Almondzucht -
Lotterie oder System?
Über Stipper,
Almond, Vielfarbig, Sprenkel und die Nebenfarben wurde und wird viel
geschrieben, obwohl die genetischen Grundlagen und das
Erscheinungsbild seit langem bekannt sind. Es kommen aber neue
Liebhaber dazu, deren Kenntnisstand und Verständnis der Literatur
sehr unterschiedlich sind. In dieser Darstellung wurden auch einige
Bilder aus dem Netz verwenden, um zeigen zu können, welche
Bezeichnungen in der Züchterschaft für bestimmte Erscheinungen
verwendet werden. Stipper ist der Oberbegriff. Alle genannten
Farbenschläge zeigen dunklere 'Stippen', Flecken oder Sprenkel, wie
immer man die zerrissenen dunkleren Abzeichen auf hellerem Grund
bezeichnen will. Sie stellen Untergruppen dar, von denen Almond
einer der bekanntesten ist.
Almonds
Almond als
Farbenschlag gibt es im Deutschen Taubenstandard nur bei Englischen
Short Faced Tümmlern und in der Bezeichnung Braun- und Gelbstipper
mit ähnlichen Anforderungen bei Dänischen Tümmlern. Auch einige
Orientalische Roller erfüllen weitgehend die Anforderungen. Die
Körpergrundfarbe ist almondfarbig, d.h. braun-gelb. Darauf finden
sich schwarze Sprenkel oder gleichbedeutend Stippen. Handschwingen
und Schwanzfedern sollen bei Short Faced dreifarbig mit den Farben
Almond, Schwarz und Weiß mit deutlichen Abgrenzungen der Farbflächen
voneinander sein. Hier sind die Anforderungen bei Dänischen Tümmlern
moderater.
Abb. 1:
Almondfarbe bei Englischen Short Faced und einem Orientalischen
Roller (im Standard 'Vielfarbig') und Musterfedern im Schwanz eines
Short Faced, Quelle: Sell, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015
Komplementärfarben der Almondzucht
Genetisch sind
almondfarbene Täuber immer spalterbig für den Stipperfaktor St, der
u.a. die Farbkontraste auf den einzelnen Federn bewirkt. Reinerbige
St//St sind farblich weiß und haben Vitalitätsprobleme. Daher werden
keine zwei Almonds, sondern Almonds mit den Komplementärfarben Kite
und Agate verpaart (siehe die folgende Abb. 2). Kites sind dunkel
schwarz-braune Tauben mit Bronzeglanz. Das ist die Farben des Milan,
englisch 'kite'. Agates sind intensiv gefärbte rezessiv Rote, die im
Schildbereich und gelegentlich im Kopfbereich mit der Mauser weiße
Federn erhalten. Goldun und Gelbagate sind die Verdünntfarben davon.
Der Farbenschlag DeRoy ist nicht nur wegen der eigenartigen
Schreibweise etwas Besonderes unter den Nebenfarben, sondern auch,
weil er, wie Almond, den Stipperfaktor in Mischerbigkeit hat.
Farblich liegen DeRoy zwischen Rot und Gelb (cord-duroy, eine alte
englische Bezeichnung für ein Tuch). Die Schwingen sind etwas
stärker aufgehellt, ähnlich einer Finkenzeichnung. Oft zeigen sich
dunklere mahagonifarbene Stippen im Körpergefieder. Soweit Bilder
oder zuverlässige Beschreibungen aus alter Zeit vorliegen, waren
DeRoy einfarbig und ohne Weiß im Schild.
Abb. 2: Almonds
und die Nebenfarben der Almondzucht am Beispiel der Nachzucht aus
der Verpaarung Almondtäuber x Kite-Täubin, Quelle: Sell, Genetik der
Taubenfärbungen
Die genetische
Erbstruktur von DeRoy wurde erst in den 1930er Jahren durch Christie
und Wriedt gefunden. Davor wurden sie teilweise mit Agates
zusammengeworfen. Das erklärt einen Teil der nicht zutreffenden
Aussagen zur Vererbung in der alten Literatur. Rot- und Gelbagate
sind keine Schecken, obwohl sie im Alter einen Farb-Weiß-Kontrast
zeigen. Sie verlassen einfarbig das Nest und erhalten dann im Schild
mehr oder minder weiße Federn, was bis zur Weißschildigkeit führen
kann. Schwingen und Schwanz bleiben farbig. In Ausnahmen wirkt sich
der Weißfaktor bei einigen Tieren nicht aus. Sie bleiben einfarbig,
was - wenn sie aus Almondstämmen kommen - ihren Zuchtwert nicht
mindert. Dieser Weißfaktor zeigt sich nur bei Rezessiv Rot und damit
bei Agates. Er wird nicht auf Farbenschläge mit schwarzer Grundfarbe
übertragen. Diese zeigen in reinen Stämmen kein Weiß.
Kites und Golddun
sowie Almonds, und in der Erfahrung des Verfassers auch DeRoy aus
reinen Stämmen, zeigen kein Weiß im Schild. Heutige DeRoy mit Weiß
im Schild deuten nach eigener Einschätzung auf Scheckweiß und
Tigerung durch Paarungen mit almondfremden Farbenschlägen hin. Das
sind Faktoren, die bei Schwarzen und bei einfarbig Roten und Gelben
bei anderen Rassen zu Tigern führen.
Einpaarungen
anderer Farbenschläge in Almond-Stämme
Einpaarungen
anderer Farbenschläge in Almondstämme mögen zum Vitalitätserhalt
beitragen. In der Folge werden einige Tiere für Faktoren wie 'Kite',
die dunkle Hämmerung etc. nicht mehr reinerbig sein. Der Anteil gut
gefärbter Almonds wird niedriger als vor der Einpaarung sein. Der
Anteil ist auch bei Paarungen mit den Komplementärfarben nicht hoch.
Er schwankt bei der Verpaarung von Almond x Komplementärfarbe
zwischen 25% und 50%. Wenn man einen Almond mit einem Kite verpaart
und beide Partner mischerbig für rezessives Rot sind, dann werden es
6/16 oder 37,5% sein. Vor Jahren schrieb ein Züchter Orientalischer
Roller, bei denen einige Züchter auch die Almondfärbung anstreben,
er habe erfolgreich blaue Orientalen in die 'Vielfarbigen'
eingebracht. In der ersten Generation und bei einer Rückpaarung an
den Almondstamm sind nachteilige Folgen auch nicht unbedingt zu
erwarten. Die daraus gezogenen Jungtiere sind in der ersten
Generation und nach der Rückpaarung an Vielfarbige nur noch
mischerbig für die für die korrekte Almondfärbung wichtigen Gene für
die dunkle Hämmerung und den Bronzefaktor Kite. Wenn im
unglücklichen Fall in späteren Generationen zwei solcher Tiere
miteinander verpaart werden, dann wird man bei sonstigen gleich
Voraussetzungen den oben genannten Prozentsatz von 37,5 auf 21%
drücken können. Wenn Spassvögel dann noch Scheck- und
Schimmelfaktoren wie Rosflügel und Schildtiger einkreuzen, dann
macht man die Almondzucht wirklich zu einem Lotteriespiel mit den
bei Lotterien üblicherweise geringen Gewinnaussichten.
Auch bei
Englischen Short Faced wurden neue Farbenschläge wie Andalusier und
Indigo, Reduced, Dominant Opal u.a. erzüchtet. Auch einfarbige
Schwarze und Weiße und Schimmelvarianten wurden gezeigt. Gute
schwarze 'Mottles', wie man die Rosettentiger (einige weiße Federn
rosenförmig auf der Schulter angeordnet und weißes Schulterdreieck)
in England nannte, wurden bisher nicht gezeigt. Diese waren schon
zur Zeit Fulton's, der sich ausführlich mit ihnen beschäftigte, sehr
selten. Entstanden waren sie aus Schwarzgetigerten, die bei den
Niederländischen Hochfliegern neben den Rosettentigern als
Schildtiger anerkannt sind und eine Vorstufe zu Weißschildern
darstellen. In Unkenntnis der genetischen Zusammenhänge wurde
Schwarze im 19. Jahrhundert mit Weiß im Schild als 'Schwarz-Agate'
bezeichnet, obwohl der für das Weiß der roten und gelben Agate ein
ganz anderer Faktor verantwortlich ist. Der Begriff mag nostalgisch
positiv besetzt sein. Genetisch war er damals schon nicht zutreffend
und ist es auch heute nicht. Er wird dennoch von Züchtern verwendet
und auf der 'Grand National' 2015 in Ontario 12015 wurde eine 'Dun
Agate' sogar zum Champion gekürt.
Abb. 3: Dun Mottle
oder Schildtiger als Dun-Agate ausgestellt (links), und Almond mit
einer ähnlichen Tigerung (Beispiel aus dem Internet)
Der Begriff
täuscht vor, dass es sich um den gleichen Faktor wie bei Agates
handelt. Er kann Anfänger und genetisch unbedarfte Züchter zum
unbedachten Kreuzen verleiten, die Schimmel- und Weißfaktoren
unerwünscht in Almonds übertragen. Das scheint bei einem durch einen
Züchter gezeigten Jungtäuber der Fall zu sein. Nun gibt es Anfänger
in der Almondzucht leider kaum noch. Man sollte den wenigen, die es
gibt, den Einstieg und ein Verständnis für das Verhältnis der
Farbenschläge zueinander dennoch nicht unnötig schwer machen.
Die meisten
Taubenzüchter haben leider ein begrenztes Wissen über die Genetik.
Dabei könnten sie sich leicht in die Materie einarbeiten. Mit einer
guten Vorlage sollte man einen Vormittag in 'Wissenszuwachs'
investieren. Das Grundkonzept mit dem Instrument der Punnettschen
Vierecke kann an einfachen Beispielen eingeübt und verinnerlicht
werden. Dann kann man auch leicht nachvollziehen, was bei der
Verpaarung von Almonds mit den Nebenfarbenschlägen zu erwarten ist
und die in Abb. 2 nachvollziehen. Ein großer Nutzen dieser
'Investition' liegt darin, dass man mit dem Instrumentarium auch
andere Erscheinungen erklären kann.
Sell, Axel,
Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015
Sell, Axel, Pigeon Genetics, Achim 2017
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