Baldheads, Weißköpfe, Mönche, weissköpfige Fleckenschecken und
ähnliche Scheckungen bei der Haustaube
Baldheads
Die Baldhead-Scheckung bei Tauben ist spätestens seit den
prachtvollen Abbildungen bei Fulton 1876 mit Englischen Short Faced
Tümmlern ein Begriff: Perläugig mit weißem Kopf bei relativ hohem
Kopfschnitt (cut), weißen Schwingen, Schwanz und Unterbauch. Der
Begriff wurde auch in Deutschland verstanden. Dennoch hat man für
Elbinger Weißkopftümmler und verwandte Rassen die regionale
Bezeichnung ‚Weißkopf‘ beibehalten.
Baldhead im ‚Illustrated Book of Pigeons‘ von Fulton 1876 und
Elbinger ‘Weißköpfe’ mit der Baldhead-Scheckung im Illustrirten
Mustertaubenbuch von Gustav Prütz 1885.
Weißköpfe
Die Bezeichnung ‚Weißkopf‘ findet sich in Deutschland auch im
Rassenamen von Rassen, die von der Erscheinung her keine Baldheads
sind. So bei dem Thüringer Weißkopf mit weißem Schwanz und farbigen
Schwingen. Im Unterschied zu Baldheads ist auch der Bauch farbig und
die Augen sind dunkel. Solche Rassen werden im englischen Sprachraum
in wörtlicher Übersetzung ‚White Head‘ genannt, so z.B. zum
Nachschlagen, auch im Standardwerk ‚Encyclopedia of Pigeon Breeds‘
von Wendell M. Levi 1965.
Thüringer Weißkopf rot und schwarz
Mönche 1. Art
Eine der beiden Mönch-Scheckungen der Farbentauben unterscheidet
sich von Baldheads durch das dunkle Auge und farbiges Bauchgefieder,
von den Weißköpfen im Standard durch weiße Schwingen. Wie bei
Baldheads sind Kopf, Schwingen und Schwanz weiß. Man findet sie bei
Deutschen und Schweizer Farbentauben. Die Bezeichnung Mönch wurde
bei Lyell 1881 in Fancy Pigeons (S. 93) wörtlich mit ‚Monk Pigeon‘
übersetzt. Im Erbgang ist die Scheckung stabiler, zuverlässiger als
die stärker variierende Baldhead-Scheckung.
Sächsischer Mönch blau mit weißen Binden und Süddeutscher Mönch blau
weißgeschuppt
Mönche 2. Art (White Heads white Flights)
Weiße Köpfe mit weißen Schwingen, aber mit farbigem Schwanz unter
der Bezeichnung ‚Mönch‘ gibt es als zweite Mönchvariante. Sie
existiert bei Farbentauben, aber auch bei einigen Kropftaubenrassen.
Die Augen sind dunkel, das Bauchgefieder farbig wie der Schwanz.
Bei Gimpeltauben wurden sie vor Jahren umbenannt in Weißköpfe,
bislang aber ohne Konsequenz für die Klassifikationen auf den
Großschauen.
Gimpeltaube gold schwarzflügel gemöncht (Mönchtyp 2. Art mit
farbigem Schwanz)
Fleckenschecken
Oft mit einem größeren weißen Latz versehene weißköpfige gescheckte
Tauben gibt es bei Fleckenschecken. Der Verfasser hatte sie bei
Brieftauben, Usbekischen Tümmlern und kennt sie von anderen Rassen.
Fleckenschecken bei Usbekischen Tümmlern und Duneks
Vogtländer Trommeltauben u.a.
Vogtländer Trommeltauben haben weiße Köpfe kombiniert mit weißen
Schwingen und, da belatscht, auch weiße Latschen bei sonst farbigem
Körper. Es ist lange bekannt, dass diese Weißköpfigen spalterbig
sind und nach festen Regeln aufspalten, wie es auch bei einigen
russischen Tümmlern der Fall ist.
Vogtländer Trommeltaub blau mit Binden und blaugehämmert –
spalterbige Weißkopfscheckung
Die Aufstellung der ‚Weißköpfe‘ ist damit bei weitem nicht
vollständig, wie die Tabelle deutlich macht, die auch noch nicht
alle Varianten erfasst.
Zusammenstellung von Mönchscheckungen und ähnlichen Scheckungen aus
dem Buch ‚Genetik der Taubenfärbungen‘, Achim 2015.
Umfangreiche Untersuchungen zur Genetik des weißen Kopfes
Dass im deutschen Sprachraum die Begriffe nicht eindeutig sind, hat
historische Gründe. In den Musterbeschreibungen hat man für einzelne
Rassen die teilweise unterschiedlichen regionalen Namen übernommen.
Christie und Wriedt hatten in den 1920er Jahren Scheckungen
untersucht und dabei detailliert allein bei Scheckungen über mehr
als 400 F1, F2 und Rückpaarungen berichtet.
Dabei in Tabellen so genau, dass Leser ihre Folgerungen
nachvollziehen, aber auch zu abweichenden Schlussfolgerungen kommen
konnten. Eine ihrer Ideen war, dass die Scheckungen einem Puzzle
gleichen könnte, nach dem Erbanlagen für einen weißen Kopf, weißen
Schwanz, weiße Schwingen, weißes Schild, weißen Bauch etc.
zusammenwirken und je nach Faktorkombination unterschiedliche
Scheckmuster ergeben. Obwohl sie nur einen Teil der bekannten
Scheckungsmuster in die Analyse einbezogen, mussten sie für einzelne
Federpartien mehr als einen Faktor als potentiellen Auslöser
annehmen, um nicht in logische Widersprüche zu geraten. Koppelungen
und epistatische Effekte wurden diskutiert. Ganz zufrieden waren sie
mit ihrem Ergebnis trotzdem nicht. Sie hatten 1927 weitere
Untersuchungen angekündigt, zu denen sie nicht mehr gekommen sind.
Baldhead als Bezeichnung eines historischen Farbenschlages – kein
geeigneter Begriff für genetische Analysen
Lester Paul Gibson (2005) hat die Grundidee von Christie und Wriedt
von der relativ einfachen Zusammensetzung der Scheckungen aus
einzelnen genetisch unterschiedlich gesteuerten Teilen aufgegriffen.
Dass dort der weiße Kopfes als ‚Baldhead‘ bezeichnet wird, haben in
der Folge einige wohl zu wörtlich genommen. Denn die Ergebnisse bei
Christie und Wriedt und auch die umfangreichen Berichte über weiße
Köpfe bei anderen Scheckvarianten zeigen, dass es bei vielen
Varianten mit weißem Kopf ein ganz anderes Erbverhalten gibt. Das
ist für viele Scheckungen in den Büchern ‚Pigeon Genetics‘ und
‚Genetik der Taubenfärbungen‘ (S. 329-346) umfangreich dokumentiert.
Mit der Dokumentation wurde keine einheitliche Erbformel für den
weißen Kopf gesucht und auch nicht gefunden. Aufgezeigt wurden aber
unterschiedliche Erbgänge bei Varianten der Scheckung. Gezeigt wird
damit immerhin, dass es aus genetischer Sicht keinen Grund gibt, für
die Englischen Short Faced und andere Rassen im Phänotyp der
Baldhead-Scheckung diese Bezeichnung aufzugeben. Noch weniger Sinn
macht es, alles, was einen weißen Kopf hat, fortan Baldhead zu
nennen. Für genetische Anschlussuntersuchungen wäre es eher
schädlich, alles in einen Topf zu tun, das unterschiedliche Zutaten
benötigt.
Literatur:
Christie, W. und Chr. Wriedt, Charaktere bei der Perückentaube, dem
Kalottentümmler und dem Brünner Kröpfer, Zeitschrift für induktive
Abstammungs- und Vererbungslehre 1927, S. 334-367.
Christie, W. und Chr. Wriedt, Die Vererbung von Zeichnungen, Farben
und anderen Charakteren bei Tauben, Zeitschrift für induktive
Abstammungs- und Vererbungslehre 32 (1923), S. 233-298.
Gibson, L.P., Genetics of Pigeons, o.O., 2005; Genetics of Pigeons.
Columba livia (Gmelin), Plain City, Ohio, USA 1993 (manuscript with
extensive color plates).
Levi, W.M., Encyclopedia of Pigeon Breeds. Jersey City, New Jersey
1965.
Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015.
Sell, Axel, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic
Pigeon, Achim 2012.
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