Rezessives und dominantes Rot bei Tauben
Dass es zwei Arten von „Rot“ bei Tauben gibt, ist unter Taubenzüchtern
inzwischen ein Gemeinplatz. Es gibt bei Brieftauben und bei vielen
Rassetauben das dominante Rot, das für die Färbung rotfahler,
rotfahlgehämmerter und anderer Farbenschläge verantwortlich ist.
Daneben gibt es das rezessive Rot, das wir bei Tümmler- und
Hochfliegerrassen, bei Kropftauben, aber auch bei vielen anderen
Rassetaubengruppen finden.
Abb. 28: Stargarder Zitterhälse rezessiv rot (Quelle: Axel Sell, Pigeon
Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012,
forthcoming)
Nicht ganz so geläufig ist für diejenigen, die sich noch nicht intensiv
mit Vererbungsfragen befasst haben, dass Tauben gleichzeitig das dominante
und das rezessive Rot besitzen können. Beide Faktoren sind keine
Alternativen, keine Allele. Sie wirken anders aufeinander ein. Das
rezessive Rot wird nicht deshalb rezessiv genannt, weil es sich gegenüber
dem dominanten Rot nicht durchsetzt, sondern weil es in Mischerbigkeit
weder die schwarze, noch die braune, noch die dominant rote Grundfarbe
überdecken kann. Erst in Reinerbigkeit werden diese Grundfarben durch eine
mehr oder weniger einheitliche rote Färbung, einschließlich Schwingen und
Schwanz, überdeckt. In der Genetik spricht man von Epistasie.
In den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass Tauben mit aschfahlen
Schwingen und Schwänzen das dominante Rot besitzen und auf jeden Fall
nicht reinerbig für das rezessive Rot sind, allenfalls mischerbig.
Tiefrot gefärbte Tauben mit durchgefärbten Schwingen und Schwänzen sind
dagegen in der Regel reinerbig für das rezessive Rot. Ob sie auch das
dominante Rot besitzen, das ist eine offene Frage, die man durch
Testpaarungen klären kann.
Es ist schon lange bekannt, dass der optische Eindruck auch täuschen kann.
So sind rote Sternschwanztümmler und rote sternschwänzige Libanontauben
nicht rezessiv rot, obwohl sie eine intensiv rote Färbung besitzen. Auch
rote Schildtauben besitzen nicht das rezessive Rot, sondern das dominante
Rot, das durch weitere Erbfaktoren in der Färbung intensiviert wird.
Diese Thematik der vermeintlich rezessiv roten Tiere wurde jüngst von
Taubenzüchtern in den USA unter anderem im Juli 2012 in den von Lester
Paul Gibson herausgegeben ‚Pigeon Genetics Newsletter‘ thematisiert. Die
Regeln über die Vererbung bei rezessiv roten Tauben greifen dann nicht
mehr, was bei vielen Züchtern zur Verwirrung führt. Das Thema wird auch
intensiver im kommenden Buch „Pigeon Genetics. Applied Genetics in the
Domestic Pigeon“ thematisiert. Auch Süddeutsche Blassen, die ein besonders
tiefes Rot einschließlich Schwanz und Schwingen zeigen, sind nach den zur
Dokumentation durchgeführten Tests keine rezessiv Roten, sondern dominant
Rote mit zusätzlichen die Färbung intensivierenden Bronzefaktoren. Mit
rezessiv roten Partnern verpaart ergeben sie keine rezessiv roten
Jungtiere. Das zeigt, dass sie den Faktor „Rezessiv Rot“ nicht besitzen.
Bei Verpaarungen mit blauen Partnern zeigt sich in der Nachzucht, dass sie
das geschlechtsgebundene dominante Rot besitzen.
Abb. 36: Kreuzung eines rezessiv roten Pommerschen Schaukappentäubers mit
einer roten belatschten Süddeutschen Blasse und zwei Jungtieren (Mitte).
Rechts davon einer der Jungtäuber nach der Mauser (Quelle: Axel Sell,
Pigeon Genetics.
Applied
Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012, forthcoming)
Recessive and dominant red in the domestic pigeon
It is well known in the fancy that two different traits called “red” are
distinguished. One is the “Dominant Red” of mealies and related
coloration, usually with ashy tail and ashy primaries, the other is the
“Recessiv Red”, usually with a uniform brown/red coloration inclusive of
tail and primaries as is shown for recessive red Stargard Shaker in figure
28 of the fortcoming book “Pigeons Genetics”. It is not as well known that
dominant and recessive red are not allelic. Recessive red masks the three
basic colours ‘dominant red’, ‘black’ and ‘brown’, however, only for
homozygous recessive red birds, therefore the term “recessive”. From early
crosses of red Startail Tumblers and Lebanon Pigeon we know that not all
intense red pigeons carry recessive red. In these breeds even heterozygous
recessive red will worsen the coloration. It is also known that intense
red Shield Pigeons are not recessive but dominant red and those pigeons
tested did not carry recessive red. As the discussion in the fancy shows,
e.g. in the July issue of the Pigeon Genetics Newsletter edited by Lester
Paul Gibson, the phenomenon of recessive red mimics seems to exist in the
domestic pigeon more often than was believed for a long time. For the
forthcoming book ‘Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic
Pigeon’ several crosses were done to document the phenomenon. Thus even an
intense red South German Blasse hen in a mating with a recessive red
Pomeranian Eye Crested Highflier proved by her non-recessive red young
that she is a recessive red-mimic and not recessive red (Fig. 36). A
mating with a blue pied cock proved by her heterozygous dominant red sons
and a black daughter that she basically is a dominant red.
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