Libanontauben und Libanonbronze
Rote und gelbe Libanontauben mit Spiegelschwingen und weißer
Schwanzbinde erregen durch die intensive Färbung und den
Farbkontrast immer wieder das Interesse von Züchtern. Die Färbung
findet sich auch bei Rschewer Sternschwanztümmlern, Tulaern und
Wolgatümmlern sowie einigen weiteren Rassen.
Abb. 1: Libanontauben rot und gelb
Abb. 2: Rschewer Sternschwanztümmler rot und Tulaer
Sternschwanztümmler
Auch genetisch sind sie interessant. W.F. Hollander hat gezeigt,
dass es sich bei den Libanontauben nicht um rezessive rote Tiere,
sondern genetisch um Dominant Rote mit einer dunklen Hämmerung
handelt. Das rezessive Rot würde der Färbung nur schaden. Zusätzlich
sind aber weitere farbintensivierende Faktoren wie Kite-Bronze
notwendig, um die intensive Färbung zu erreichen. Er vermutete, dass
es in unterschiedlichen Rassen auch unterschiedliche Modifikatoren
geben könnte.
Die Übertragung der weißen Schwanzbinde auf schwarze Tauben ist
nicht möglich. Das haben mehrere Versuche gezeigt. Der Verfasser hat
es in seiner Jugend selbst bei Rschewer Sternschwänzen probiert.
Nach Kreuzungen zeigten einige der Roten in den
Nachfolgegenerationen die weiße Schwanzbinde, bei schwarzer
Grundfarbe fehlt sie. Bei anderslautenden Berichten wurden
Kreuzungen mit Satinetten und Blondinetten mit dem Faktor ‚Frill
Stencil‘ vorgenommen. so waren bei Rolf Pikhart=Halle Blaue mit der
Färbung der Bluetten entstanden (Karsten 1967).
Abb. 3: Rschewer Sternschwanztümmler in einem Artikel von Hans
Joachim Karsten: Gibt es schwarze Rshewer Sternschwanztümmler?
Geflügel-Börse 14/1967
Viele bei Pfautauben auch auf den Großschauen gezeigte
Spiegelschwänze sind von der Farbintensität weit von der Färbung der
Libanontauben und den Sternschwänzen entfernt. Der Modifikator zur
Aufhellung der Schwanzbinde ist vorhanden. Diese ist damit aber
nicht weiß. Bei hellen fahlen Schwanzfedern kann sich eine weiße
Binde ohnehin nur schwer ausbilden.
Abb. 4: Pfautauben von der VDT-Schau Leipzig als Spiegelschwänze
gemeldet und bewertet (Quelle: Genetik der Taubenfärbungen 2015)
Solche ‚Spiegelschwänze‘ kann man auch ohne Kreuzungen mit
Libanontauben durch Auslese aus Dominant Roten erhalten. Man findet
sie gelegentlich unter roten Schautauben. So die ebenfalls in den
Schwingen mit Ausnahme der hellen Spitzen durchgefärbte Taube in der
Sicht von oben und von unten betrachtet in Abb. 5 links und Mitte.
Daneben rechts ein intensiver rot gefärbter Rschewer
Sternschwanztümmler.
Abb. 5: Links und Mitte rot Deutsche Schautaube, rechts Rschewer
Sternschwanztümmler (Quelle: Pigeon Genetics 2012)
Joe Quinn (1971, S. 79) hat bei der Behandlung der Bronzefaktoren
auch Libanonbronze aufgeführt, der bei Kreuzungen mit dem Wild-Typ
verdunkelnd wirke und einen Stich ins Bronze auslöse (a tinge of
bronze). Bei Dominant Roten (velvets) komme es zu Aufhellungen der
Spiegel in Schwingen und Schwanz. Paul Gibson war allerdings der
Meinung, dass es einen Faktor Libanonbronze nicht gäbe und andere
Bronzefaktoren den Part übernehmen könnten. Zunächst eine
Behauptung. Dass andere Faktoren den Part übernehmen könnten,
bedeutet noch nicht, dass es den Faktor nicht gibt. Ob identische
oder ähnliche Effekte erzeugt werden, ist auch noch eine offene
Frage.
Kreuzungen eines Wolgatümmlers mit einer blaugehämmerten Täubin
bestätigten, dass es sich wie bei Libanontauben und Rschewer
Sternschwänzen um dunkelgehämmerte dominant rote Tauben ohne
Farbausbreitungsfaktor handelt. Die Farbintensität der F1
hat im Vergleich zu Wolgatümmlern drastisch abgenommen, die
Schwanzfarbe ist aschfahl und nicht rot (Abb. 6 links unten).
Abb. 6: Testpaarungen mit Wolga-Sternschwanztümmlern. Links oben
Ausgangspaarung 1,0 Wolgatümmler x Blaugehämmert; links unten F1
mit zwei Jungtieren der F2 ; rechts oben
ausgewählte Jungtiere der F2, rechts unten Feder eines kite-artigen
Jungtieres der F2 mit tief reichendem Kupferglanz und
daneben eine vergleichbare Halsfeder eines roten Wolgatümmler mit
Rotglanz.
In der F2 gab es bei den Jungweibchen mit schwarzer
Grundfarbe einige Dunkle, ähnlich den Kites der Englischen Short
Faced (Abb. 6 rechts oben). Erwähnenswert, wie tief bei einigen der
Kupferglanz in die Federn im Halsbereich eingedrungen ist (Abb. 6
rechts unten). Von der blaugehämmerten Mutter kann das nicht
stammen, es muss vom Wolgatümmler gekommen sein, bei dem sich der
Rotglanz auch zeigte (Abb. 6 ganz rechts). Bei den Roten dieser
Paarung keines mit annehmbarem Spiegelschwanz, was bei den meisten
schon an der aschfahlen Schwanzfarbe scheiterte.
Bei einer weiteren Paarung mit einer Täubin (mit Gimpelhintergrund
einige Generationen zurück) in der F1 einige Rote mit
bläulich aufgehellter Schwanzbinde (Abb. 7 rechts oben) und in der F2
auch einige intensive Rot mit annähernder weißer Schwanzbinde (Abb.
7 rechts unten). Hier kommen die dem Libanonbronze von Quinn
zugeschriebenen Verdunkelungseffekte und der Aufhellungseffekt in
der Schwanzbinde zusammen. Ob es sich um einen Faktor handelt, oder
um mehrere, das ist offen.
Abb. 7: Feder aus dem Brustbereich eines roten Wolgatümmlers (link),
daneben Federn einer F1 und ganz rechts Feder einer roten
Blassentäubin; oben rechts Jungtiere der F1 aus der
zweiten Paarung und darunter Jungtier der F2 mit
durchgefärbtem Schwanz und weißer Schwanzbinde (Quelle: Genetik der
Taubenfärbungen).
Für praktische Zwecke zeigen die Berichte aus den Zuchten und eigene
Versuche, dass sich das Farbbild bei Rückpaarungen an Libanontauben
oder Sternschwanztümmler bei einigen der Jungtiere wieder einstellt.
Bei einer Aufspaltung in der F2 wird man weniger Erfolg
haben, was aber ganz typisch für Erscheinungen ist, bei denen
mehrere rezessive Erbfaktoren zusammenwirken müssen. Gibson ist
durch das Zusammenfügen der aus den genetischen Tests bekannten
wesentlichen Bestandteile der Färbung zu ähnlichen Erscheinungen
gelangt. Konkret übertrug er die dominant rote Farbe auf dunkle
Kites der Branderzucht und verband damit Dominant Rot mit der
dunklen Hämmerung, einem Bronzefaktor und dem Fehlen des
Farbausbreitungsfaktors.
Literatur:
Gibson, Paul (Hrsg.), Pigeon Genetics Newsletter August 2004, 2007
Hollander, W.F., Origins and Excursions in Pigeon Genetics, Burrton,
Kansas 1983
Karsten, Hans-Joachim, Gibt es schwarze Sternschwanztümmler?
Geflügel-Börse 14/1967
Quinn, Joe, The Pigeon Breeders Notebook 1971
Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015
Sell, Axel, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic
Pigeon, Achim 2012
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