Vergessene und wieder auferstandene Taubenrassen: Horseman-Kröpfer
Re-establishing of an extinct breed: The
Horseman-Pouter (see below)
Der Horseman-Kröpfer in der alten Literatur
In den letzten Jahrzehnten haben in der Rassetaubenzucht Rassen eine
Renaissance erfahren, die zwischenzeitlich sehr selten und zum Teil
bereits seit langer Zeit ausgestorben waren. Eine dieser Rassen ist der
Horseman-Kröpfer. Willughby
erwähnt ihn 1676 als leichten Horseman, der einer Kreuzung von Carrier und
Kröpfer entsprang. Der als Ausgangsrasse genannte Carrier entsprach nach
der gegebenen Beschreibung zu der Zeit der kontinentalen Türkischen Taube
mit Warzenbildung am Schnabel und Augenrand.
Etwa zeitgleich mit der in Taubenzüchterkreisen besser bekannten
Monographie von Moore gibt
es eine ähnliche Beschreibung des Horseman-Kröpfers durch
Eleazar Albin (The
Natural History of Birds, London 1731-1738). Wie von
Willughby wird der Horseman-Kröpfer als Kreuzungsprodukt von Carrier und
Kröpfer gesehen. Hervorgehoben wird das Talent, fremde Tauben in den
eigenen Schlag zu locken.
Als Kreuzung zwischen Kröpfer und einem carrierähnlichen 'Horseman' sieht
ihn Moore 1735 im
Columbarium, wo er ihn zur Unterscheidung vom Horseman als 'Powting
Horseman' beschreibt. Diese Horseman-Kröpfer werden als fidele, lustige
Tauben beschrieben, die gut dazu geeignet seien, verflogene Tauben aus
anderen Schlägen anzulocken, eine Eigenschaft, die auch in späteren
Beschreibungen wieder auftaucht und den Horseman-Kröpfer für den sonst vor
allem aus Spanien bekannten Diebestaubensport interessant macht.
Moore hebt das gute
Heimkehrvermögen hervor. Horseman-Kröpfer würden auch von 10 bis 20 Meilen
Entfernung zurückfinden (S. 38). Abbildungen gibt es bei
Moore leider nicht.
Der zweite Horseman: Der Horseman als Botentaube
Der zweite, der carrierartige Horseman von
Moore wurde bereits erwähnt.
Moore war sich nicht sicher,
ob dieser eine Ursprungrasse aus Asien war oder einer Kreuzung des
Carriers -möglicherweise mit Tümmlern oder auch Kröpfern - entstammt (S.
31). Dieser Horseman bei Moore
sollte nicht mit dem Horseman-Kröpfer verwechselt werden. Bei
Moore ist er einer der
Stammväter des Horseman-Kröpfers. Zu Verwechselungen kann es leicht kommen
und ist es auch vielfach gekommen, weil zur Zeit
Moores offenbar beide,
Horseman und Horseman-Kröpfer einen guten Orientierungsinn besessen haben
und für schnelle Leser durch die Heraushebung dieser Eigenschaft bei
beiden Rassen die Unterschiede verschwimmen.
Der Ursprung des Horseman ist nicht unumstritten, wie man schon den
Ausführungen von Moore
entnehmen kann. Levi (1969,
§ 74) hält es mit Verweisen auf andere Literatur für wahrscheinlich, dass
er die Vorform des Englischen Carriers darstellte, bevor dieser zur
Ausstellungstaube umgeformt wurde. Er wäre damit ein Zweig der nach
England gelangten Türkischen Taube und identisch mit dem Carrier bei
Willugby und
Albin.
Moore war möglicherweise so
überzeugt von der besonderen Bedeutung seines zur damaligen Zeit schon
hochgezüchteten und verbesserten Schau-Carriers, dass er die Ausgangstiere
nicht mehr als rassegleich anerkennen mochte. Immerhin war der Carrier für
ihn und seine Freunde zur damaligen Zeit der 'König der Tauben' (S. 26).
Sei er nun der ursprüngliche Carrier oder ein in seiner Flugleistung
möglicherweise durch Kreuzungen mit Tümmlern verbesserter
Carrierabkömmling, es ist dieser Horseman, der vor dem Aufkommen der
modernen belgischen Brieftaube in England als Botentaube hoch geschätzt
wurde. Mit dem Englischen Kröpfer ist er auch verwandt, denn Horseman
wurden genutzt, um den in England vorhandenen Holländischen Kröpfer zum
Englischen Kröpfer mit knapperer Fußbefiederung und einer aufrechteren
Haltung umzuwandeln (Moore
1735, S. 33).
Der dritte Horseman bei Albin: Die Kreuzung mit einer Nutztaube
Neben dem Horseman als Carrier-Kröpfer-Kreuzung nennt
Albin auch einen weiteren
Horseman, und zwar als Kreuzung des damaligen 'Carriers' mit einem 'Runt'.
Runts waren in England gewöhnliche Nutztauben und nicht die heutigen
Riesentauben. Bei Albin
findet man eine vielzitierte handkolorierte Zeichnung einer Horseman-Taube.
Mangels Blaswerk taugt sie wenig zum Vorbild eines blasenden Horseman. Es
dürfte sich eher um den von Albin aufgeführten Horseman der
Carrier-Runt-Kreuzungen handeln. Die Kolorierung auf dieser Abbildung wird
von Moebes in seiner
Bibliographie der Tauben 1945 als blaugescheckt interpretiert (S. 14).
Auch wenn die Kolorierungen in dem Werk von
Albin durch ihn selbst und
seine Tochter nach der Natur vorgenommen wurden, so ist Weiß bei einer
Taube nur in der unteren Hälfte der Handschwingen schon außergewöhnlich,
wenn nicht gar unrealistisch. Auch die hellen Stellen im Brustbereiche
mögen kein Scheckweiß, sondern künstlerisch dargestellte Lichtreflexe
repräsentieren. Es besteht auch ein Unterschied in der Form der aufgehellt
erscheinenden Partien zu der in einem folgenden Bild gezeigten Bavette bei
Cauchois. Interessant ist aber die deutliche Ausbildung der Warzen an
Schnabel und um das Auge, die zur damaligen Zeit alle Horseman-Varianten
besessen haben werden.
Horseman-Taube bei Albin 1731-1738
Der Horseman-Kröpfer als Kavalier in der französischen Literatur
In der französischen Literatur werden Horseman-Kröpfer als Pigeon Cavalier
Ordinaire und Pigeon Cavalier Faraud bezeichnet (Boitard
und Corbié 1824, S. 182-183). Es gibt also den gewöhnlichen und den
'angeberischen' Kavalier. Letzterer offenbar eleganter im Stand, mit
Haube, etwas kleiner als der gewöhnliche Kavalier. Einer davon ist in
einer Abbildung bei (Boitard und
Corbié Plate 8 nach S. 182) verewigt.
Cavalier Faraud bei Boitard und Corbié 1824
Zur Zeit, als Fulton (1876)
und Lyell (1881) ihre Bücher
schrieben, gab es den Horseman-Kröpfer schon nicht mehr, zumindest taucht
er unter den Taubenrassen nicht mehr auf und wird lediglich mit Hinweis
auf Moore und auf die
Entstehungsgeschichte des Englischen Kröpfers genannt.
Die Wiederentstehung des Horseman-Kröpfer als Ausstellungs- und als
Sporttaube
Heute gibt es den Horseman-Kröpfer wieder. Als 'Horseman Pouter' hat er
nach einer Einführung in Nordamerika 2004 einen schon 2006 gegründeten
fördernden Club und einen Standard erhalten. Er wird als schottische Rasse
betrachtet, die zu einem Viertel aus Brieftauben und zu drei Vierteln aus
Kröpfern bestehe, was als eine Kreuzung von Kröpfern mit Brieftauben und
einer einmaligen Rückpaarung an Kröpfer und nachfolgende Auslese
verstanden werden kann. Mit der Standardisierung wurden auch Festlegungen
getroffen, die für den Diebestaubensport unerheblich sind, so sind z.B. in
der Ausstellungsvariante Schecken nicht zugelassen (http://www.horsemanpouter.com/HPCNA.html),
wobei es für den praktischen Diebestaubensport sicherlich keinen
Unterschied macht, ob ein Tier einige oder mehrere weiße Federn besitzt.
Äußerlich entspricht der Horseman-Kröpfer als Ausstellungstaube, zumindest
für Außenstehende, völlig dem Schlesischen Kröpfer. An der schnellen
Verbreitung und der Begeisterung der Züchter erkennbar, hat die Anknüpfung
an die Historie und das offenbar unkomplizierte Wesen dennoch den Nerv der
Züchter getroffen. Bei der Erzüchtung nichttraditioneller Farbenschläge
wie Qualmond, Indigo, Andalusien etc. haben die Züchter offenkundig nicht
nur viel Freude gehabt, sondern auch viel über ihre Tauben und über
genetische Zusammenhänge erfahren. 'Der Weg ist das Ziel', um ein altes
chinesisches Sprichwort zu nutzen.
Quelle: Axel Sell, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic
Pigeon, Achim 2012.
Auch als Horseman-Diebeskröpfer (Horseman Thief Pouter) hat der
Horseman-Kröpfer wieder Anhänger gefunden. Auch für diese Variante gibt es
einen internationalen, die Rasse fördernden Club (http://www.blueridgebiological.com/IHTPC.htm).
Das Erscheinungsbild der Tauben ist für diesen Club unerheblich, sobald
das Verhalten und das Vermögen, fremde Tauben zur Einkehr in den eigenen
Schlag zu bewegen, stimmt. Nach Aussagen der Experten beinhaltet der
genetische Hintergrund der eingesetzten Tauben nahezu alles an Rassen, von
der Brieftauben über den Tümmler bis hin zu einer der vielen
Kropftaubenrassen. Auch Schecken sind im Gegensatz zur
Ausstellungsvariante selbstverständlich zugelassen.
Ausblick auf molekulargenetische Einordnungen
Bei den heutigen Möglichkeiten der
Molekulargenetik kann man Schlussfolgerungen aus literarischen Quellen und
aus vorhandenem Bildmaterial mit auf völlig anderem Wege gewonnenen
Erkenntnissen abgleichen. In einer ersten umfangreicheren Untersuchung
verschiedener Rassen hat eine Forschungsgruppe an der Universität Utah die
Verwandtschaft verschiedener Taubenrassen analysiert, um
molekulargenetisch Ähnlichkeiten zwischen den Rassen festzustellen (Stringham
et al. 2011), vgl. auch
http://www.taubensell.de/molekulargenetische_studie_von_haustauben.htm.
Eine der 70 untersuchten Rassen war der
Horseman-Kröpfer, der nicht überraschend bei einer Cluster-Analyse
verwandtschaftsmäßig den anderen Kropftaubenrassen zugeordnet wurde. Wie
die untersuchten Horseman-Kröpfer ausgesehen haben, wurde nicht gezeigt.
Es ist aber zu vermuten, dass es sich um die in die USA eingeführten
nicht-gescheckten Ausstellungs-Horsemankröpfer gehandelt hat. In der
genetischen Distanz, gemessen an einem Dest-Wert, bestand die
größte Ähnlichkeit mit dem Pommerschen Kröpfer (Distanz 0,015), eine große
Ähnlichkeit bestand auch zum Norwichkröpfer (0,023), und danach folgten
schon die Brieftauben (0,026). Die Distanzen zu den Brünner Kröpfern
(0,071) und Englischen Kröpfern (0,111) waren größer. Leider gab es keine
Werte für Schlesische Kröpfer, und auch Hessenkröpfer fehlten. Für die
Abstammung des Horseman-Kröpfern konnte man aus der molekulargenetischen
Analyse keine neuen Erkenntnisse erwarten, die aufgezeigten Ergebnisse
sind eher eine positive Bestätigung dafür, dass molekulargenetische
Untersuchungen durchaus geeignet sind, den Verwandtschaften von Rassen
nachzuspüren und bei anderen Fragestellungen interessante Antworten geben
können.
Literatur
Albin, E., The Natural History of
Birds, London 1731-1738.
Boitard, Pierre, et Corbié, Les Pigeons de volière et de colombier ou
histoire naturelle et monographie des pigeons domestiques, Paris 1824.
Fulton, R., The Illustrated Book of Pigeons. London, Paris, New York and
Melbourne 1876.
Levi, W.M., The Pigeon, Sumter S.C. 1941, revised and reprinted edition
1969.
Lyell, J.C., Fancy Pigeons, London 1881, 3rd ed.
London 1887.
Moebes, Werner K.G., Bibliographie der Tauben, Akademischer Verlag Halle
1945.
Moore, J., Pigeon-House. Being an Introduction to Natural History of Tame
Pigeons. Columbarium: or the pigeon house, Printed for J. Wilford, London
1735.
Sell, Axel, Pigeon Genetics.
Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012.
Sell, Axel, Taubenrassen. Faszination Tauben
über die Jahrhunderte, Achim 2009.
Stringham et al., Divergence, Convergence, and the Ancestry of Feral
Populations in the Domestic Rock Pigeons, Currently Biology (2012), doi:
10.1016/j.cub.2011.12.045.
Willughby, F., Ornithologia, Libres Tres, Londini MDCLXXVI (1676).
Re-establishing of extinct breeds: The Horseman-Pouter
In the last decades some pigeon breeds that were extinct and only known
from literature got a great revival. One of these breeds is the Pouting
Horseman. The breed was still mentioned by
Willughby 1676 as light
horseman and as a cross-breed of the carrier and a pouter. The carrier was
described as a medium sized pigeon with wattles at beak and eye ceres and
may be considered a variant of the Turkish pigeon. This information is
also given by Albin
1731-1738. Moore 1735
preferred the idea of a cross between a carrier-like bird and a pouter.
Both praise the ability "to pitch stray Pigeon that are at a Loss to find
their own Home" (Moore, p.
38).
The carrier-like pigeon from Moore
was describes as a second and different 'horseman'. This horseman
resembles the carrier but is smaller in all its properties. According to
Moore it was a matter of
dispute at his time whether it was an original breed or a bastard between
a carrier and a tumbler or even a carrier and a pouter. For
Levi (1969, §74) with
reference to other historical sources it was more probable that the
horseman was nothing else than the ancestor of an improved carrier. In
modern language we could say that the horseman was the old-fashioned
carrier and Moore's highly esteemed carrier the modern carrier of the
1730s. For the author of these line it seems presumably that
Moore and his friends were
so convinced that the carrier was of such an outstanding character that
they could not believe in such a poor ancestry. To quote Moore: "This bird
is esteem'd, by the Gentlemen of the fancy, as the King of the Pigeons, on
the Account of its Beauty and great Sagacity" (p. 26). I remember a
similar case from own experience that a fancier of another breed wanted to
forbid me to use the same breed's name for the forerunners of his highly
esteemed race. Since quality was remarkably improved (at least in the eyes
of this fancier) he believed that the same name should not be used because
that would irritate the today fanciers and could discredit the breed. Be
it as it was, this horseman, probably crossed with tumblers to improve the
flying ability, for a long time became the preferred homing pigeon in
England.
There is a third horseman mentioned by
Albin, namely the
cross-breed of a carrier and a runt. The work of
Albin contains an often
quoted picture of a horseman-pigeon. In some sources it is interpreted as
homing horseman, in others as pouting horseman. Perhaps it is neither of
them. With the distinct beak and eye wattle it is for sure a carrier
cross, however, since there is no indication of a pouting behaviour and
Albin did not discuss the
homing horseman the pigeon might be the carrier-runt cross, the third type
of horseman he mentioned. The picture is interesting also in respect to
the colorations. Moebes
(1945, p. 14) considered the pigeon as a blue-pied. However, the white in
the under parts of the primaries are untypical and unrealistic for any
pied-marking, and also the white at the breast has not the shape of a
typical white bavette. Thus the whitish parts might not indicate pied
marking but artificial reflecting light.
In the French literature the horseman is called Pigeon Cavalier.
Boitard and Corbié in1824
discussed the common cavalier and presented the plate of a pigeon cavalier
faraud, a smaller and more elegant cropper with a small crest.
At the time Fulton (1876)
and Lyell (1881) wrote their
famous books the horseman cropper still seems to have got extinct and are
not listed as an existing breed. Now the breed got a revival, and both at
a show bird and as a Horseman Thief Pouter. For the Show Horseman-Pouter a
standard was set up. The breed is told to be one part homer and three
parts pouter, that could be understood as a cross of homer and pouter and
a backcross upon a pouter with succeeding selection. The phenotype is
similar if not identical with the Silesian Pouter. The Horseman Thief
Pouter shall only be bred for the behavior and in the genetic pool
anything is supposed to exist from a homer to a tumbler to one of the
pouter breeds.
With progress in molecular
genetics it becomes possible to compare conclusions from an analysis of
literature and historical paintings with results of an DNS-analysis.
Horseman-Pouters were one of the 70 analyzed pigeon breeds in a study at
the University Utah, see for details
http://www.taubensell.de/molekulargenetische_studie_von_haustauben.htm.
It was not a great surprise that
the Horseman Pouter was clustered in the same group together with the
other pouter breeds investigated. The smallest genetic distance was given
to the Pomeranian Pouter (Dest 0.015), followed by the Norwich
Cropper (0.023) and the Racing Homer (0.026). Unfortunately there were no
data for the Silesian Cropper. For the ancestry of the Horseman-Pouter it
was not to expected to get by a molecular genetic analysis entirely new
information, however, the results might indicate that the method could be
useful in other cases to produce reliable and useful information.
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