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Etappen einer Taubenrasse: Thüringer Einfarbige

Von der ersten Erwähnung 1856 bis zur Anerkennung 1951

Weißeulige und grundfarbige Tauben wurden schon 1856 von Ludwig Storch unter den in Ruhla im Thüringer Wald beliebtesten Farben genannt. Darunter Eulige in zahlreichen Varianten. In Grundfarbigen, Grundstöpflichen und Gelbgrundstöpflichen kann man die späteren Täuberfarben bei den Thüringer Einfarbigen erkennen.

Abb. 1: Storch, Ludwig (anonym), Land und Leute Nr. 5 Die Ruhl und die Rühler, Die Gartenlaube 1856, Heft 27-29, S. 352-355, 374-376, 386-388.

Etwas später sind Farben der Tauben in Ruhla in ähnlichen Worten zu finden im touristischen Reiseführer von Alexander Ziegler 1869. ‚Grunzfarbig‘ bei Storch wurde mit Grundfarbig richtiggestellt. Grundfarbig ist heute die Bezeichnung der exklusiven Täuberfarben. In Taubenmonographien wie Neumeister/Prütz 1876 und anderen aus der Zeit werden diese Tauben nicht genannt.

Offizielle Anerkennung 1951

Im deutschen Taubenstandard wurde die Rasse 1951 gleichermaßen in Ost und West anerkannt. Aus Erfahrung wussten die Züchter, dass einige Farben nur bei Täubern vorkamen. Als ‚geschlechtsgebunden‘ wurden im Standard Hellgrundfarbige, Gelbgrundfarbige und Blaugrundfarbige herausgehoben. Alle anderen Färbungen einschließlich der Schimmel (Eulige) waren offen für Täuber und Täubinnen.

Abb. 2: Thüringer Einfarbige in der ersten Musterbeschreibung.

Zuwachs an Wissen zum Geschlechtsdimorphismus

In den 1930er und 1940er Jahren wurde in den USA der farbliche Geschlechtsdimorphismus durch ‚Faded‘ entdeckt. In der Auswirkung bei Täubern, die bei Reinerbigkeit das Gen zweifach besitzen, mit einer stärkeren Aufhellung als bei Täubinnen, die das Gen nur einfach haben. Gefestigtes Wissen kam erst mit den Texanern mit dem Erbfaktor ‚Faded‘ nach Europa. Diese waren in den USA 1962 als ‚Auto-Sexing-Pioneers‘ anerkannt worden. Bei Reinzucht lässt sich schon im Nest erkennen, welches Geschlecht die Jungen haben. Andreas Leiß (2000) fand heraus, dass die Hauptfarbenschläge der Thüringer Einfarbigen demselben Muster von exklusiven Täuber- und exklusiven Täubinnenfarben folgten. Allerdings mit einem geringeren Farbaufhellungseffekt in beiden Geschlechtern, ausgelöst durch ‚Frosty‘, ein Allel von Faded. Wahrscheinlich identisch, mit dem Faktor, den Tim Kvidera in den USA bei Brieftauben untersucht hatte.

 

Abb. 3: Blaugrundfarbiger Täuber (rechts) mit einer hemizygoten Frosty-Täubin (links) bei Thüringer Einfarbigen

Den damals neuen Erkenntnissen wurde bei der Überarbeitung des Standards (Ringbuchordner 2004) für die Thüringer teilweise Rechnung getragen. Nur teilweise, denn, als Ausnahme zu den exklusiven Täuber– und Täubinnenfarben bei den anderen Farbenschlägen, wurden Schimmel in der Täubinnenfarbe in beiden Geschlechtern anerkannt.

Abb. 4: Musterbeschreibung der Thüringer Einfarbigen 2004

Warum die Ausnahme für Schimmel?

Thomas Oschmann aus Finsterbergen im Thüringer Wald hatte schon darauf hingewiesen, dass es auch eine Täuberfarbe bei Schimmel gab: die Weißlinge oder Gestorchten. Gründe, bei der Überarbeitung des Standards darauf nicht einzugehen, waren wohl die geringe Verbreitung der Schimmel und mangelnde Phantasie. Ein Großteil der Züchter konnte sich wahrscheinlich nicht vorstellen, dass reinerbige Grundfarbige durch den Schimmelfaktors schon in Mischerbigkeit zu Weißlingen aufgehellt werden. Offenbar gab es auch keine Bereitschaft, der Frage empirisch nachzugehen. Mit traditionellen Erbversuchen hätte man den Erbgang in zwei aufeinanderfolgenden Paarungen nachstellen und nachvollziehen können.

Der heutige Stand: Die Täuberfarbe der Schimmel in der AOC-Klasse

Nachvollziehen kann man den Erbgang heute auch anhand der Stammbäume bei der Wiedererzüchtung der glattfüßigen Thüringer Schimmel durch Frank Zetzsche. Die ersten für Frosty reinerbigen Schimmel wird man wahrscheinlich auf der kommenden Lipsia 2023 in der AOC-Klasse in glattfüßig und belatscht als ‚Weißgestorchte‘ sehen. Paradox, eine rein zu züchtende Täuberfarbe in einer kennfarbigen Rasse in der AOC-Klasse statt in der regulären Klasse zu finden.

  

Abb. 5: Abb. 6: Kennfarbige Thüringer Einfarbige glattfüßig. Täuber- und Weibchenfarbe bei Schimmel, reinerbiger Frosty-Täuber (links) bzw. geschlechtsbedingt hemizygote Frosty-Täubin (rechts), beide mischerbig Schimmel. Fotos und Zucht Frank Zetzsche

Abb. 6: Kennfarbige Thüringer Einfarbige. Täuber- und Weibchenfarbe bei Schimmel, reinerbiger Frosty-Täuber (rechts) bzw. geschlechtsbedingt hemizygote Frosty-Täubin (links), beide mischerbig Schimmel. Fotos und Zucht Frank Zetzsche

Literatur:

Ilgen, H., und Bernd Herbold, 100 Jahre Sonderverein der Thüringer Farbentauben, Sonneberg 2010.

Sell, A., Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015.

Sell, A., Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon.

Sell, A. und J., Vererbung bei Tauben, Reutlingen 2007.

Storch, Ludwig (anonym), Land und Leute Nr. 5 Die Ruhl und die Rühler, Die Gartenlaube 1856, Heft 27-29, S. 352-355, 374-376, 386-388.

Ziegler, Alexander, Ruhla und seine Umgebung 1869: Das Thüringerwalddorf. Eine kulturgeschichtliche Ortskunde und ein treuer Geleitsmann, Reprint Dresden 1669.