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Rote und gelbe Spiegelschwänze und der ‚Lebanon Bronze Stencil-Faktor‘ bei Joe Quinn

So ausgeprägt wie bei der Libanontaube sind die tiefrote Färbung und der Kontrast zur rein weiß erscheinenden Schwanzbinde nur bei wenigen anderen Rassen, z.B. bei geelsterten Sternschwanztümmlern und Wolgatümmlern.

   

Abb. 1: Rote Libanontaube und roter spiegelschwänziger Wolga Tümmler

Viele Züchter sind allerding nicht anspruchsvoll. Spiegelschwänze bei schwachen Färbungen treten bei dominant roten Tauben auch ohne züchterische Aktivitäten auf. Auch solche Tiere werden als Spiegelschwänze gezeigt und bewertet.

   

Abb. 2: Dominant rote Deutsche Schautaube und roter Rschewer Sternschwanztümmler (Quelle: Sell, Pigeon Genetics 2012, S. 217)

Um eine gleichzeitig intensive und kontrastreiche Färbung zu erreichen, sind weitere Faktoren notwendig. Joe Quinn vermutete einen rezessiven Faktor, den er ‚Lebanon Bronze Stencil‘ nannte. Ein besonderer Faktor und eine besondere Namensgebung. Der Faktor soll als ‚Enabler‘ wirken und ermöglichen, dass Spiegelschwingen und Schwänze bei brieftaubenroten Tauben erscheinen (S. 79). Als Nebeneffekt wird vermutet, dass der Faktor bei einer Übertragung auf Tauben mit schwarzer Grundfarbe, etwa dunkle Blaue, sich in einem leichten Bronzeton auswirkt. Bei dem Versuch, die Existenz eines weitgehend unsichtbaren Erbfaktors nachzuweisen, tut man sich nicht unerwartet schwer.

Paul Gibson schloss aus seinen Versuchen, bei denen Dominant Rote mit  Branderbronze (Abb. 3) sowie dunkelgehämmerte Weißflügel-Gimpel und Roller auch ohne Kreuzungen mit Spiegelschwänzen ähnliche Erscheinungen erzeugten (S. 90), dass es keinen Faktor Libanon-Bronze gäbe. Andere Bronzefaktoren könnten den Part übernehmen.

Abb. 3: Dominant roter Brander-Bronze (Quelle: Gibson 1995, S. 91)

Methodisch und logisch ist die Schlussfolgerung allerdings nicht haltbar. Selbst wenn die Färbung sehr ähnlich sein sollte, ist das kein Beleg für die Behauptung, es gäbe den Faktor nicht. Ein Gleichnis: Daraus, dass Blaufahlgehämmert x Schwarz auch Dun mit einer ähnlichen Färbung wie Braun ergibt, kann (und sollte) man nicht schließen, dass das Gen ‚Braun‘ nicht existiert. Gemeint ist bei Quinn der Faktor, der bei der Libanontaube zusammen mit dem dominanten Rot zum Libanonphänotyp führt. Einige scheinen die Frage, welche Faktoren diese Spiegelschwänze haben, mit der Frage zu verwechseln, ob Kombinationen anderer Erbfaktoren eine ähnliche Färbung erzeugen können. Es geht auch nicht um die Frage, ob die Bezeichnung glücklich gewählt ist oder nicht

Es gibt mehr Berichte zur Vererbung als den meisten bewusst scheint. Eigene schon dokumentierte Tests zeigten u.a. in der F2 aus Wolgatümmler x Blaugehämmert ohne Bronzehintergrund bei den 8 Weibchen mit schwarzer Grundfarbe einige mit kitesähnlichen Bronzetönen. Der getestete Wolgatümmler hatte daher einen Bronzefaktor, der sich bei schwarzer Grundfarbe auswirkt und von der roten auf die schwarze Grundfarbe übertragen werden konnte. Von den 23 Brieftaubenroten der F2 zeigte keines eine weiße Schwanzbinde, die Schwänze waren aschfahl und nicht rot.

Abb. 4: Ergebnisse der Kreuzungen von Wolgatümmler x Blaugehämmerte Täubin ohne Bronzehintergrund. (Quelle: Sell, Pigeon Genetics 2012, S. 217)

Mit Gimpeltaubenbronze wurde auch schon experimentiert, nicht nur durch Gibson, der mit Weißflügeln kreuzte. Bei den eigenen Paarungen wurde eine Täubin mit schwarzer Grundfarbe eingesetzt. Einige der F2 aus Wolgatümmlertäuber x Pale-Blaugehämmert mit Gimpelbronzehintergrund zeigten rot gefärbte Schwänze und darauf eine deutlich abgesetzte weiße Schwanzbinde (Abb. 5). Die Ergebnisse waren deutlich anders als beim ersten Test.

Abb. 5: Jungtiere der F1 (oben) und F2 (unten) aus Wolgatümmler x Pale-Blaugehämmert mit Gimpeltaubenhintergrund (Quelle: Sell, Genetik der Taubenfärbungen 2015)

Ein Zeichen dafür, dass in dem Wolgatümmler das Gimpeltaubenbronze steckt? Aus beiden Tests zusammen folgt das Gegenteil. Es ist der Effekt des Gimpeltaubenhintergrunds der Pale-Blaugehämmerten in der zweiten Paarung. Die erste Kreuzung zeigt, dass ein roter Wolgatümmler auch ohne die Faktoren der Gimpel die korrekte Färbung haben kann.  

An Genetik interessierte Züchter sollten bei Kreuzungen vorsichtig sein. Durch Kreuzungen mit Gimpeln und Einbringung der Nachzucht in die Linie wird sich der Genpool der Rasse ändern. In einigen Jahren werden möglicherweise einige Züchter dann berichten, sie hätten bei Kreuzungen, oder andere hätten bei molekulargenetischen Analysen entdeckt, dass in ihren Spiegelschwänzen Gimpeltaubenfaktoren stecken. Nicht alles was drin steckt, ist in manchen Fällen wirklich erforderlich.

Literatur:

Gibson, Lester Paul, Genetics of Pigeons Columba livia (Gmelin), 1993

Quinn, Joe, The Pigeon Breeders Notebook. An Introduction to Pigeon Science, 1971.

Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015.

Sell, Axel, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012.