Zarte Färbungen und regionale
Bezeichnungen bei Berliner Tümmlern
Zu Beginn der organisierten
Rassetaubenzucht gab es bei den einzelnen Rassen regional sehr
unterschiedliche Namen für einzelne Farbenschläge, die zum Teil bis
heute geläufig sind. Bei einigen Farbenschlägen hat sich im
Zeitablauf die Benennung geändert. Einige Farbenschlagbezeichnungen
sind auch mehrdeutig und gelten für genetisch unterschiedliche
Typen.
Bunte = Elstern
Bei den Berliner Tümmlerrassen
nannte man in der alten Literatur, wie bei Schachtzabel 1910, Klein
aus dem Jahr 1920 und der MB von 1926, geelsterten ‚Berliner Lange‘
geelsterte Berliner Kurze ‚Bunte‘. Der Name Bunte für Elster ist
auch heute geläufig. Die aus den spalterbigen Bunten fallenden
Farbigen mit weißen Schwingen nennt man ‚Schwingige‘.
Abb. 1: Cover der Monographie von Erich Klein aus dem
Jahr 1920 und Berliner Lange geelstert blau (Blaubunte)
Dunkles Blau und helles Blau
Im Farbenschlag ‚Blaubunt‘ der
Berliner Langen gab es den Zusatz ‚dunkles Blau‘. Seit 1954 wurde
der Zusatz durch ‚dunkelstahlblau‘ ersetzt. Bei den Berliner
Langlatschigen Tümmlern unterschied man in der MB 1926 Blaue mit
einem dunklen und einem hellen Blau. In der MB von 1954 gilt das
auch für die Langlatschigen Elstern, früher Vogtländer. Blaue
sollten ein dunkles Stahlblau haben, Hellblaue eine ganz zarte
Eisfarbe.
Abb. 2: Berliner Langlatschige Tümmler Weißschwanz
blau bei Erich Klein, Berliner Tümmler aus dem Jahr 1920, Berliner
Langlatschige Tümmler geelstert hellblau auf der Deutschen
Taubenschau Leipzig 2017
Der Hinweis auf die Eisfarbe ist
irreführend, denn das ist die Farbe der eisfarbenen Polnischen
Langschnäbler mit dem genetischen Faktor Eis. Aber auch von
‚Hellblauen‘ zu sprechen ist mißverständlich, denn dabei handelt es
sich bei anderen Rassen, wie den Feldfarbentauben, um Dominant
Opalfarbene. In der MB von 2002 wird nicht mehr von der ‚zarten
Eisfarbe‘ gesprochen, sondern bei den hellen Blauen korrekt von
gleichmäßig hell im Unterschied zu den gleichmäßig Dunkelblauen.
Silber früher als Synonym für
Eisfarbe
In der MB von 2002 wird bei den
Langlatschigen Berlinern zusätzlich der Farbenschlag ‚Silber‘
aufgeführt, bei anderen Rassen sind das ‚Eisfarbene‘. Aus der MB ist
es, wie auch bei den Deutschen Langschnäbligen Tümmlern, bei denen
‚Silber‘ ohne Beschreibung auch auftaucht, nicht erkennbar. Woher
die Bezeichnung ‚Silber‘ stammt, erfährt man bei Erich Klein und ist
einer Fehleinschätzung zu verdanken. In seiner Monographie über die
Berliner Tümmler aus dem Jahre 1920 versteht er die hellen blauen
Elstern nicht als eigenständigen Farbenschlag mit einem hellen Blau.
Er hält sie für noch nicht ideal gefärbte Eisfarbige in der Farbe
der Galizier pechschnäbligen Elstern. Diese wurden früher auch
Galizier Silberelstern genannt (S. 45).
Abb. 3: Polnische Langschnäblige Tümmler geelstert
eisfarbig und geelstert perlfarbig
Auch bei den früheren
mittelschnäbligen Berliner Tümmlern, den heutigen Berliner Kurzen,
soll es ‚Silberbunte‘ gegeben haben. Das Silber war bei ihnen so
zart, dass es am Kopf und Hals kaum wahrnehmbar war. Sie waren nach
Klein sehr selten, das letzte Paar hatte er aus dem Jahr 1904 in
Erinnerung. Auf der Schau des Vereins Cypria wurde es vom Aussteller
Schenck=Berlin gezeigt. Die Zeichnung eines ‚silberbunte‘ Berliner
Kurze ist im Illustrierten Prachtwerk von Schachtzabel 1910
abgebildet.
Abb. 4: Berliner Kurze auf einer Abbildung bei
Schachtzabel 1910. Kupfrig, isabellfarbene Elster, Blau mit Binden,
eisfarbige Elster (silberbunt), Rotstreifig, Gelbstreifig und
Blaueulig (von oben links nach unten rechts)
Farbenschläge überdauern in den
MBs manchmal länger als in der Realität. Wenn ein Farbenschlag auch
heute noch in der MB auftaucht, dann wäre es allerdings gut, wenn
deutlich gesagt wird, was sich Züchter und Preisrichter darunter
vorzustellen haben.
Blaufahle – Perlfarbige
Verdünntfarbene Blaue nannte man
in anderen Rassen früher ‚Silber‘, heute ‚Blaufahl‘. Bei den
Berliner Langen, Langlatschigen und auch den Berliner Kurzen werden
sie traditionell dagegen Perlfarbig genannt. Die Bezeichnung ist
nicht unproblematisch, denn bei den Polnischen Langschnäbligen
Tümmlern versteht man unter ‚Perlfarbig‘ Eisfarbene auf braunfahler
Grundlage (Abb. 3 rechts).
Abb. 5: Berliner Kurze perlfarbig (blaufahl m.B.) und
Berliner Langlatschige Tümmler Elster perlfarbig auf der Deutschen
Taubenschau 2017 in Leipzig
Wer eisfarbene Berliner in der
Farbe der Polnischen Langschnäbler züchten will und Kreuzungen
vornimmt, der verbessert nicht die Farbe der Hellblauen oder
Perlfarbigen, sondern züchtet einen anderen Farbenschlag. Nach
Kreuzungen ist es mitunter von außen sowohl bei den Berlinern als
auch bei Polnischen Langschnäblern schwer zu entscheiden, ob die
Grundlage der Perlfarbigen genetisch braun- oder blaufahl ist.
Khakifahle – Isabellen
Bei den Berliner Tümmlerrassen
werden verdünntfarbene Braunfahle (Khakifahle) Isabell genannt.
Klein beschreibt die Farbe als ein ganz zartes, duftiges Creme, bei
den Bindigen mit gelbbraunen Binden (S. 26, 45).
Abb. 6: Berliner Kurze isabellfarbig und Berliner
Langlatschige Tümmler Elster isabellfarbig
Genetisch unterscheiden sie sich
von den Isabellen der Sächsischen und Brünner Kröpfer, die Dominant
Opal sind. Prütz beschreibt deren Färbung als Zwischenton von Gelb
und Rot, „dabei so licht und blaß, daß sie nur wie angehaucht
erscheint“ und die weißen Binden damit kaum erkennbar sind.
Literatur:
Klein, Erich, Berliner Tümmler,
Chemnitz 1920.
Schachtzabel, Illustriertes
Prachtwerk sämtlicher Tauben-Rassen.
Würzburg 1910.
Sell, Axel,
Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim
2012.
Sell, Axel
und Jana, Taubenfärbungen, Colourations in the Domestic Pigeon,
Reutlingen 2005
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