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Schimmel und Eulige

Eine Besonderheit bei Berliner Tümmlerrassen und einigen anderen Rassen sind Eulige. Eulig ist mehr als nur eine andere Bezeichnung für Schimmel. Eulige unterscheiden sich auch äußerlich. Die einzelnen Federn im Schild sind leicht gesäumt oder gerändert, ohne dabei geschuppt oder zu geflammt zu werden, wie Eugen Heyger = Berlin schon im Sammelband von Lavalle und Lietze 1905 schreibt (Abb. 1, 2). In der MB wird von gleichmäßiger mehr oder weniger feiner pfeffriger Mischung und hellerem oder dunklerem Federsaum gesprochen. In Klammern dazu gesetzt: ohne gesäumt oder geschuppt zu wirken. Dadurch entsteht die Ähnlichkeit der Blaueuligen zu Eulen mit ihrem oft grau-weiß durchmischten Federkleid. Die Farbe des Kopfes und des Halses soll nach Heyger dieselbe wie auf den Flügeldecken sein (S. 342).

 

Abb. 1: Berliner Euliger Weißschwanz im Sammelband von Lavalle und Lietze (1905) und Deutscher Langschnäbliger Tümmler Weißschlag-Weißschwanz blauschimmel (eulig)

Wie bei den Prager ‚Eulen‘ (Prager euligen Tümmlern), von denen die Färbung auf die Berliner Kurzen übertragen wurde, gibt es in der Färbung Abstufungen zwischen dunkler und heller eulig. Bei den ebenfalls auf Prager Tümmler zurückgehenden Stettiner Tümmlern findet sich die Unterscheidung hell- und dunkeleulig in dem ersten deutschen inoffiziellen Standardwerk für Taubenrassen, bei Schachtzabel 1910. Er unterscheidet bei diesen noch einmal Weißbrüstige von anderen (Abb. 6, 7). Die hellere Randung im Flügelschild als Unterschied zu typischen Schimmeln dürfte auf einen bisher nicht näher untersuchten modifizierenden Faktor zurückzuführen sein. Genetisch sind Blaueulige damit Blaubindige mit dem Schimmelfaktor und zusätzlichen Modifikatoren. Dirty macht auch einen optischen Unterschied und verstärkt den eulenartigen Eindruck.

Eine optisch helle Randung kommt auch ohne Schimmelfaktor bei blauen Brieftauben vor, worauf Graham Manning in einer Genetik-Gruppe im Internet aufmerksam gemacht hat. Eine ähnliche helle Randung wurde bei bindigen Rubella auf hellblauem Flügelschild beobachtet. Aus der Distanz ähnlich wirkt Sooty, mittige Flecke in den Schildfedern (Abb. 5).

                      

Abb. 2: Berliner Kurze blau und blaueulig

So wie Blaubindige mit dem Schimmelfaktor und ggf. weiteren Modifikatoren zu Blaueuligen werden, werden Perlfarbige durch diese Modifikatoren zu ‚Perleuligen‘ (Abb. 3).

 

Abb. 3: Berliner Kurze perlfarbig und perl-eulig

Die Bezeichnung Eulig‘ findet sich auch bei den Isabellen (Khakifahlen). Tauben mit den Modifikatoren sind ‚Isabelleulige‘ (Abb. 4). Durch die Verwandtschaft mit den Blau- und Perleuligen werden sie dieselben modifizierenden Faktoren besitzen. Bei der hellen Grundfärbung treten sie aber nicht so stark in Erscheinung.

 

Abb. 4: Berliner Kurze isabell und isabell-eulig

Braunfahle und Braunfahl-Eulige sind bei Berlinern nicht im Standard enthalten. Man kann sie aber leicht durch eine systematische Verpaarung von Isabellfarbigen (= verdünntfarbene Braunfahle) mit Blauen und Blaueuligen erhalten. Beide Farbenschläge könnten problemlos mit den anderen Farbenschlägen verpaart werden und gehen der Zucht und der Rasse nicht verloren. Bei der Verpaarung der Farbenschläge untereinander ist zu beachten, dass die braune Grundfarbe der Isabellen geschlechtsgebunden rezessiv vererbt wird. Das gilt auch für den Verdünnungsfaktor, den die Perlfarbigen und die Isabellen haben, seien sie nun eulig oder nicht. Der dominante Schimmelfaktor der Euligen wird aber nicht geschlechtsgebunden vererbt (Sell 2015).

Interessant kann ein vergleichender Blick auf Blauschimmel bei anderen Rassen sein. So auf die Schimmel bei Romagnoli ohne Ränderung der Federn im Schild. Eine eulig-artige Färbung entsteht bei Schimmeln durch eine leichte Hämmerung. Sie entsteht auch durch den Sooty-Faktor mit dunklem Fleck an der Federfahne des Schildes, wie beim blauen Deutschen Langschnäbligen Weißschlag-Weißschwanz und dem als Schimmel ausgestellten Portugiesischen Tümmler in Abb. 5.

   

Abb. 5: Blauschimmel Romagnoli, Deutscher Langschnäbliger Tümmler Weißschlag Weißschwanz blau mit Sooty, Portugiesischer Tümmler blauschimmel-sooty, Show Homer blauschimmel mit flächigerer Form von Sooty.

Bei Stettiner Tümmlern sind heute im Standard sowohl Eulige als auch Schimmel anerkannt. Diese Schimmel dürften den schon bei Schachtzabel 1910 neben den Dunkeleuligen aufgeführten Helleuligen‘ entsprechen. Helleulige sind auch noch im Standard von 1954 unter dieser Bezeichnung enthalten, bevor sie in Schimmel umbenannt wurden.

Abb. 6: Historische Abbildung Stettiner Tümmler bei Schachtzabel 1910, abgedruckt in Sell, Pommersche Taubenrassen. Naturdenkmale aus Pommern – Pigeon Breeds from Pomerania, Achim 2010.

Gezeigt wurde, dass unterschiedliche Benennungen für Farbenschläge bei Taubenrassen nicht nur mit einem regional abweichenden Sprachgebrauch zu tun haben. Sie weisen bei ‚Eulig‘ auf Unterschiede hin, die genetisch bedingt sind und das gemeinsame Erbe miteinander verwandter Rassen darstellen. Wenn man bestimmte Farbenschläge verstehen und ihnen bei der Beurteilung und Zuchtausrichtung gerecht werden will, dann ist es nicht nur nützlich, sondern unverzichtbar, sich auch mit der Entwicklung der jeweiligen Rassen und den historischen Beziehungen zu befassen.

  

Abb. 7: Cover des Buches ‘Pommersche Taubenrassen. Deutschsprachig mit englischsprachigen Zusammenfassungen und Standards für die einzelnen Rassen.

Literatur:

Klein, Erich, Berliner Tümmlerrassen, Chemnitz 1920.

Lavalle, A., und M. Lietze (Hrsg.), Die Taubenrassen, Berlin 1905.

Schachtzabel, E., Illustriertes Prachtwerk sämtlicher Taubenrassen, Würzburg o.J. (1910).

Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015.

Sell, Axel, Pommersche Taubenrassen. Pigeon Breeds from Pomerania, Achim 2010.