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Systemversagen oder systemimmanent: Das rassezüchterische Element in Rassegeflügelzuchtverbänden

System failure or systemic: the animal-breeding element in poultry breeders’ associations

Um die Entwicklung und Weiterentwicklung von Rassen kümmern sich Züchter und ggf. Sondervereine. Welche Rolle spielen dabei der BDRG (Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter e.V.) und Zuchtausschüsse? Anders als viele vermuten sieht die durch die Satzung vorgegebene Organisationsform eine aktive Rolle gar nicht vor. Wer mehr erwartet, wird von einem Systemfehler sprechen, andere von einer gesunden Eigendynamik des Systems.

 

Abb. 1: Präsentation des SV der Züchter Coburger Lerchen Dortmund 2007 (presentation of their breed from the Coburg Lark Fanciers at Dortmund in 2007)

Die Fakten: Standards fallen nach § 6 der Satzung unter die Kompetenz des Bundes. Eine Aufgabe des Bundes wird in der Aufstellung und Änderung von bundeseinheitlichen Standards für jede Rasse gesehen. Wahrgenommen wird die Aufgabe durch den als Fachgruppe bezeichneten Zucht- und Anerkennungsausschuss. Zu den Aufgaben auf der Homepage des BDRG:

„Der Bundes Zucht- und Anerkennungsausschuss (BZA) ist für die Zulassung neuer Rassen und Farbenschläge, aber auch für Standardänderungen bei bereits anerkannten Rassen zuständig. Es ist dabei seine Aufgabe darauf zu achten, dass sich neu anzuerkennende Rassen signifikant von bereits zugelassenen Rassen unterscheiden. Ebenso müssen die vorgestellten Tiere konform mit dem aufgestellten Standard als auch mit allgemeinen Anforderungen wie z.B. Tierschutzrelevanz gehen. Die Arbeit im BZA ist sehr wichtig für die Entwicklung der Rassegeflügelzucht.“

Kein Wort über ein Monitoring, eine positive Beobachtung und Begleitung der Entwicklung von Rassen. Die Anerkennung steht im Vordergrund, Standardänderungen werden in der Regel an den Ausschuss herangetragen, wie z.B. die Beantragung neuer Ringgrößen. Die Entwicklung der Rassen, und dabei auch Änderungen von Körpergrößen, Schnabellängen u.a. wird nicht registriert. Quantitative Angaben sind in Standards sogar nur ausnahmsweise geduldet. So weiß auch keiner, wie lang die Schnäbel der Mittelschnäbler sind und wann ein ehrgeiziger Züchter bei einer Rasse die Grenze zum Kurzschnäbler über- bzw. unterschreitet. Man weiß auch nicht, wann ein „knapp mittelgroßer“ Tümmler „kräftig“ wird. Bei manchen Rassen wären Angaben zur Größe oder zum Gewicht zur Abgrenzung nützlich.

Abb. 2: Mittelhäuser, Beneschauer Taube und Münsterländer Feldtaube

So sollen die Münsterländer Feldtauben ohne Gewichtsangabe eine „kräftige veredelte Feldtaubenform“ haben, Beneschauer Tauben sind eine „vitale, kräftige Taube, aber trotzdem beweglich und flugfähig“. Der Hinweise „Alttiere bis 750 g“ soll jetzt gestrichen werden. Mittelhäuser Tauben sind „eine kräftige, flugfähige Taube, ca. 800 g schwer“. Befürworter einer offenen Regelung können darauf verweisen, dass Züchter, die den Weg zum Kurzschnäbler oder in eine andere Größenordnung nicht mitgehen wollen, die Zucht aufgeben und die Rasse wechseln können.

Gascogne Tauben, die auch schon vorgestellt wurden, sollen nach dem französischen Standard ein Gewicht von 600-700 g haben. Sie ähnelt den vorgenannten Rassen im blauen Farbenschlag. Von ihnen war in den Archiven offenbar kein Bild vorhanden, an dem man die im Standard geforderte Farbgebung mit den gezeigten Tieren abgleichen konnte. Nach dem französischen Standard sollen sie ausgebleichte Binden haben ('comme voilée' - wie verschleiert oder vernebelt). Diese sollten damit nur angedeutet scheinen, wie es auch ältere Fotos im Internet aus Frankreich zeigen. In der Genetik ist eine ähnliche Erscheinung als 'erased', ausradiert bekannt.

 

Abb. 3: Gascogne-Tauben aus Frankreich (papi62630.skyrock.com) und Deutsche Schautaube blau ‚erased‘ (radiert)

Auch bei seltenen Farbenschlägen in Deutschland interessiert nach der Anerkennung kaum noch, ob die Farbe der Musterbeschreibung und den früheren Vorgaben und Vorbildern entspricht. Preisrichter sind auf sich selbst gestellt, eine Datenbank, auf der sie sich schnell informieren könnten, gibt es auch nicht. Das kann nicht mit Freizügigkeit erklärt werden, denn es steht im Widerspruch zur Ablehnung einer großzügigeren AOC-Klasse durch die Bundesversammlung des BDRG als zentrales Beschlussorgan und zu der Stringenz der Lizenzerteilung für neue Farbenschläge. Diese müssen ein oft langwieriges und teures Neuzüchtungsverfahrens durchlaufen, wodurch der Zuchtausschuss ohnehin schon ausgelastet, wenn nicht überlastet ist.

Als Konsequenz gibt es bei vielen Fragen keine Orientierungshilfen für Züchter und Sondervereine. In Konfliktfällen bei einzelnen Rassen können Zuchtausschüsse durch den geringen Informationsstand und vage Standards nichts zur Diskussion beitragen. Es ist kein Verschulden einzelner Personen oder Kommissionen. Das rassezüchterische Element ist, gewollt oder nicht gewollt, kaum in der Satzung verankert. Ob Systemversagen oder neutral formuliert, systemimmanent, ist dann eine Frage des Standpunktes.

 

System failure or systemic: the animal-breeding element in poultry breeders’ associations

 Breeders and sometimes special clubs take care of the development and further development of breeds (Fig. 1). What role do the BDRG (The German Association of Poultry Breeders e.V.) and breeding committees play? Unlike many assume, the organizational form prescribed by the constitution does not provide for an active role at all. Those who expect more will speak of a system error, others of a healthy momentum.

The facts: According to § 6 of the statutes, standards fall under the competence of the BDRG. A task is seen in the setting up and changing of nationwide standards for each breed. The task is carried out by the Breeding and Recognition Committee (Standard Committee), which is designated as a special group within the organization. On the tasks at the homepage of the BDRG: "The Federal Breeding and Recognition Committee (BZA) is responsible for the approval of new breeds and colors, but also for standard changes in already recognized breeds. It is his job to ensure that newly recognized breeds differ significantly from already approved breeds. Likewise, the presented animals must comply with the established standard as well as general requirements such as e.g. in respect to animal welfare. The work in the BZA is very important for the development of the breed of poultry. "

 Not a word about monitoring, positive observation and monitoring the evolution of breeds. Recognition stands in the foreground, standard changes are usually brought to the Committee, such as the application for new band sizes. The evolution of the breeds, as well as changes in body sizes, beak lengths etc. will not be registered. Quantitative information is even exceptionally tolerated in standards. So no one knows how long the beaks of the middle-beaked tumblers are and when an ambitious breeder in a breed crosses the border to the short-beaked tumblers or falls below. One also does not know when a "just medium sized" tumbler becomes “strong". For some breeds, size or weight information would be useful for demarcation. Thus, the Münsterland Field Pigeons without quantitative indication must have a "strong ennobled field pigeon shape", Beneschauer pigeons are a "vigorous, powerful pigeon, but still agile and capable of flying". The instructions "old animals up to 750 g" should now be deleted. Mittelhäuser pigeons are "a strong, airworthy pigeon, weighing about 800 g" (Fig. 2). Advocates of an open scheme can point out that breeders who do not want to go the way to the short-beaked or the way to another type or scale can give up breeding or change their breed.

Gascogne pigeons, which have already been presented, are said to have a weight of 600-700 g according to the French standard. It resembles the aforementioned breeds in the blue color class. From the Gascogne in the archives apparently no picture was available, at which one could match the color required in the standard with the pigeons shown. According to the French standard, they are said to have faded ties ('comme voilée' - like veiled or clouded). These should only seem to suggest, as also some historic photos on the internet from France show. In genetics, a similar phenomenon is known as 'erased' (Fig. 3).

Even with rare colors in Germany, after recognition hardly anybody is interested in whether the color of the standard description and the previous specifications fit with the individuals shown. Judges are on their own and a database on which they could inform themselves quickly, does not exist. This can not be explained with liberal attitude, because it contradicts the rejection of a more generous AOC-class by the Federal Assembly of the BDRG as the central decision-making body and the stringency of the licensing of new color classes. These have to undergo an often lengthy and expensive procedure of presenting them at the national shows before they get accepted. That also means that the standard committee is already busy by these activities, if not overloaded.

As a result, there are at many questions no guidance for breeders and special clubs. In conflicts at individual breeds, breeding committees can not contribute to the discussion due to their low level of information and vague standards. It is not a fault of individuals or commissions. The animal breeding element is, intentionally or unwillingly, hardly anchored in the statute. Whether system failure or, neutral formulated, systemic, is a question of viewpoint.

Literature:

BDRG, Satzung des BDRG e.V.

BDRG, Deutscher Rassetauben-Standard in Farbe, Ringbuchordner

Münst, Alois, Tradition pflegen – alte Rassen bewahren. In: Erich Müller (Hrsg.), Alles über Rassetauben Band I, Oertel+Spörer, Reutlingen 2000, hier S. 368-381.