variety with reddish bars, ember flights and often a brownish tail bar. Even more disturbing for the traditional view are the occurrence of reddish pigeons with a similar but not identical phenotype like ember from different parts of the world. The reddish of these birds is weak compared to intense recessive red, the tail usually is colored, often with a distinct red-brownish bar similar to ember, the beak usually light as in recessive red.

Different kinds of such reds recently were shown in Spanish Cropper breeds like Sevillanos (Fig. 4), some of them similar to ember, others obviously different. Similar colorations appeared in the author's stock of Pomeranian Eye-Crested Highfliers (Fig. 6). Some of them also had a brown tail band similar to some ember and the Spanish Croppers. As a difference to ember also the 'ember' primaries are lacking in both breeds. For the red Pomeranian it is known that they are of a black basic color and that the trait is inherited recessive, not sex-linked. Thus the trait behaves like recessive red. It probably is an allele, but that is hard to prove.

A rather dull red coloration is also prevalent in many owl breeds and in Carriers and related breeds (Fig. 5). But such such types exist also in other breeds. Gary Young several years ago described 'Orojo' that in combination with grizzle produced interesting effects similar to stipples, Ken Davis in the USA keeps some of them, photos show a light beak and a dull light red. Octavian Sarafolean e.g. reported via facebook the finding of a family of roller pigeons in Serbia with a light reddish plumage, some of them again with a reddish tail bar and with bluish black. Rather untypical for these weak reds the dark beaks of some of them, may be consequence of some birds being heterozygous only for the reddish trait and intermixed with dominant red ground color and perhaps also with Spread. Without tests only speculation is possible. However, with the discovery of so many new variants the question arises whether besides ember, that is believed to be an allele of recessive red, further alleles exist. The weaker red seen in some homer breeds and frills may be not 'unimproved' recessive red e//e but somewhat different that should be judged along other criteria. Thus 'unimproved' would not be a proper term: If they are not e they cannot be improved to e! We could replace the existing trait by e, but that is another story and means not improving but eliminating the existing coloration.

Matter become not easier by the fact that indeed some 'unimproved' recessive red exist, thus e.g. the combination of recessive red and platinum (Fig. 7 at the left) led to self red with a silvery bleaching and also lead in combination with recessive red (Fig. 7 at the right) produced weak red phenotypes with a fine red-grizzled shield and a bluish back. 'Improving' in these cases would not mean the addition of traits that are believed to improve the intensity of color but to eliminate disturbing traits, in this case platinum and lead.

For sure it would be helpful to have an experimental or AOC-class for those colorations not yet fully understood to. An extended AOC-class could serve as a forum for a broader discussion. We should also consider that it could be interpreted as a sign of arrogance to forbid what does not fit into our traditional thought pattern, a special kind of fundamentalism. It would be helpful if the discussion of the new discoveries would lead to some serious investigations of the genetic background.

Literatur:

Hollander, W.F., Origins and Excursions in Pigeon Genetics. Published by: The Inc Spot, Burrton, Kansas 1983.

Sell, Axel, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012
Sell, Axel und Jana, Vererbung bei Tauben, Oertel+Spörer, Reutlingen 2004, 2007

Schachtzabel, E., Illustriertes Prachtwerk sämtlicher Taubenrassen, Würzburg 1910