Vererbung praktisch: Eine Kreuzung - viele Erkenntnisse
Für manche Züchter ist das Kreuzen von Farbenschlägen und Rassen ein
Lotteriespiel und voller Überraschungen. Anderen dient es zum Gewinn
von Erkenntnisse und der Überprüfung von Theorien und Behauptungen.
Was sagt uns diese Kreuzung eines überzeichneten blaugeelsterten
Täubers und einer gelben Schildtäubin?
Ausgangspaarung: Blaubunte Täuber x gelbe Schildtäubin neben
dominant rotem Jungtäuber und blaufahl-dunkelgehämmerter Täubin
Flügelstudie der blaufahl-dunkelgehämmerten Täubin
1. Die Schildscheckung geht in der ersten Generation weitgehend
verloren. Die weißen Schwingen führen ein Eigenleben, was bei
anderen Paarungen von Schecken auch beobachtet werden kann.
2. Rote und hier die verdünnte gelbe Schildtaube sind genetisch
dominant Rote. Das zeigt sich in dem dominant roten Täuber in der
Nachzucht.
3. Die Paarung zeigt den geschlechtsgebundenen Erbgang. An der
Grundfarbe kann man das Geschlecht der Jungen bestimmen. Dominant
Rote sind Täuber, Tauben mit schwarzer Grundfarbe sind Weibchen.
4. Das Jungweibchen ist eine Dunkel-Blaufahlgehämmerte mit
auffallend hellem Schnabel im Vergleich zum Bruder. Erkenntnis:
Verdünntfarbene Tauben haben auch ohne den Faktor Smoky einen
aufgehellten Schnabel.
5. Das Weibchen ist verdünntfarben: Der Vater zeigt die Verdünnung
nicht im Erscheinungsbild. Er ist genetisch aber mischerbig für den
Verdünnungsfaktor. Er sollte im Zuchtbuch als spalterbig
Verdünntfarben vermerkt werden.
6. Das verdünntfarbene Jungtier ist kein 'Ausrutscher': 50% der
Töchter dieses Täubers werden Verdünntfarbene sein.
7. Die Zeichnungsanlage der gelbschildigen Mutter ist
dunkelgehämmert. Bei dieser dunklen Hämmerung ist das nur
nachzuweisen am ausgebreiteten Flügel der Jungtiere. Der geelsterte
Täuber ist bindig - erkennbar an der Überzeichnung - so dass die
dunkle Hämmerung beim roten Jungtäuber und der blaufahlgehämmerten
Täubin von der Mutter kommen müssen.
...
Das sind einige ablesbare Erkenntnisse aus einer Kreuzung. Das
Wissen kann man mit einigem Geschick aus einer anderen Perspektive
einsetzen, wenn man ein bestimmtes Zuchtziel erreichen will. Pólya
spricht in seiner 'Schule des Denkens' für das Lösen von Problemen
von der Strategie des 'Rückwärts arbeiten'.
Nicht alles wird man heute allerdings selber neu erkunden müssen.
Man kann auf mehr Wissen zurückgreifen, als den meisten Züchtern
bewusst ist.
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