Eine neue Rasse, Variante einer Rasse oder Ausschlussfehler?
A New Breed, Variation of an Existing Breed or
Severe Deficiency?
Die
abgebildeten Tauben wurden auf einem Taubenmarkt zum Verkauf
angeboten. Sie gehörten zu einer ganzen Gruppe, die alle diese
merkwürdig zerschlissenen Federn im Körperuntergefieder und die sich
nicht flach entfaltenen Schwanzfedern zeigten. Bei Einzeltieren
findet man ähnliche Erscheinungen gelegentlich, auch als Folge von
Krankheiten, in dieser Häufung aber kaum einmal. Mit
Seidenfiedrigkeit bis hin zu stacheligen, sich nicht öffnenden
Federn bei 'Porcupine', sind etliche Abweichungen der
Federbeschaffenheit vom Wild-Typ bekannt, sie sind mit dieser Art
aber nicht identisch.
Abb.
1: Danziger Hochflieger mit Schwanzfederabnormitäten
Wie
solche Tauben in den Kanon der Taubenrassen einzuordnen sind, ist
eine interessante Frage, an der man versuchen kann herauszufinden,
wie man überhaupt Rassen definieren und voneinander abgrenzen kann.
Was eine Rasse ausmacht, das hat schon zu jeder Zeit die
Taubenzüchter beschäftigt. Und der Ehrgeiz, die eigene Region oder
Heimatstadt mit dem Namen einer Taubenrasse zu verbinden, hat schon
oft seltsame Blüten getrieben (vgl. dazu auch das Kapitel über die
Abgrenzungen von Rassen im Buch 'Taubenrassen'). Unterschiedliche
Strukturmerkmale findet man innerhalb vieler Rassen nebeneinander.
Man spricht in solchen Fällen von Varianten innerhalb einer Rasse.
So gibt es bei Eistauben Glattfüßige und Belatschte als
unterschiedliche Varianten. Nönnchentauben dürfen glattköpfig oder
rundhaubig sein. In anderen Ländern gibt es seidenfiedrige
Pfautauben. Federstrukturunterschiede alleine machen also meist noch
keine Rasse aus.
Varianten belatscht und glattfüßig bei Eistauben (Quelle: Axel Sell,
Taubenrassen 2009)
Bei
den Wammentauben bilden die Gelockten dagegen eine eigene Rasse.
Leicht unterschiedliche Formulierungen zur Körperhaltung oder
Kopfform tun in diesem und anderen Fällen den Satzungen genüge, die
mehrere Unterschiede zwischen eigenständigen Rassen fordern. Waren
die gezeigten Tauben nun eine neue Variation der Danziger
Hochflieger mit 'gefalteten' und zerschlissenen Schwanzfedern. Warum
keine Danziger mit Dachfedern? Oder kann man, wenn der SV dagegen
protestiert, was er wohl tun würde, daraus eine neue Rasse schaffen?
Oder handelt es sich um Danziger Hochflieger mit Ausschlußfehlern?
Allgemeine Ausschlußfehler sind nach der Musterbeschreibung der
Tauben u.a. "einwandfrei feststellbare Mißbildungen des Gefieders".
Nicht abschließend, aber als Beispiele werden aufgeführt: schiefer,
offener und geteilter Schwanz, Dachfedern im Schwanz und Spaltfedern
und Spaltschwanz. Ausnahmen bestehen ausdrücklich für Rassen, bei
denen Abweichungen im Standard genannt werden. Für eine Schmöllner
Trommeltaube wäre das Fehlen des im Standard geforderten
Gabelschwanzes eher der Ausschlußfehler. Als Danziger Hochflieger
ausgestellt würden die eingangs gezeigten Tiere sicherlich von der
Bewertung ausgeschlossen.
Mißbildungen des Gefieders haben sich inzwischen bei vielen Rassen
eingeschlichen, ohne dass man das Vertreter mit Kniffen, Spalten,
Ansätzen zur Halskrause wurden auch auf den großen Schauen der
letzten Jahre gezeigt und zum Teil hoch ausgezeichnet. Es schien
auch lange niemanden zu stören. Vom Bundeszuchtausschuß (BZA) wurde
jetzt auf der letzten VDT-Hauptversammlung die Zunahme von
Halsspalten seitlich und vorn als 'schleichendes Problem' erkannt.
Auf dieser Homepage und auch im Buch 'Pigeon Genetics' wurde in der
Vergangenheit bereits vor Jahren darauf hingewiesen.
Gefiedermißbildungen auf den Ausstellungen (Quelle: Axel Sell,
Pigeon Genetics 2012).
Bei
einigen Rassen mit ausgeprägter Federfülle, wie z.B. Englische Long
Faced Tümmler, fällt es auf manchen Schauen schwer, überhaupt noch
einen Vertreter ohne diese Merkmale zu finden. Inzwischen wurde
diese Mißbildungen in einigen internationalen Taubenzüchterforen
schon als Besonderheiten positiv hervorgehoben, vielleicht wechseln
einige Rassen in einigen Jahrzehnten in die Gruppe der
Strukturtauben.
Literatur:
A New Breed, Variation of an Existing Breed or
Severe Deficiency?
The pigeons shown in Fig. 1 were offered at a pigeon market in North
Germany for sale. They belonged to a group, which had all these
strange tattered feathers in the lower body plumage and untypical
tail feathers. It is not uncommon to find such phenomena in
individuals, and they may be traced back often to malnutrition or
severe illness, however, usually it is not seen in this
accumulation. With Silky up to Porcupine several variations of
feather structures exist but they are not identical with this type.
It is an interesting question how these pigeons are to be classified
in the canon of fancy breeds. Different structural features can be
found within many breeds side by side. Those are called variations
within a breed. So there are Ice Pigeon clean legged and muffed,
German Nuns plain-headed and shell crested. In other countries silky
Fantails exist. Dewlaps with small curls on the other side are
considered a separate breed. Slightly different formulations for
posture or head shape do in this and other cases to qualify them to
be called a different breed.
Are the pigeons shown at the market now a new variation of the
Danzig Highflyers with a 'folded' and tattered tail? Or, if the
Special Club will oppose, what is what he probably will do, may they
be the base to create a new breed? Or are they simple Danzig
Highflyers with faults or shortcomings that exclude them from the
shows? Such exclusion faults are according to the Book of Standards
inter alia identifiable malformations of plumage, and as examples
lop-sided tail, open and split tail, roof feathers in the tail,
split tail, etc. Exceptions are made expressly for breeds where
deviations are mentioned in the standard. For Schmöllner Trumpeter
the absence of the required standard fork tail would rather be the
exclusion error. Shown as Danzig Highflyer the birds from the pigeon
market would for sure be disqualified due to serious malformation.
Malformations of the plumage, however, are not exceptional in many
breeds. Representatives with different malformation like vertically
cease on the breast, feather ornaments like small frills, etc. were
shown on the big shows of recent years and awarded partly high. It
seemed to have not disturb anyone for a long time. From the
Committee responsible for standard affairs in Germany now on the
last General Meeting of the German Association of Pigeon Breeders
the increase of such malformation was recognized as 'creeping
problem'. On this website and also in the book 'Pigeon Genetics' the
topic was still discussed several years ago. In some breeds such as
English Long Faced Tumblers, it is hard on some shows, even still to
find a representative without these features. Meanwhile, the adverse
structure was even highlighted positively in some international
pigeon breeders forums as a specific. Perhaps some breeds may change
in a few decades to the group of structure pigeons.
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