Die neuen Porzellantauben
The New Porcelain Pigeons (see below)
In der Geflügel-Börse Nr. 21 vom 11. November 2011 findet sich ein schön
bebilderter Beitrag über den Stand der Diskussion um den Standard der
porzellanfarbigen Eistauben. Über den Mythos der Porzellantaube seit der
Kunstzeichnung und der Standardbeschreibung im Illustrierten Prachtwerk
sämtlicher Taubenrassen von 1910/1911 von Schachtzabel wurde auf dieser
Homepage bereits mehrfach berichtet, so zuletzt
http://www.taubensell.de/eis_und_porzellantauben.htm .
Die Geschichte ist auch im Buch „Taubenrassen. Entstehung, Herkunft,
Verwandtschaften“ ausführlich nachgezeichnet worden.
Nach über 100 Jahren soll dem Artikel zufolge nun genetischen
Gesetzmäßigkeiten Tribut gezollt werden und der Standard den züchterischen
Möglichkeiten angepasst werden.
Die Idealvorstellungen um 1900 sind nachvollziehbar. Weißgeschuppte Tauben
zeigen bei einigen Rassen an den Federspitzen einen kleinen weißen Punkt
und damit über den Flügel hinweg betrachtet eine offenkundig attraktive
„Finkenzeichnung“.
Orientalische Blondinetten zeigen in einigen Farbenschlägen schöne weiße
Spiegelschwänze. Wenn es gelänge, beide Merkmale in einer Taube zu
vereinen, dann müßte daraus eine wunderschöne Taubenfärbung entstehen.
Farbentauben mit Finkenzeichnung und Orientalische Blondinette mit Spiegel
Nicht bedacht wurde dabei, dass die wohl als Vorbild dienenden
Blondinetten nicht nur Spiegel im Schwanz zeigen, sondern darüber hinaus
auch Spiegel in den Schwingen. Und wer nicht nur flüchtig hinschaut, der
wird auch erkennen, dass diese Spiegel sich meist deutlich von einer
Finkenzeichnung unterscheiden. Um den weißen Spiegel herum gibt es einen
farbigen Rand. Bei der Finkenzeichnung gibt es auf farbiger Feder dagegen
an der Spitze einen weißen Punkt. Auch ist der Spiegel auf dem Schwanz im
Normalfall wesentlich ausgedehnter als man ihn sich für die perfekte
Porzellantaube vorstellte. Herausgekommen sind Tauben, bei denen man durch
Selektion die Aufhellungen in Schwingen und Schwanz zum Teil zurückdrängen
konnte, allerdings auch immer mit der Gefahr, diese ganz zu verlieren, wie
es auch bei einigen Orientalischen Mövchen gelegentlich der Fall ist. Wie
man in einer größeren Kollektion auf der Schau des Verbandes Deutscher
Taubenzüchter 2003 und auch später sehen konnte, sehr attraktive
Eistauben, aber eben keine Porzellantauben im Sinne der existierenden
Musterbeschreibung.
Porzellanfarbige Eistaube auf der Verbandsschau in Köln
Aus genetischer Sicht hat man es bei den Spiegelschwänze und –schwingen
der Orientalen mit einer Korrelation zu tun. Das bedeutet, dass zwei
Merkmale untrennbar miteinander verbunden sind. Bei Satinetten mit weißem
Körper und weißen Schwingen besteht derselbe Zusammenhang, er fällt nur
deshalb nicht auf, weil die Scheckung in den Schwingen „darüber gelegt“
ist und die auch vorhandene Anlage für die Spiegelschwingen verdeckt.
Anders als bei Koppelungen mit der Möglichkeit des Koppelungsbruches
lassen sich die Merkmale züchterisch nicht trennen, und aus diesem Grund
hat es die Porzellantaube im Sinne des Standards auch nie gegeben, wenn
unter dieser Bezeichnung auch Tauben ausgestellt und bewertet wurden.
Korrelationen haben schon mehrfach die Züchterschaft beschäftigt, sind von
Künstlern auf historischen Abbildungen nicht beachtet worden, haben die
Züchterschaft bei einigen Rassen gespalten und Züchter zum Verzweifeln
gebracht. So ist der helle Schnabel blauer Tauben bisher untrennbar mit
der im Vergleich zum Wild-Typ etwas dunkleren Gefiederfarbe verbunden. Bei
der Strasserscheckung mit farbigen Schwingen sind auch die „Hosen“ und bei
belatschten Tieren die Latschen farbig. Das hat zur Entstehung des
Bayrischen Kröpfers mit weißen Schwingen beigetragen, der für viele
Züchter durch die nun auch weißen Latschen anziehender als der
Hana-Kröpfer wirkt.
Die ersten s/w Fotos nach 1900, auf denen als Porzellantauben bezeichnete
Tiere abgebildet wurden, zeigen normale weißgeschuppte Eistauben. Blieb
die Hoffnung auf die Tiere des großen Verfechters der Porzellantauben,
Hugo Du Roi, der vor und um 1900 größere Kollektionen ausgestellt haben
sollte. Aber auch diese Hoffnungen verflüchtigten sich bei einem Besuch im
Naturhistorischen Museum in Brauschweig, in dem Bälge von Eistauben,
gestiftet von Hugo Du Roi, vorhanden waren. Darunter befanden sich auch
zwei, die ausdrücklich als Porzellantauben bezeichnet waren. Es war aber
weder die im Standard geforderte Finkenzeichnung zu sehen noch waren die
weißen Punkte auf den Schwanzfedern vorhanden.
„Porzellantauben“ im Naturhistorischen Museum Braunschweig aus dem Jahr
1889, gestiftet vom Commercienrath Hugo Du Roi, Braunschweig (Quelle: Axel
Sell, Taubenrassen 2009)
Das Zuchtziel sind jetzt geschuppte Eistauben mit der Spiegelzeichnung der
Blondinetten, wobei durch Selektion möglichst kleine Spiegel in Schwingen
und Schwanz angestrebt werden. Eine Besonderheit im Standard der
Porzellantauben von 1910 war der Wunsch nach rötlich/gelben Übergängen in
der weißen Schuppung. Dieser Wunsch soll beibehalten werden. Ob dieses
züchterisch zu bewerkstelligen ist, das wird die Zukunft zeigen. Die
Anschlussfähigkeit für Verpaarungen mit Weißgeschuppten dürfte darunter
eher leiden.
The New Porcelain Pigeon
In old literature, even in show catalogues, spooks the “Porzellantaube” or
porcelain pigeon. Prütz, one of the great German authorities, described
porcelain pigeons in his famous book from 1885 as white spangled ice
pigeons. One of the enthusiasts of Ice Pigeons at that time was Hugo du
Roi, President of the German National Fancy Poultry Association from
1883-1911. He is told to have had the vision of an Ice Pigeon with a white
small spot at each tail feather and a finch marking at the tip of the
primaries. Most probably due to his advice the famous book from Emil
Schachtzabel in 1910 includes such a painting and this painting was the
model for the official standard and for later paintings, too. This ideal
means a synthesis of the finch marking in the flight often found in
pigeons with the Toy Stencil complex and the white spot in the tail of
some Oriental Owls.
Unfortunately the white spot in the tail of Oriental Frills usually is
larger than the small point required for the Porcelain pigeon. An even
greater problem was that the white spot in the tail in Oriental Owls is
correlated with white mirrors in the flight, and not with a white finch
marking postulated for Porcelain Pigeons. For a talented painter that was
not a problem, but for the breeder the task was not to manage.
Since then this painting and the description of such birds in the book of
standards were the source of controversy discussion. First authentic
photos of ‘Porcelain Pigeons’ after 1900 show ordinary white spangled Ice
Pigeons with no white spot at the tail and no white tip at the primaries.
The author by accident detected at the Natural Historic Museum Brunswik
two bellies of “Porcelain Pigeons” sponsored by Hugo Du Roi in 1889. Both
pigeons did not show white spots at the tail feathers and also did not
have finch marked and also not white mirrors in the wing. The Porcelain
Pigeon in the description of the standard for sure was a myth and never
reality.
It is interesting to note that yet over a century Porcelain Pigeons were
exhibited and highly graded at exhibitions despite fundamental
discrepancies to the standard. Thus we may take it as a general lecture
that paintings, standards, expert remembrance and show catalogues are no
serious evidence in the pigeon fancy. And even for photos we have to trust
the source. Now after 100 years judging a change of the standard is
announced. The new Porcelain Pigeon will be a spangled Ice Pigeon with the
marking of Oriental Frills in tail and wings. The white mirrors are wanted
small-sized, however. In addition a yellowish/reddish tint shall overly
the white checks.
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