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Buchbesprechung:

Herkunft & Geschichte des Englischen Kröpfers von 1668 bis 2017 von MMag. DDr. Leonhard Kühschelm, 106 Seiten, mehr als 30 Abb. in Farbe. Eine Publikation des Kunst & Natur Museums Kirchstetten, 2022 ISBN: 9798837985973

Die Monographie von Leonhard Kühschelm über den Englischen Kröpfer ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Einmal durch die umfangreich genutzten historischen Quellen und Abbildungen. Dann durch einen kritischen Blick auf Behauptungen in der Literatur, die unreflektiert über Jahrhunderte weitergegeben werden. Und schließlich durch Einblick in die Gründung und Organisation von Spezialclubs, exemplarische aufgezeigt am Englischen Kröpfer über die letzten beiden Jahrhunderte. Da Leonhard Kühschelm die letzten Jahrzehnte als Insider von Clubs erlebt hat und Zeitzeuge ist, ist eine authentische, teils anekdotische Würdigung von Vorgängen und handelnden Personen entstanden. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte von Tauben-Clubs in der Rassetaubenzucht!

Herkunft der Rasse nach Moore:

Herausgegriffen hier nur die Aussagen zur Herkunft der Rasse, der erste Punkt im Titel. Wie zurecht dargestellt, beginnt die Darstellung der Rasseentstehung mit Moore 1735. Und Moore geht bei der Entstehung ganz selbstverständlich von England aus, wo die Kreuzung von Kröpfer mit Horseman stattgefunden habe, als wenn es davor nichts gegeben habe. Daher auch Englischer Kröpfer. In der nachfolgenden Literatur wird das teils wörtlich wiederholt. Welche Kröpfer standen am Anfang? Als Kröpfer nennt Moore in England neben dem Englischen Kröpfer den kurzbeinigen Pariser, den Uploper und den belatschten Holländischen. Daneben noch den Horseman-Kröpfer, der eine Kreuzung zwischen Carrier und Kröpfer sei.

Potentielle Kröpferrassen, aus denen in den Jahrzehnten vor 1735 der Englische Kröpfer hätte entstehen können:

Etwa 60 Jahre vor Moore hat Willughby 1676 in England die bekannten Taubenrassen beschrieben und ist auch auf die in England vorhandenen Kröpfer eingegangen. Aufgeführt wird nur eine Rasse. Nach der Zeichnung glattfüßig, kurzbeinig und, nach der Beschreibung derzeit in London gesichteter Exemplare, kleiner als ‚Runts‘ (S. 181). Runts, ein Sammelbegriff für große Tauben. Kein vielversprechender Ausgang für den Englischen Kröpfer mit seiner typischen und relativ stabil vererbenden Scheckung.

Die zeitliche Lücke von 1676 bis 1735:

In diese zeitliche Lücke zwischen 1676 und 1735 stösst Kühschelm mit seinem Exkurs über die ‚Seidenweber von Spitalsfield‘, eine erste Hochburg der Zucht Englischer Kröpfer. Ende des 17. Jahrhundert, also etwa zu der Zeit, als das Werk von Willughby erschien, ließen sich viele hugenottische Seidenweber aus Frankreich in Spitalfield nieder. Sie könnten diese Tauben vom Kontinent mitgebracht haben. Durch Abbildungen dokumentiert, gab es dort ähnlich gescheckte Kröpfer. Dass diese Seidenweber zuvor Glaubensflüchtlinge aus England nach Frankreich waren und Tauben über die Generationen hin und her gebracht haben sollten, scheint angesichts der Willughby in England bekannten Tauben allerdings zweifelhaft.

Die Rolle des Horseman:

Ein Jahr vor Moore beschreibt Albin 1734 die ‚Horseman-Taube‘ als eine Kreuzung zwischen Carrier und Kröpfer oder, hier von Bedeutung, auch von Carrier und Runt. Solche Einkreuzungen von Runts in Englische Kröpfer werden später auch von Fulton durch schottische Züchter 1876 diskutiert. Sie könnten auch schon in der Zeit zwischen Willughby 1676 und Moore 1735 stattgefunden haben.

Ergebnisse der Spurensuche:

Leonhard Kühschelm folgend, könnte es sich bei den Ahnen des Englischen Kröpfers um von Hugenotten aus Frankreich nach England mitgebrachte Kröpfer handeln. Danach könnten schon um 1700 Kreuzungen mit Runts stattgefunden haben. Diese werden sich auch später wiederholt haben. Das wird auch aus weiteren Anmerkungen über den Wandel des Erscheinungsbildes über die Zeit in dieser anregenden und unterhaltsamen Schrift deutlich.

 

 

Kröpferdarstellung bei Willughby 1676