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Herausforderungen Tierschutz und Taubengesundheit auf und nach dem VDT-Meeting in Rostock:

Die Verabschiedung der Novelle des Tierschutzgesetzes und mögliche Folgerungen für die Zucht von Rassetauben und das Ausstellungswesen scheint für Taubenzüchter noch in weiter Ferne zu liegen. So kann man sich erklären, dass das VDT-Meeting in Rostock, auf dem neben aktuellen Herausforderungen für das Management der Taubengesundheit der Tierschutz im Fokus stand, in einem relativ kleinen Rahmen stattfand. Nach Einschätzung auf der Tagung steht die Umsetzung unmittelbar bevor.

12. VDT-Meeting 30. August – 1. September 2024 in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock

Dem Vortrag der Leiterin der Taubenklinik des Deutschen Brieftaubenverbandes, Dr. ElisabetH Peus, Modernes Management der Taubengesundheit, wurde das Motto vorangestellt: Vorbeugen ist besser als heilen. Dargestellt werden Paramyxovirose (PMV) und Abgrenzung zur ND, Impfungen gegen PMV, Rotaviren und Salmonellen, weitere Impfstoffe und eine Desinfektionsmittelliste. Die Anforderungen an die Züchter werden nicht geringer. Thematisiert auch der Umgang mit Fundvögeln.

Dr. Peter Hinsberger, Referent für Tierschutz in Mecklenburg-Vorpommern, ausgebildeter Tierarzt, referierte über die Novellierung des Tierschutzgesetzes aus Behördensicht. Eine Verabschiedung stehe möglicherweise Ende des Jahres an. Herausgestellt 1. das Verbot der Zucht mit Tieren mit Qualzuchtmerkmalen und 2. das Ausstellungs- und Werbeverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen nach § 11b TierSchG. Das Gutachten zur Auslegung vom 03.11.1999 wird als an vielen Stellen veraltet und dringend aktualisierungsbedürftig angesehen. Hilfestellung scheint von der seit 2021 betriebenen Datenbank QUEN (Qualzucht-Evidenz-Netzwerk gGmbH) erwartet zu werden: „Die Durchsetzung des bestehenden Qualzuchtverbots für die zuständigen Behörden auf Landesebene war bislang sehr komplex und aufwändig“. Inwieweit die Aktualisierungen und Ergänzungen der privaten Initiative QUEN einer kritischen Nachprüfung standhalten werden, ob Außenstehende sie einsehen können, und wie ggf. Widersprüche gegen Eintragungen möglich sind, scheint offen zu sein. Das Referat vermittelt den Eindruck, dass ein Bedarf an solchen Informationen zur Absicherung eigener Entscheidungen besteht.

Dr. Martin Linde, Tierschutzbeauftragter im VDT, stellt die Thematik ‚Rassetaubenzucht und Tierschutz‘ unter das Motto ‚Wege in die Zukunft‘. Das Ausstellungs-, Werbe- und Handelsverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen wird in den Vordergrund gestellt.  Nicht alle Punkte der in § 11b(1a) aufgeführten Liste von Symptomen für Schmerzen, Leid und Schäden sind für Tauben relevant. An einigen Punkten wird verdeutlicht, worin für die Taubenzucht bereits ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gesehen wurde. Bewegungsanomalien, ausgelöst auch durch starke Befiederung der Füße, Anomalien des Skeletts, Sichtfreiheit und Körperhaltung sind häufig genannte Punkte.

Überlänge in der Fußbefiederung: Nordkaukasische Farbenschwänze (Foto Sell)

Konkret gezeigt auch durch Praxisbeispiele im Ko-Referat von Jürgen Weichold, Obmann des VDT-Zuchtausschusses. In der Schlussfolgerung gelte es, der Übertypisierung entgegenzuwirken und bestehende Rassemerkmale kritisch zu überprüfen. Rassemerkmale müssten auch zurückgezüchtet werden, wenn man zum Ergebnis kommt, dass sie mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar sind.

Plädiert wird auch dafür, in der Rassegeflügelzucht vorhandenes Expertenwissen stärker einzubringen. Man müsse nicht Plattformen wie QUEN die Deutungshoheit allein überlassen.

Die von Dr. Hinsberger auch thematisierten Zuchtverbote werden nicht kommentiert. Sie gelten, wenn im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht u.a. bei der Nachzucht erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder bei den Nachkommen mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten…

Im Gutachten von 1999 genannt wurden die Probleme bei einem Teil der Nachzucht, wenn zwei Merkmalsträger des Stipper-Gens (dort noch Almond-Gen genannt) und des Gens Dominant Opal jeweils untereinander verpaart werden. Daraus folgend das Gebot der Unterlassung einer solchen Paarung von zwei Merkmalsträgern. Empfohlen die im Sammelband von Erich Müller (2000) aufgezeigten und im Bild dargestellten Paarungen am Beispiel einer hellblauen (Dominant Opal) Täubin mit einem blauen Täuber der Pommerschen Schaukappen (Nicht-Merkmalsträger) und eines Dänischen Gelbstippers mit einer Gelb-Agate Täubin (Nicht-Merkmalsträger).

   

Quelle: Erich Müller (Hrsg.), Alles über Rassetauben Band 1, Reutlingen 2000, Fotos: Sell, aus der eigenen Zucht.

In der Novelle wird es eingefangen in § 11b (1 (1c)). Dort allerdings sinnfrei formuliert: „Die Zucht zum Zweck der Beseitigung erblich bedingter, mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundener Störungen oder Veränderungen im Sinne des Absatzes 1 darf unter Darlegung eines geeigneten Zuchtkonzeptes, das der Behörde vom Züchter auf Verlangen vorzulegen ist, erfolgen“. Sinnfrei, denn die Erscheinungen werden nicht beseitigt, das Entstehen wird durch das Zuchtkonzept beseitigt bzw. verhindert. Inwieweit die Formulierung im Interesse der Züchter interpretiert wird, bleibt fraglich.

Von der Tiergesundheit und vom Tierschutz überlagert der informative Beitrag von Jürgen Vedder, MIFUMA, zum innovativen Fütterungsmanagement. So auch der eigene Beitrag zu den Mecklenburgischen und Pommerschen Taubenrassen. Thematisiert wurde dort über die Rasseporträts hinaus auch die Bedeutung einer Dokumentation der Rassemerkmale zur Vermeidung von nicht autorisierten Typveränderungen durch Kreuzungen und zum Zweck der Wiedererzüchtung nach temporärem Verschwinden. Wie will man aber auch ‚Übertypisierung‘ vermeiden, wenn der Typ nicht nach objektiven Kriterien in Musterbeschreibungen oder anderswo erfasst ist!

Ein permanentes Thema ist auch bei den angesprochenen Rassen die Frage der Anerkennung von Zwischenfarbenschlägen, die beim Neuzüchtungsverfahren rund die Hälfte der Arbeit des Bundeszuchtausschusses ausmacht. Unnötig, da die in der Rasse vorhandene Erbfaktoren nur anders gemischt werden und grundlegende Änderungen des Rassetyps nicht zu erwarten sind. Bei seltenen Rassen würde eine automatische Zulassung die Zuchtbasis erhöhen und generell das ‚Spielen‘ mit Färbungen erleichtern.

‚Spielen mit Farben‘: Erweckung von Farbenschlägen durch Neukombination von in der Rasse vorhandenen Erbfaktoren (aus dem Tagungsbeitrag)

Vielleicht auch ein Ventil gegen den Drang zur Übertypisierung bei hoch entwickelten Rassen. Erforderlich wäre dazu nur ein Zurück zu den ersten Musterbeschreibungen. Bei Schachtzabel (1910) und teils noch 1951 werden bei den meisten Rassen nur die häufigsten Farbenschläge genannt, danach ‚und andere‘. Ein Satz in der AAB und im Vorwort der Musterbeschreibung würde genügen, das Problem zu lösen. Das von Dr. Linde in der Rassegeflügelzucht vermutete Expertenwissen kam bei der Frage der Farbenschläge in der Vergangenheit zumindest nicht zum Tragen. Möglicherweise ist es bei Experten vorhanden, aber nicht bei den Entscheidungsträgern.