Wie hoch fliegen sie denn? Hochflugtauben und
Brieftauben
Flughöhen bei
Tauben werden vor allem für Hochflieger thematisiert. Jürgen von
Ramin war der Frage der Flughöhe durch barometrische Höhenmessung
nachgegangen. Ab 800 m waren gestorchte Wiener Tümmler unsichtbar.
Das Flugprotokoll wies für kurze Zeit eine maximale Höhe von 836,3 m
auf.
Schwanz- und
Rückenmontage beim AltmeterThree im Artikel von Jürgen von Ramien.
Quelle: Sell, Taubenzucht 2019
Dass es noch
höher geht, allerdings dem menschlichen Auge entronnen, zeigten
jüngere Aufzeichnungen bei Brieftauben. Diese waren mit GPS-Ringen
ausgestattet, so dass Route, Höhe und Geschwindigkeit festgehalten
werden konnten. Dass Brieftauben nicht immer die direkte Route
nehmen und die als Durchschnitt gemessene Geschwindigkeit
(Schlagvermessung/Flugzeit) die tatsächliche Geschwindigkeit
unterschätzt, ist bekannt. Dass die Umwege größer als meist vermutet
sind, wird durch die in der ‚Brieftaube‘ 28/2022 dokumentieren
Aufzeichnungen von Dietmar Timmer aufgezeigt.
Die rote Route
gewählt von ‚Madame20‘ und dem Schwarm und die blaue Route von
‚Uli18‘, die gerne den direkten Weg nahm. Quelle: Dietmar Timmer,
Die Brieftaube Nr. 28/2022.
Es zeigte sich
auch, dass ‚Schwarmverhalten‘ und die oft beschworene ‚kollektive
Intelligenz‘ des Schwarmes nicht immer zu besseren Ergebnissen als
Einzelentscheidungen führen. Die Täubin ‚Uli18‘, die sich schon bei
anderen Flügen als eigenwillig gezeigt hatte, wählte bei einem
dokumentierten Flug im Unterschied zum Pulk den direkten Weg,
deutlich kürzer. Bei diesem Flug flog ‚Madame20‘ mit dem Pulk. Diese
Täubin stellte dafür bei einem anderen Flug über 507 km einen Rekord
bei den gemessenen Flughöhen dar. Die maximale Flughöhe betrug 1.666
m, die maximale Geschwindigkeit 1.640 m/min.
Gehämmerte Täubin
‚Madame2O‘, die an allen Aufzeichnungsflügen teilnahm und mit einer
Höhe von 1.666m den aktuellen Rekord aufstellte. Quelle: Dietmar
Timmer, Die Brieftaube Nr. 28/2022.
Belgische
Brieftauben sind aus dieser Sicht Hochflugtauben mit einem guten
Orientierungssinn und der Fähigkeit, große Distanzen zu überwinden.
Auch nicht neu. Die Abstammung der Belgischen Brieftauben von
Hochfliegern ist gut belegte. Molekulargenetische Untersuchungen
über die genetische Nähe von Taubenrassen hatten bereits gezeigt,
dass Brieftauben bei 70 untersuchten Taubenrassen mit Abstand die
größten Gemeinsamkeiten mit Tipplern aufwiesen. Und diese sind in
England aus kontinentalen Hochfliegern entstanden. Einen
wesentlichen Beitrag werden ‚Cumulets‘ geleistet haben.
Das rückt
arabische Quellen in den Blickpunkt. So schätzten nach einer in
Paris veröffentlichten Schrift von Michael Sabbagh (1805) die
Einwohner des Iraks weiße Tauben mit einem Halsring als Botentauben
besonders, weil diese besonders schnell und intelligent seien.
Brieftauben des Iraks, französisch und arabisch 1805 und freie
deutsche Übersetzung, Quelle: Sell, Brieftauben und ihre Verwandten
2015
Solche Tauben
werden von Boitard und Corbié 1824 als Pigeon Volant Cou Rouge
abgebildet. Sie werden als Teil einer Hochfliegergruppe beschrieben,
die u.a. in Lüttich zu finden sei. Sie sind Vorgänger der Cumulets
in England und anderer späterer weißer Hochflieger auf dem
Kontinent.
Pigeon Volant Rouge 1824 und Cumulet 1925. Quelle: Sell, Taubenzucht
2015
Auch die bei Al
Djahiz (776-868-9) genannten Qualitätsmerkmale guter Botentauben,
wie z.B. angemessene Halslänge, Ausgewogenheit der verschiedenen
Körperteile und die Kleinheit des Schnabels (zitiert nach Nefti
Bel-Haj Mahmoud 1972, 1981), passen auf solche Tauben.
Quelle: Sell, Taubenzucht, Achim 2019
Literatur:
Bel-Haj Mahmoud,
Nefti, La La psychologie des animaux chez les Arabes, Paris 1972,
Lille 1981
Sabbagh, Michel, La Colombe Messagere. Plus Rapide Que LÉclair, Plus
Prompte Que la Nue, Traduit de L’Arabe en Francois par A.I.
Silvestre de Sacy, Paris 1805.
Sell, Axel,
Brieftauben und ihre Verwandten, Achim 2014.
Sell, Axel,
Taubenzucht. Möglichkeiten und Grenzen züchterischer Gestaltung,
Achim 2019.
Timmer,
Dietmar, Erkenntnisse durch GPS-Ringe, Die Brieftaube 139 (2022),
Nr. 28, S. 4-10.
Von Ramin,
Jürgen, Flughöhen unserer Hochflugtauben, Geflügel-Zeitung 1/2016,
S. 44-47.
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