Schnabellänge bei
Haustauben II –
Beak length II
Die Ergebnisse von
Christie und Wriedt
Für die genetische
Analyse der Schnabellänge wählten Christie und Wriedt Norwegische
Schildmövchen (Petenten) und Dänische Tümmler. Der norwegische Petent
steht nach Aussagen der Autoren den deutschen und englischen
schildgezeichneten Mövchen nahe (S. 240). Christie und Wriedt haben
bewusst darauf verzichtet, bei ihren Kreuzungen extrem kurzschnäblige
Petenten zu verwenden, weil sie um die Problematik der Aufzucht von
Jungtieren bei kurzschnäbligen Tümmlern wussten. Innerhalb der Rasse der
Petenten hatten sie Individuen bis hinab bis zu 13 mm gefunden. Für die
von ihnen eingesetzten Petenten ermittelten sie eine Schnabellänge von
17-20 mm, im Mittel 18,2 mm. Bei Dänischen Tümmlern kamen sie auf 20-24
mm. Wie sie bei Kreuzungen Dänischer Tümmler untereinander feststellen
konnten, kann die Erscheinung etwas wechseln, ohne dass genetische
Unterschiede nachweisbar sind. So gab die Paarung zweier Dänischer Tümmler
mit einer für die Rasse kurzen Schnabellänge von jeweils 21 mm bei 11
Nachkommen 7 mit 22 mm und 3 mit 23 mm, die über das Maß der Alttiere
herausragten. Das 11. Jungtier hatte wie die Eltern eine Länge von 21 mm.
Norwegische Petenten entsprechen nach der angegebenen Schnabellänge etwa
heutigen Altdeutschen Mövchen, für die Andreas Boisits 16 mm ermittelte.
Die beiden Abbildungen
machen deutlich, wie die Ausgangsrassen ausgesehen haben könnten. Neben
dem Altdeutschen Mövchen ist die Zeichnung eines Dänischen Tümmlers aus
dem etwa zeitgleich erschienenen Sammelband von O. Wittig (1925)
abgebildet.
Altdeutsches Mövchen Dänischer
Tümmler, Zeichnung in O. Wittig (Hrsg.), 1925
Bei ihren Messungen
kamen die Autoren zu dem Ergebnisse, dass der Schnabel seine normale Länge
schon mit 4-5 Wochen, also zum Zeitpunkt des Absetzens der Jungtiere
erreicht (S. 258). Für die Felsentaube ermittelten sie im ausgestopften
Zustand eine Schnabellänge von 25 mm bei 5 Tieren und von 24 mm bei einem
Tier, was lang erscheint im Vergleich zu anderen Angaben. Interessant sind
Kontrollmessungen bei ihren eigenen Versuchstieren, nach denen die Messung
im ausgetrockneten Zustand von ursprünglich 22,4 auf 23 mm im
ausgestopften Zustand angestiegen ist.
Ein Paar Petenten
vererbte die Schnabellänge von 18 mm miteinander gepaart recht konstant
mit einem Durchschnitt von 18,2 mm bei 10 Tieren, bei den Dänischen
Tümmlern war es bei 10 Paaren und 64 Jungtieren ähnlich konstant mit einem
Durchschnitt von 22,3 mm, damit sind beide Rassen signifikant voneinander
verschieden.
Der eigentliche Test
erfolgte durch Verpaarung von Tieren der beiden Rassen miteinander, durch
Rückkreuzungen und durch Erzielung einer 2. Generation aus den Tieren der
1. Generation. Dazu verpaarten sie zunächst Petenten mit einer
Schnabellänge von 17-19 mm mit Dänischen Tümmlern mit einer Schnabellänge
von 20-23 mm. Die erste Generation (62 Tiere aus 8 Paaren) und auch die
zweite Generation (59 Tiere aus 8 Paaren) hatte eine Schnabellänge von
18-22 mm.
Die Rückkreuzung an
kurzschnäblige Eltern ergab zu etwa 50% kurzschnäblige Tiere (25 Tiere mit
17mm und 18mm von 58 Tieren aus 8 Paaren) bei einer Spannbreite von 17-21
mm. Die Rückkreuzung an langschnäblige Eltern ergab zu etwa 50%
langschnäblige Tiere (25 Tiere mit 22 mm und 3 mit 23 mm von 53 Tieren aus
7 Paaren) bei einer Spannbreite von 18-23 mm. Die Autoren vermuteten
daraufhin einen einzelnen verantwortlichen Erbfaktor, den sie kurz (ku)
nannten. Die Ergebnisse, insbesondere bei den 59 Tieren der F2
mit ebenfalls nur 18-22 mm und keinem Tier im oberen Segment und einer
sehr ähnlichen Verteilung der Schnabellängen im Bereich von 18-22 mm wie
die F1, deuten allerdings auf mehrere beteiligte Erbfaktoren
hin. Bei nur einem Erbfaktor sollten in der Aufspaltung ein Viertel der
Nachkommen im Segment der Dänischen Tümmler liegen, es sind aber eindeutig
nur 8 Tiere mit gerade 22 mm statt der erwarteten knapp 15.
Tab. 1: Ergebnisse von
Christie und Wriedt
mm |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
22 |
23 |
24 |
Mittel |
Anzahl |
Petenten |
1 |
7 |
1 |
1 |
|
|
|
|
18,2 |
10 |
Dänische T. |
|
|
|
|
2 |
42 |
17 |
3 |
22,3 |
64 |
F1 |
|
6 |
7 |
17 |
24 |
8 |
|
|
20,3 |
62 |
F2 |
|
8 |
11 |
15 |
17 |
8 |
|
|
20,1 |
59 |
F1 X kurz |
1 |
24 |
18 |
14 |
1 |
|
|
|
18,8 |
58 |
F1 X mittel |
|
1 |
3 |
5 |
16 |
25 |
3 |
|
21,3 |
53 |
Summe |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
302 |
Die Einlassung der
Autoren, es könnten auch mehrere modifizierende Faktoren mitwirken, hat
daher Gewicht. Es handelt sich wahrscheinlich nicht nur um einen
„modifizierenden“ Faktor, sondern zumindest um einen zweiten Faktor, der
mehr ist als nur ein modifizierender und sich auch in den Daten
abzeichnet. Modifizierende Faktoren, die man mit begrenzten Möglichkeiten
nicht kontrollieren kann, werden zusätzlich wirken und für die auch bei
Selektion verbleibende Varianz innerhalb einer Rasse verantwortlich sein.
Für die Interpretation nicht günstig ist trotz der beeindruckend großen
Zahl an Nachkommen die durch die noch sehr große Varianz bei den
Ausgangsrassen vorhandene Überlappung in der Schnabellänge bei einigen
Tieren der beiden Rassen. So hatte eine in der Ausgangskreuzung
eingesetzte Dänische Tümmlertäubin genauso eine Schnabellänge von 20 mm
wie auch ein in einer Rückkreuzung eingesetzter Petententäuber.
Literatur: Christie, W. und Chr. Wriedt, Die
Vererbung von Zeichnungen, Farben und anderen Charakteren bei Tauben.
Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre 32 (1923), S.
233ff.
Wird fortgesetzt.
Beak Length II
The
first great analysis on beak length in the domestic pigeon was done by the
Norwegian Christie and Wriedt who published in German language. The beak
length was taken as the difference between the tip of the beak and the
corner of mouth. For their analysis they used Norwegian Petents with a
beak length of 17 to 20 mm (in average 18.2 mm) and Danish Tumblers.
Petents were old fashioned shield owls similar to the today Old German
Owls. To have a rough impression, see the attached photo of an Old German
Owl and the sketch of a Danish Tumbler of that time. The Danish Tumbler in
part had a shorter beak than today and a rather great range, in their bird
from 20 to 24 mm, in average 22.3. The F1 and F2 had
a beak length from 18-20 mm. They also made backcrosses to Petents with an
average of 18.2 mm and to Danish Tumbler with an average of 21.3 mm. From
their results they concluded partial dominance of normal beak length or
partial recessive of the short beak and used the symbol ku. The results
suffer from the great range of beak length in both breeds and an
overlapping of individuals of both groups that makes the classification of
offspring difficult. It is also worth noting that the distribution of the
individuals of the F1 and F2 is very similar and in
both groups individuals above 22 mm are lacking. From the 53 backcross to
Danish Tumblers only 3 definitely were long beaked, 25 of them with 22 mm
overlapping with the offspring of the F1. Thus the authors’
qualification that besides ku one or more modifying factors might be
involved probably is true. According to the general rules, a trait that
causes a great difference to the Wild-type, should get a symbol with
capital letters, thus Ku.
To be continued.
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