Auf den Spuren der Thüringer Schweiftaube: Von der
Modetaube ins Abseits
(From
a fashion pigeon to nothingness)
In der deutschen Literatur um 1800 stößt man auf die 'Schweiftaube',
die kurz danach verloren ging. Sie wird in der dem Autor
zugänglichen nachfolgenden Literatur auch nicht mehr erwähnt.
Bechstein (1807) kennt sie. Man finde unter den vielen einheimischen
Feldtauben auch die Schweiftauben oder einfarbigen Mönche. 'Mönch'
und 'einfarbig' ist schon ein Widerspruch, auch manch andere
Aussagen aus dieser Zeit bedürfen einer kritischen Interpretation.
Einfarbiger Mönch soll besagen, dass sie vermutlich aus Kreuzungen
von Einfarbigen mit Weißköpfigen entstanden sind (S. 1012 f.).
Darauf führt Bechstein auch zurück, dass die Tauben vor der
Schwanzbinde eine Aufhellung zeigen. Hinter dem Thüringerwalde seien
es zur damaligen Zeit "die Hauptmodetauben".
Nicht alles, was bei Bechstein geschrieben steht, deutet auf die
1951 anerkannten Thüringer Einfarbigen als Nachfolger der
Schweiftauben hin, wie es Christian Reichenbach in einem Artikel in
der Geflügel-Börse 2008 annimmt. Aber doch einiges. Die Widersprüche
mögen damit zu begründen sein, dass man damals den interessanten
geschlechtsgebundenen Erbgang und das Nebeneinander vieler
Farbenschläge in einer einzigen Taubenfamilie logisch nicht erklären
konnte. Das für Bechstein Typische: "Sie haben … auf den Flügeln
zwey dunkle Binden und auf dem Schwanze vor der Spitze einen breiten
dergleichen Streif, welcher sich im Flug sehr gut ausnimmt und
welchen die Taubenliebhaber dann einen Schweif nennen". Das findet
man gelegentlich ausgeprägt auch heute bei Thüringer Einfarbigen,
und nicht nur bei ihnen. Auf Thüringer Einfarbig mit diesem Schweif
ist Andreas Leiß beim Austesten des Erbganges der Thüringer
Einfarbigen gestoßenen und sie sind auch in Kreuzungstauben mit
Thüringer Einfarbigen beim Verfasser aufgetreten.
Abb. 1:
'Schweiftaube' - spalterbiger Kreuzungstäuber aus der Zucht des
Verfassers und dem Buch 'Genetik der Taubenfärbungen'
Nicht alle Farbenschläge der bei den Liebhabern der
'Schweiftaube' gehaltenen Bestände werden die für Bechstein typische
Aufhellung vor der Schwanzbinde gezeigt haben. So wie man es heute
auch nicht bei allen Farbenschlägen der Thüringer Einfarbigen
findet. Sie wird auch nicht im Standard verlangt oder erwähnt. Zur
damaligen Zeit mag die 'Zufälligkeit' der Erscheinung in der Zucht
enttäuschend gewesen sein. Wie es zum Untergang der Rasse gekommen
ist, das kann man sich gut vorstellen, und ähnliches passiert auch
bei anderen Rassen. In den Vereinen haben und hatten oft Züchter das
Wort, die sich nie mit Vererbungsfragen auseinandergesetzt haben. So
entstehen Standards und beharren Preisrichter auf Forderungen, die
aus genetischen Gründen nicht zu erfüllen sind. Damit mag auch der
Untergang der damaligen 'Moderasse' zusammengehangen haben.
Abb. 2:
Ausgewählte Farbenschläge der Thüringer Einfarbigen aus dem Buch
'Taubenfärbungen, erschienen bei Oertel+Spörer - selected colors of
Thuringian Selfs from the book 'Colouration of the Domestic Pigeons'
From
a fashion pigeon to nothingness
In the very old German literature, one will find the
'tail pigeon' (Schweiftaube). Bechstein (1807) mentioned that among
the many local field pigeons in Germany you will also find the tail
pigeons or 'self monks'. From a didactic point of view this term is
not really enlightening. 'Monk' and 'self' are a contradiction in
itself. Like many other statements this requires a critical
interpretation. Self monk should mean that they probably arose from
crosses of selfs with a white headed breed (p. 1012 f.). The
lightening in front of the tail bar is assumed to have come from
such crosses. Not really plausible from our knowledge about genetics
today. According to Bechstein 1807 at the 'Thüringerwalde', the
great timbered region in Thuringian, these pigeons were at that time
the most esteemed breed. Not everything that is written by Bechstein,
points to the 1951 standardized Thuringian Self Pigeon, as is
guessed by Christian Reichenbach in an article 2008. But a lot, and
the obvious contradictions between what is written by Bechstein and
reality at the today Thuringian Selfs may be explained by the lack
of knowledge about genetics at that time. Thus fanciers and also
scientists could not explain the interesting sex-linked inheritance
and the coexistence of many kinds of colors side by side in the same
family. Bechstein characterized the main features of the'
Schweiftauben' as follows: "They have two dark bars... on the wings
and on the tip of the tail an identical one, which looks very good
in the air when flying and which the fancier then call 'Schweif'". 'Schweif'
is an old-fashioned term for tail. That characteristic is still
found today in some Thuringian Selfs and also in some other breeds.
Andreas Leiss noticed them when he analyzed the genetics of the
Thuringian Selfs and the author also got them in his test mating
(Fig. 1). The trait does not occur in all colors of the Thuringian
Selfs. It is not mentioned in the standard. The fact of the only
'accidental' lightening in front of the tail bar, though according
to Bechstein the main feature of the breed, might have been the
reason for frustrations among breeders and the final decline. A good
example that lack of knowledge in genetics and wrong standard
setting might ruin a breed.
Abb. 3: Thüringer Einfarbige blaugrundiger Täuber und
dazu gehörende blaubindige Täubin aus dem Buch 'Pigeon Genetics' - A
couple of Thuringian Selfs, sex linked blue ground coloured cocks
and blue bar hens from the book 'Pigeon Genetics'
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