Taubenfärbungen in
Musterbeschreibungen und in ungebundenen Zuchten
Pigeon colors in standards and in the not
organized fancy
Welche Farbe ist das? Für Taubenzüchter, die in
Rassegeflügelzuchtvereinen groß geworden und durch das
Ausstellungswesen geprägt sind, eine seltsame Frage. Man sieht in
den Standard und vergleicht. Für Almond z.B. liest man „ein
almondfarbenes Grundgefieder mit schwarzen Stippen oder Sprenkeln,
Schwingen und Schwanz dreifarbig“. Sind die Abweichungen vom
Standard groß, dann ist es kein schlechter Almond mehr, sondern eine
nicht anerkannte Farbe. Bei einigen Färbungen müssen auch
Standardexperten passen. Tauben mit dem inzwischen gut verbreiteten
Gen ‚Rubella‘ kennt der Standard nicht. Platin ist in Kombination
mit dem Farbausbreitungsfaktor im Standard, die bindige und
gehämmerte Variante nicht. Früher hatte man – etwas ironisiert -
eine große Klasse für solche Färbungen, ‚Fehlfarben‘.
Inzwischen hat sich auch jenseits des
Ausstellungswesens eine Szene entwickelt, in der ein Interesse an
seltenen Farben und nicht zuletzt an diesen ‚Fehlfarben‘ besteht.
Getragen wird sie von ehemaligen Brieftaubenliebhabern und
Flugtaubenliebhabern, die meist keine Standards kennen und über
genetische Hintergründe nur vage informiert sind. Auf die Frage,
welche Farbe ist das, wird man am besten und zutreffendsten
antworten, eine schöne. Denn sie wird selten den Anforderungen der
Musterbeschreibung für irgendeine Klasse des Ausstellungswesens
entsprechen.
Opalvarianten
Opal z.B. ist ein strahlender Name. Opal als
Schmuckstein wird durch das buntfleckige und schillernde Farbspiel
des Edelopals geschätzt. Farbenschläge mit dem Erbfaktor Dominant
Opal gibt es in den Standards nur drei. Und die gab es schon, bevor
man wusste, dass es einen Erbfaktor gab, den W.F. Hollander 1938
Dominant Opal taufte. Es sind Hellblaue mit weißen Binden,
Hellblau-Weißgeschuppte und Isabellfarbene.
Abb. 1: Feldfarbentauben Hellblau mit weißen
Binden, Hellblau-Weißgeschuppt und belatscht Isabell
Die Färbungen jenseits der anerkannten
Farbenschläge kommen dem buntfleckigen und schillernden Farbspiel
der Edelopale näher als die Standardfarbenschläge.
Abb. 2: Giant Homer, bei Levi 1965 ‚dun-gesäumt
(verdünnt Dominant Opal, T-pattern) genannt, rechts Show Racer
Dominant Opal mit hell-rötlicher Säumung
Oft auch dadurch, dass sie mit anderen
Erbfaktoren ‚aufgepeppt‘ werden. So durch Zufügung des Faktors
Indigo, was zu ‚Opalusian‘ führen (soll), ‚soll‘ in Klammern, denn
der bei Andalusiern vorhandene Farbausbreitungsfaktor zerstört nach
den Erfahrungen mit dem Faktor eher das ‚Schillernde‘ und
‚Buntfleckige‘. Bei vielen Erbfaktoren im Schlag lässt sich gar
nicht mehr kontrollieren, was beteiligt ist und was nicht. Garniert
durch den Schimmel- und Scheckfaktor kann das Spektrum zu ‚Opalusian-Schimmel-Schecken‘
führen. Erweiterungen sind möglich. Das Ausstellungswesen wäre
überfordert, für jede Variante eine Klasse zu bilden oder gar einen
griffigen Namen zu finden.
Stippervarianten
Beim Stipperfaktor ist es ähnlich. Im
Ausstellungswesen gibt es den Stipperfaktor u.a. bei Englischen
Short Faced Tümmlern, bei denen der Farbenschlag Almond lange Zeit
wie eine eigene Rasse betrachtet wurde, für deren Zucht man einige
Nebenfarbenschläge brauchte. Diese waren aus dieser Sicht nur Mittel
zum Zweck
Abb. 3: Englische Short Faced Tümmler Almond
Bei den Modenesern u.a. als Magnani bzw.
Vielfarbige, bei Orientalischen Rollern als Vielfarbige,
Weiß-Schwarzgesprenkelt (Schwarzsprenkel), Weiß-Blaugesprenkelte
(Blausprenkel) und Silber-Schwarzgesprenkelte. Als Ursache für die
silberne statt der weißen Grundfarbe werden Modifikatoren vermutet.
Vielfach gibt es nur Vermutungen, ob als Vielfarben gezeigte Tiere
genetisch ein Allel von St besitzen oder unterschiedliche
Modifikatoren. Bei den Dänischen Tümmlern kennt der Standard Braun-,
Gelb- und Graustipper. Die Benennung bei den Dänischen Tümmlern
führt immer wieder zu Irrtümern, denn es handelt sich genetisch
nicht um Braune und Gelbe.
Abb. 4: Vielfarbige Varianten bei Deutsche
Modeneser und Italienisches Mövchen
Abb. 5: Vielfarbige Varianten bei Orientalische
Rollern
Abb. 6: Weiß-schwarzgesprenkelt und
Silber-schwarzgesprenkelt bei Orientalischen Rollern
Der Name Stipper scheint für Züchter im
Unterschied zu Almond keinen großen Bekanntheits- und
Beliebtheitsgrad zu haben. Viele Liebhaber sprechen bei Tauben, die
den Stipperfaktor haben, stattdessen gerne von Almonds. Auch dann,
wenn sie die Almondfarbe gar nicht haben. Es ist nicht überzeugend,
eine weiße Taube mit schwarzen Flecken und einigen rötlichen
Einsprengseln Almond zu nennen, wie es in den Taubenzüchterforen
ständig der Fall ist. Es ist auch historisch nicht gerechtfertigt.
Christie und Wriedt, die den Sprenkelfaktor zuerst genetisch
ausgetestet und 1925 darüber berichteten, nannten den Faktor nicht
Almond, sondern Sprenkel oder Stipper mit dem Symbol St. Nach ihrer
Systematik waren Almonds vom Phänotyp braun-schwarzgesprenkelt und
in der Verdünnung hellbraun-graugesprenkelt. Daneben unterschieden
sie als Grundtyp Weiß-Schwarzgesprenkelte. Zwischentypen, die in den
Zuchten jenseits des Ausstellungswesens das Gros ausmachen, kannten
sie allerdings auch.
An der unlogischen Benennung der Zwischentypen,
wie z.B. als schwarze Almonds (entweder sind sie schwarz oder sie
sind almondfarbig), in einem Teil der Züchterschaft ist die
Literatur nicht unschuldig. Zeitweise wurde nicht nur von der
Almondfarbe, sondern auch vom Almondgen geschrieben. Als
Entschuldigung und Erklärung kann angeführt werden, dass damals
außer den Englischen Short Faced Tümmlern kaum eine anderen Rasse
mit dem Stipper-Gen allgemein bekannt war.
Árpád
Cséplő aus
Ungarn war wohl der erste, der uns, und auch dem Verfasser
prophezeite, dass der laxe Umgang mit den Begriffen uns noch
aufstoßen würde. Und er hat Recht behalten.
Doppelte und dreifache Zuordnungen
Anfänger haben oft Schwierigkeiten zu
verstehen, dass eine Taube viele Erbfaktoren gleichzeitig hat.
Nicht nur für die Grundfarbe und Zeichnung, sondern für viele
weitere. Eine Taube kann den Faktor Dominant Opal haben und
gleichzeitig auch den Stipperfaktor. Dazu auch den Indigofaktor,
Schimmel u.a. Es sind gleichzeitige Zuordnungen zur Gruppe der
Opalvarianten und der Stippervarianten und weiterer mit Erbfaktoren
überschriebene Gruppen möglich. Vielleicht wäre in der
Rassetaubenzucht die Angliederung solcher Klassen als Untergruppe
einer offen gestalteten AOC-Klasse eine gute Möglichkeit, bisher
Außenstehende zu integrieren. Damit käme vielleicht auch das
Spielerische wieder zurück. Taubenzucht ist schließlich ein Hobby.
Angleichung der Sprachen
Einige Züchter versuchen, eine Brücke zwischen
Ausstellungszüchtern und anderen zu bauen. So werden die Almonds der
Musterbeschreibung und der klassischen Literatur (Fulton 1876, Lyell
1881) als ‚klassische Almonds‘ bezeichnet. Ähnliche Varianten wären
dann einfache Almonds. Diese sind damit so etwas wie Almonds 2.
Klasse. Man nutzt die Marke ‚Almond‘, ohne gleichzeitig alle
Qualitätskriterien zu erfüllen.
Das gibt es für Stipper schon ansatzweise im
Ausstellungswesen, nur dass man die 2. Variante ‚Vielfarbig‘ genannt
hat. Namen sind nicht unbedeutend. wie nicht nur Marketingexperten
wissen. Von der Umbenennung der ‚Silber-King‘ in Braunfahle hat sich
der Farbenschlag nie wieder richtig erholt. So haben die Amerikaner
bei den Orientalischen Rollern ihre früheren ‚multi-colored‘ in
Almonds umgetauft, und das, obwohl die wenigsten Tiere den
Standardanforderungen der ‚klassischen‘ Almonds gerecht werden.
Vielleicht könnte eine Besinnung auf die bei den Modenesern
traditionsreiche Benennung ‚Magnani‘ oder auch auf eine frühe
Bezeichnung als ‚Harlekin‘ nützlich sein. Vielleicht finden diese
Namen mehr Anklang und Akzeptanz.
Literatur:
Levi, W. M., Encyclopedia of Pigeon Breeds,
Jersey City 1965
Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim
2015
Sell, Axel, Pigeon Genetics.
Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012
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