Tauben auf der
Junggeflügelschau Hannover am 19. und 20. Oktober 2012
Pigeons at the Poultry Show in Hannover 19-20
October 2012
Wie in jedem Jahr spielen auf der Junggeflügelschau
Hannover Hühner und Zwerghühner und anderes Geflügel eine Haupt-, und
Tauben eher eine Nebenrolle. Bei den Tauben liegt das allein schon an dem
relativ frühen Ausstellungstermin. Dennoch waren in der Allgemeinen
Abteilung rund 2300 Tauben gemeldet, dazu kamen noch ansprechend
präsentierte Stämme und Volieren.
Aus züchterischer Sicht sind die Neuzüchtungen auf
den Bundesschauen immer ein Anziehungspunkt. Gezeigt in der Sichtung
wurden diesmal erneut die bereits im Vorjahr vorgestellten und auf dieser
Homepage im Hinblick auf die Nähe zu Carneau-Tauben und anderen Rassen
kommentierten einfarbig roten Mittelhäuser.
Mittelhäuser rot in der Sichtung
Wohl erstmalig zur Sichtung standen
Altdeutsche Mövchen braunfahlgehämmert. Braunfahle mit Binden sind in
der Rasse anerkannt, so dass sie bereits einen in der Rasse verankerten
Anschlussfarbenschlag für potentielle Verpaarungen vorfinden. Die Züchter
wissen aber auch bei Kreuzungen mit blaubindigen und blaugehämmerten
Tauben umzugehen. Bei Tauben, bei denen bis auf das Schild das Gefieder
weiß ist, ist es oft nicht einfach, die hinter der Färbung liegenden
Erbfaktoren zu identifizieren. Das gilt vor allem dann, wenn keine zum
Vergleich geeigneten Tiere daneben stehen. Das wurde auf der VDT-Schau in
Leipzig im Vorjahr den vorgestellten Blaufahlgehämmerten zum Verhängnis,
die irrtümlich als Braunfahlgehämmerte und damit als nicht anerkannt
angesprochen wurden. Ein Foto eines Blaufahlgehämmerten von der VDT-Schau
in Leipzig 2011 macht den Unterschied von blaufahlgehämmert zu den hier
korrekt als braunfahlgehämmert vorgestellten Tieren deutlich.
Altdeutsche Mövchen braunfahlgehämmert in der Sichtung und
blaufahlgehämmert (Leipzig 2011) zum Vergleich
Interessant waren auch die als „silber“ vorgestellten
Memeler Hochflieger, die in dieser Färbung eine lange Tradition
besitzen. In der von Günter Stach herausgegebenen Ausgabe des
Illustrierten Prachtwerks sämtlicher Taubenrassen von Emil Schachtzabel
aus dem Jahr 1925 findet sich unter den aufgezählten Farbenschlägen auch
„Silberfahl, mit und ohne Binden“. Ein „silberfahles Tier“, ohne Binden,
allerdings mit leicht gelblicher Brust, wird auf Tafel 99 abgebildet, ohne
dass sich dort allerdings eine Festlegung auf eine Farbenschlagbezeichnung
findet. Was sich genetisch hinter den gezeigten „Silber“ versteckt, das
ist nicht so offensichtlich. Die wesentlichen Faktoren sind vermutlich
Brieftaubenrot und Farbausbreitungsfaktor, eine Variante der Aschfahlen.
Einfarbige Silberne, die man mit dem Faktor Milky in Kombination mit dem
Farbausbreitungsfaktor ziehen kann, sind es sicherlich nicht. Denn sonst
wären in der Rasse gelegentlich auch Milky mit Binden angefallen, wie man
sie in Hannover bei Indischen Pfautauben sehen konnte. In anderen Rassen
sind viele vermeintlich Silberne genetisch meist Aschfahle (Rotfahle mit
Farbausbreitungsfaktor), wobei sich bei diesen meist, aber auch nicht
immer, etwas Rotfahl im Halsbereich zeigt.
Memeler Hochflieger „silber“ in der Vorstellung, Lahore (Spread
Milky) und milky Indische Pfautaube
Bei Show Racern findet man ganz helle
Varianten häufiger. In dieser Rasse sieht man unter den Rot- und
Aschfahlen auch viele Übergänge von Rot- und Aschfahlen bis zu ganz hellen
„Silberlingen“. Es kann aber für solche Färbungen ganz andere Erklärungen
geben. So ruft der Erbfaktor Platin in Verbindung mit dem
Farbausbreitungsfaktor und weiteren modifizierenden Faktoren ebenfalls
ganz helle silbergraue Färbungen hervor, und das nicht auf der Basis einer
dominant roten, sondern auf einer genetisch schwarzen Grundlage. Einige
Varianten werden im Buch „Vererbung bei Tauben“ besprochen und abgebildet
und hier zum Vergleich noch einmal gezeigt.
Show Racer rotfahl mit
Binden mit Silbereffekt; Show Racer, aschfahl mit starkem Silbereffekt und
Pommersche Schaukappe Silbergrau-platin, Platin plus modifizierende
Faktoren (Quelle: Axel und Jana Sell, Vererbung bei Tauben, Oertel und
Spörer, Reutlingen 2004, S. 49, 116, 117).
Die Züchter der Memeler Hochflieger mögen mehr über
die genetischen Grundlagen ihrer Tauben wissen. Mit wenigen Testpaarungen
ließe sich die Frage des genetischen Hintergrundes klären.
Die größte Gruppe in der Allgemeinen Abteilung
stellten die Deutschen Modeneser. Der Sonderverein stieg mit 341 Tieren im
100. Jahr des Sondervereins in die Schausaison ein. Gezeigt wurden
hochwertige Tiere in allen drei Hauptgruppen, den Gazzi, den Schietti und
den Magnani-Vielfarbenen, die hier mit 21 Nummern gezeigt wurden.
Interessant ist bei den Vielfarbenen der Variantenreichtum, jedes Tier ist
ein Unikat, der Unterschied zwischen meist dunkleren Alttäubern und
helleren Jungtäubern, die meist geringer mit Schwarz durchsetzte
Täubinnenfärbung.
Deutsche Modeneser Magnani-Vielfarben: 1,0 alt, 1,0 jung
und 0,1 jung (von links)
Farbentauben sind auch im Norden traditionell gut
vertreten. So fanden sich schöne Kollektionen von Thüringer, Süddeutschen
und Sächsischen Farbentauben. Bei den Süddeutschen wurden die Echterdinger
Farbentauben noch einmal besonders herausgestellt. Die größte Kollektion
bei den Farbentauben stellten aber die Gimpeltaubenzüchter mit 108
Nummern. Bestechend der Kontrast bei den hoch herausgestellten
Schwarzflügeln mit Grünglanz im Schild und Rotglanz im
Körpergrundgefieder.
Werbestand des SV der Züchter Süddeutscher Farbentauben
Gruppe Nord, Kupfergimpel Schwarzflügel
Bei den größeren Taubenrassen waren Luchstauben mit
60 Nummern am besten vertreten, Texaner stellten 48 Nummern, Mährische
Strasser überflügelten mit 46 Nummern die gezeigten 44 Strasser, 42 Modena
und 36 Kingtauben. Bei den Strassern und auch bei einigen anderen großen
Rassen zeigten wiederum mehrere Tiere Federabnormitäten, wie Kniffe und
Falten, im Kopfbereich.
Texaner 1,0 für die Schwarz- und Blauzucht, Kingtaube weiß,
Strasser schwarz
Bei den Modena waren ausschließlich Schietti
gemeldet, darunter jeweils sechs der traditionellen Farbenschläge Blau mit
bronze Binden und Blau-Bronzegehämmert. Im Bronzeton einige etwas
strahlender als andere. Alle in den Schwingen korrekt blau gefärbt, was
hier nur betont wird, weil in den USA darüber diskutiert wurde, ob sich
das Bronze bei Modenas nicht auch auf die Schwingenspitzen erstrecken
sollte. Darüber wurde auf dieser Homepage bereits vor längerer Zeit
berichtet. Ob die auch gezeigten rotfahlgehämmerten Schietti genetisch den
Bronzefaktor besitzen, ist äußerlich nicht zu erkennen, da das dominante
Rot den Bronzefaktor, wenn er denn vorhanden ist, überdeckt. In dieser
Gruppe stand auch der mit V und dem Blauen Band ausgezeichnete Jungtäuber.
Modena blau-bronzegehämmert und rotfahlgehämmert
Bei den großen Huhntauben auffallend gleich 15 blaue
Huhnschecken und daneben Malteser, die in Hannover auch oft in sehr guter
Qualität vertreten sind.
Huhnschecke blau mit Binden, Malteser blaugehämmert
Bei den Brieftaubenartigen fanden sich u.a. 88
Deutsche Schautauben, knapp dahinter rangierten von der Tierzahl her Show
Racer mit 75 Nummern. Schön anzusehen waren in dieser Kollektion die
zahlreichen Fleckenschecken, darunter auch ein Andalusierscheck. Auch
Genuine Homer und Indianer in sehr guter Qualität machten wieder auf sich
aufmerksam.
Show Racer Fleckenscheck Andalusier; Genuine Homer rotfahl
mit Binden, Schlesischer Kröpfer Weißplatten schwarz
Bei den Kröpfern stellten die Brünner mit 90 Nummern
die größte Kollektion. Zahlenmäßig knapp dahinter 67 Schlesische Kröpfer
mit gleich 17 Weißplatten, 15 Schwarze und 2 Blaue ohne Binden.
Viele kleinere Tümmlergruppen, darunter auch die
seltenen Breslauer, machten auf sich aufmerksam. Zum 50-jährigen Jubiläum
des Sondervereins waren 12 rote Stargarder Zitterhälse und 10 weiße
Pommersche Schaukappen vertreten, Ostpreußische Werfer fanden sich in der
Stammschau und Jugendgruppe.
Pommersche Schaukappe weiß; Breslauer Tümmler blau mit
Binden
Auch 12 Englische Short Faced wurden gezeigt,
darunter 2 Almonds, 1 DeRoy und 2 Weißköpfe. An die aus dem Mutterland
übernommene englische Schreibweise kann man sich offenkundig auch in
Hannover nicht gewöhnen. Abgeleitet wurde die Bezeichnung deRoy von dem
altenglischen cord-duroy, auch geschrieben corduroy, ein ungebleichter
grober Wollstoff. Die Schreibweise im Katalog (de roy) wird dem Wortstamm
auf jeden Fall nicht gerecht. Wenn man sich schon nicht mit der englischen
Schreibweise deRoy anfreunden kann, dann wäre deroy die bessere Lösung.
„Strohrot“ war die Bezeichnung von Christie und Wriedt 1925. Farblich
handelt es sich um eine Färbung zwischen Rot und Gelb, genetisch um
rezessiv rote Tauben mit dem Stipper- oder gleichbedeutend Almondfaktor.
Englischer Short Faced DeRoy und Almond (von links)
Ein interessanter Höhepunkt für den an
außergewöhnlichen Kombinationen Interessierten fand sich nach 46 Indischen
Pfautauben bei den traditionellen Pfautauben in der AOC. Wie schon im
Vorjahr zu sehen war eine bräunlich gehämmerte Pfautaube mit
Spiegelschwanz und Spiegelschwingen. Beide Merkmale deuten auf die
Erbfaktoren der Blondinetten hin, wobei die bräunliche Hämmerung statt
einer weißen Schuppung bei den Orientalischen Mövchen auf das Fehlen von
aufhellenden Faktoren des Toy-Stencil-Komplexes zurückgeführt werden
könnte. Überraschender dann aber noch das zweite Tier, ein
Andalusierfarbener mit Spiegelschwanz, was darauf hindeuten könnte, das
auch bei dem andern Tier der Faktor Indigo eine Bedeutung hat.
Pfautauben mit Spiegelschwänzen
Da die Andalusierfarbe den Farbausbreitungsfaktor
voraussetzt, der wiederum normalerweise statt der Spiegel eine farbige
Säumung der insgesamt aufgehellten Feder hervorbringt, sind die klaren
Spiegel, wie sie gezeigt werden, mehr als überraschend. Von außen
betrachtet können nur Vermutungen angestellt werden, der Züchter wird mehr
darüber wissen.
Pigeons at the Poultry Show in Hannover 19-20 October 2012
About 9600 numbers were shown in
total, about 2300 of them pigeons. German Modenas with 341 entries were by
far the greatest group, followed by 108 Gimpel-Pigeons.
For genetic interested fanciers
the class for new breeds or new colors of standardized breeds is of main
interest. Like in 2011 self red Mittelhäuser were shown. Brown barred
Old-German Owls are still standardized, now four brown checks were
presented. The difference to “blaufahlgehämmert” (dun check, dilute blue
check) is demonstrated above using a photo of a dun check from the Leipzig
exhibition 2011. A third group in the class for new colorations was
“silver” Memel Highfliers. The coloration most probably is a variation of
Spread Ash, light Spread Ash. Such birds in the past were shown as “Aschfahle”,
the German expression for Spread Ash. A silver-like Spread Ash Racing
Homer and a “silvery” mealy red bar are shown above to show the
similarity. However, silvery colorations may be produced also by a
combination of other traits, e.g. by Platinum plus modifiers. Since barred
milky do not exist in the breed it seems not plausible that the coloration
is the same as in silver Lahore (genetically Spread milky). A few test
matings could settle the question. The coloration exists for long in the
breed. The 1925 edition of the “Illustrierte Prachtwerk sämtlicher
Taubenrasse” from Emil Schachtzabel contains a painting of a similar bird.
The 1925 standard listed “silver with and without bars”, the “silver
without bar” probably were identical with the now Spread Ash.
The AOC contained two remarkable
birds, ribbontailed Fantails. One of them was a brownish ribbontailed
check hen, the other one a beautiful andalusian young cock with quite
distinct mirrors in tails and flights.
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