Thüringer Kröpfer gemöncht im Wandel der Musterbeschreibungen
Thüringer Kröpfer sind eine alte Taubenrasse, die
ihren Namen erst relativ spät erhalten hat. Bei Dürigen sind sie 1906 noch
in Thüringen gezüchtete spitzkappige Deutsche Kröpfer, also eine lokale
Variante des Deutschen Kröpfers. Bei Schachtzabel werden 1910 schon
Thüringer, Schlesische und Böhmische Kröpfer unterschieden, sie haben aber
die identische Musterbeschreibung und unterscheiden sich nur in den
jeweils vorhandenen Farbenschlägen. Thüringer und Böhmischer Kröpfer
besitzen auf der Tafel 57 im Vergleich zum Schlesischen zusätzlich die
Spitzkappe. Das Kunstwerk im Schachtzabel ist eine Augenweide wie viele
der anderen Kunstwerke von A. Schoener in diesem Werk. Wie das Wort Kunst
aber schon sagt, mehr der Kunst als der Realität verpflichtet. Und das hat
manchmal bekanntlich Tücken und kann sich für die praktische Zucht als
Trojanisches Pferd erweisen, zerstören statt helfen.
Thüringer, Böhmischer und zwei Schlesische Kröpfer (von
links) bei Schachtzabel 1910, Tafel 57
Die Mönchscheckung wird in zwei Varianten
unterschieden. Zum einen gibt es die bei Farbentauben wie den Thüringer
und Süddeutschen Mönchtauben verbreitete Variante mit weißem Kopf, weißen
Schwingen und Schwanz. Das übrige Gefieder einschließlich Unterbauch ist
farbig. Dann gibt es Mönche mit weißem Kopf und weißen Schwingen bei
farbigem Schwanz, u.a. bei Trommeltauben und eben auch bei Kropftauben wie
den Thüringer Kröpfern. Einen weißen Kopf mit weißen Schwingen bei
farbigem Schwanz findet man zudem gut verbreitet bei Rheinischen
Ringschlägern. Ähnlich wie bei den Farbentauben, aber nicht identisch, ist
die Scheckung der „Baldheads“, den Weißköpfen der Tümmlerrassen. In der
deutschen Musterbeschreibung ist das z.B. der Elbinger Weißkopf. Bei
diesem ist auch der Unterbauch weiß. Ein weiterer Unterschied zu den
Thüringern sind die bei diesen Rassen geforderten Perlaugen, gelegentlich
tritt als Fehler aber auch bei ihnen ein dunkles Auge, ein „Faulauge“ auf.
Gemöncht bei Farbentauben
und Weißkopfscheckung bei Tümmlern
Wenn man die Abgrenzung von weißen und farbigen
Federfluren bei einer Rasse studieren möchte, dann schaut man sich am
besten den blauen oder schwarzen Farbenschlag mit deutlichem Kontrast der
farbigen Flächen zum Weiß an, nicht Rot- und Gelbfahle und deren Varianten
wie Dominant Rot und Dominant Gelb. Bei den letztgenannten Farbenschlägen
sind einige Farbpartien auch bei einfarbigen Tieren oft so hell, dass Weiß
und Fahl kaum unterschieden werden können.
Bei Schachtzabel wird, durch einen schwarzen Weißkopf
der Böhmischen Kröpfer halb verdeckt, ein schöner gelber Thüringer
gezeigt. Deutlich erkennbar die weißen Schwingen, aber auch die offenbar
weißen Enden der weißen Schwanzfedern. Unterhalb des Flügels erkennbar ein
weißer Unterbauch. Und so findet er sich auch in der Musterbeschreibung:
Verlangt wird dort bei Roten und Gelben neben dem weißen Kopf und den
weißen Schwingen auch ein weißer Schwanz und ein weißer Unterleib. Bei
Schwarzen und Blauen sind diese Partien blau bzw. schwarz, und so findet
es sich auch in der Musterbeschreibung. Wie schon bei den Englischen
Kröpfern mit dem angeblich weißen Schwänzen der Roten und Gelben im selben
Werk wurde im Text und auf dem Bild das helle Fahl mit Weiß verwechselt.
Beim damaligen Wissen um die Farbvererbung erklärbar, die für die
Musterbeschreibungen Verantwortlichen haben aber offenbar auch über viele
Jahrzehnte die nachfolgende genetische Literatur nicht zur Kenntnis
genommen.
Kunstdruckbeilage Thüringer Kröpfer von Witzmann
Einmal falsch, immer falsch, in diesem Fall zumindest
sehr lange! Auch Witzmann kann sich in seiner Kunstdruckbeilage nicht von
der Vorlage freimachen. Er zeichnet den weißen und den roten gemönchten
Kröpfer mit weißem Bauch und weißen Schwänzen neben dem weißen Kopf und
den weißen Schwingen, den auch das abgebildete blaue Tier und das schwarze
Tier besitzen.
Die Mär vom weißen Schwanz und weißem Unterbauch
hielt sich bis in die 1990er Jahre. Abgesehen von dem untauglichen
Ratschlag einer fortwährenden Selektion auf hellen Schwanz und hellen
Unterbauch, bis diese einmal weiß werden, aus welchem Grund auch immer,
wurde den Züchtern offenbar nichts an die Hand gegeben. Auch die
Kunstzeichnung des gelbfahlen Kröpfers im Ringbuchordner des aktuellen
Deutschen Rassetaubenstandards zeigt im Widerspruch zum Text immer noch
einen weißen Schwanz, wenn der weiße Bauch, der das Witzmannsche Bild noch
auszeichnet, auch verschwunden ist.
Thüringer Kröpfer
gemöncht in der aktuellen Musterbeschreibung. Erkennbar auch hier noch der
weiße statt der in der Realität vorhandene fahle Schwanz
Die Abkehr von der Forderung des weißen Unterbauches
und des weißen Schwanzes bei den Rot- und Gelbfahlen in ihren
Zeichnungsvarianten soll vor der Änderung in den 1990er Jahren umstritten
gewesen sein, was durch die lange Vorgeschichte und Tradition verständlich
wird:
·
1910: Abbildung eines Thüringer gelben Kröpfers mit weißen
Schwingen, Schwanz und Bauch bei Schachtzabel. In der Musterbeschreibung
wird bei Roten und Gelben ausdrücklich von weißen Schwingen, einem weißen
Schwanz und weißem Unterleib bis einschließlich der Schenkel gesprochen.
Bei Schwarzen und Blauen sollten neben dem Kopf nur die Schwingen weiß
sein. Schwanz und Unterleib waren daher bei diesen blau bzw. schwarz
gefärbt. Die beschriebenen roten und gelben Tiere hat es damals sicher so
nicht gegeben.
·
1923: Dürigen, Die Geflügelzucht: „Thüringer Weißköpfe, in
Rot und Gelb mit weißen Schwingen und weißem Schwanz, also wirklich
Gemönchte, wie bereits von Frisch 1763 beschrieben und abgebildet;…“
Gegeben hat es diese Tiere zu seiner Zeit auch nicht.
·
1926: Musterbeschreibung der Rassetauben: „… rote und gelbe
mit weißem Kopf, ebensolchen Schwingen, weißem Schwanz und Unterleib
(einschließlich Schenkel)“
·
1951: Musterbeschreibung: „Gemönchte haben weißen Kopf und 4
oder mehr weiße Schwingen erster Ordnung…, dann abweichend von der
eigentlichen Mönchzeichnung weiß in Unterbrust, Bauch und Schenkel. Die
hellfarbigen Tiere jedoch haben noch weißen Schwanz und Unterrücken“. Weiß
in Unterbrust, Bauch und Schenkel wird hier nicht auf die Roten und Gelben
beschränkt, die Züchter der Schwarzen und Blauen werden gleich mit
verunsichert! Was „Hellfarbige“ sind, wird auch nicht gesagt.
·
1973: Engelmann: „weiße Kopfzeichnung und vier, besser mehr
weiße Schwingen erster Ordnung. Anzustreben sind 7 bis 9 weiße
Schwungfedern. Abweichend von den Verhältnissen bei den Sächsischen,
Süddeutschen und Thüringer Mönchtauben zeigen die Thüringer Kröpfer
gemöncht Weiß in der Unterbrust, am Bauch und an den Schenkeln. Ebenso
haben die hellfarbigen einen weißen Schwanz und Unterrücken“. Hier sollen
wie in der Musterbeschreibung von 1951 alle Farbenschläge Weiß in der
Unterbrust, am Bauch und an den Schenkeln zeigen! Also erneut eine nicht
erfüllbare Forderung auch für Blaue und Schwarze.
·
1978: Müller: „bei Rot und Gelb ist Weiß auch im
Unterbrust-, Bauch- und Schenkelgefieder sowie im Schwanz zulässig“. Hier
wurde aus der Unsicherheit eine „Kann-Vorschrift“ gemacht.
·
1983: Ringbuchordner der Musterbeschreibung: Die gleiche
Formulierung wie 1951, die Forderung nach Weiß in Unterbrust, Bauch und
Schenkel wird aber auf Rot und Gelb beschränkt.
·
Heutiger Ringbuchordner: „… die anderen Farbenschläge haben
helles Gefieder in Unterbrust, Bauch, Schenkel, Unterrücken und Schwanz“.
Da „Hell“ etwas anderes als „Weiß“ bedeutet und Weiß damit ausschließt,
hat man eine eindeutige und züchterisch erreichbare Formulierung gefunden,
die Zeichnung im neuen Ringbuchordner widerspricht dem allerdings.
Mit etwas Kenntnis der Farbvererbung bei Tauben hätte
man sich viel Zuchtarbeit und viele Enttäuschungen über die Jahrzehnte
ersparen können. Eine andere interessante Frage ist die, ob weiße Schwänze
und weißer Unterbauch bis zu den Schenkeln züchterisch zu erreichen sind,
ob das, was damals Phantasie war und zum Teil offenbar noch ist, sich
realisieren ließe. Weißschlag-Weißschwänze mit weißem Kopf sind erkennbar
in allen Farbenschlägen möglich, das kann man bei den Farbentauben wie den
Thüringer Mönchen in der Realität studieren. Diese haben dann aber keinen
weißen Unterbauch, und das gilt auch für rote und gelbe Mönche, ob nun
Dominant oder Rezessiv Rot.
Weißköpfe, wie man sie z.B. bei Elbinger Weißköpfen
und verwandten Rassen findet, haben sogar den gewünschten weißen
Unterbauch. Sie haben aber auch ein Perlauge und kein dunkles, und sie
haben auch ein instabiles Erbbild, das zu vielen Ausfällen durch
Scheckungsfehler in der Nachzucht führt. Vielleicht hatten Schoener und
Witzmann bei ihren Zeichnungen auch dieses Scheckungsbild und nicht das
der Thüringer Kröpfer vor Augen. Einen weißen Unterbauch haben auch
geherzte Kröpfer und „Weißbäuche“ bei Stettiner und anderen Tümmlern. Läßt
sich dieser weiße Bauch auf Mönche mit weißen Schwingen und Schwänzen (die
Farbentaubenvariante) übertragen? Der Verfasser hat es nicht versucht,
wahrscheinlich auch noch kein anderer. Auch das könnte ein Mißerfolg
werden, wird es wahrscheinlich auch. Man könnte bei einem solchen Versuch
aber viel über Taubengenetik lernen und unser Wissen über das Machbare
oder Nicht-Machbare in der Zucht erweitern.
Thuringian Pouters in the monk
marking in the Standards of Perfection in the change of time
Thuringian Pouters were developed
as a sub-group from the old German Pouter. Dürigen in 1906 mentioned peak
crested German Pouters that were popular especially in that region. The
probably first standard of perfection was presented in the famous book
from Schachtzabel with color plates in 1910. The standard of perfection
was identical for the Thuringian, the Bohemian and the Silesian Pouter. At
the painting the three breeds presented the identical type. As a
difference, the Silesian Pouters were plain-headed. Typical colorations of
the respective breed made the difference. The standard from 1910 requires
for red and yellow monked Thuringian Pouters, different from black and
blue, a white tail and white under-belly. These parts are also white at
the painting from the artist A. Schoener. From genetics we can conclude
that this was wrong. The red and yellow in this breed is due to dominant
red and the correlated ash color of tail and underbelly were mistaken as
white. This error perpetuated up to a change of the Standard of Perfection
in the 1990th, however, the painting of the today Standard
still shows a mealy bar with an unrealistic white tail instead of the
realistic light mealy tail and may confuse the fanciers.
The monk marking of the Thuringian
Pouters differs from the monk marking of Thuringian and South German Toys.
In Toys head, flights and tail are required white, also in the black and
blue variant. Thuringian monked Pouters have white head and flights, the
tail is colored, thus self black, blue or self mealy, not white. For sure
it would be possible to transfer the Toy monk marking to Pouters or to
raise Pouters in the Baldhead marking of Tumblers like the Elbing White
Head, but that would be an entirely new project.
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