Zucht auf schwarze Tauben: Deep und Dull – ein Mysterium seit 100
Jahren
Schwach gefärbte Schwarze
Aus einigen Verpaarungen von Blaubindigen und Gehämmerten mit
Schwarzen und anderen Farben mit dem Farbausbreitungs-Gen Spread
fallen Grauschwarze (dull) mit dunkelschwarz abgesetzten Binden oder
einer Hämmerung. Oft sogar mit erkennbarer Schwanzbinde. Das hatte
Sarah van Hoosen Jones schon 1922 dokumentiert. Ein Gegensatz zur
Theorie? Sollte Spread als dominantes Gen nicht die Zeichnungen
‚Binden‘ und ggf. die ‚Hämmerung‘ überdecken? Nach Radio Eriwan:
Im Prinzip ja, aber … Spread verdeckt die Zeichnungen oft nur
teilweise. Und ob, und wieweit, hängt von weiteren Modifikatoren ab.
Zum Beispiel wird man in Kapiteln über Toy-Stencil lernen, dass die
Binden bei schwarzen Tauben besonders markant weiß hervortreten,
wenn diese Modifikatoren vorhanden sind.
Zurück zu Schwarzen ohne Toy-Stencil. Es handelt sich bei den
schwach gefärbten Schwarzen nicht um Mutanten und auch nicht um
Allele des Spread-Faktors. Ihnen fehlt auch nicht der Spread-Faktor,
den intensiver (deep) gefärbte Schwarze haben. Schon dann, wenn bei
schwach gefärbten Schwarzen unter dem schwachen Schwarz genetisch
die Hämmerung statt der Binden vorhanden ist, wird die Färbung
uniformer. Dann zeichnen sich auf dem Flügelschild nicht nur die
Binden, sondern auch die Hämmerungsflecken auf grauer Grundlage ab.
Die sich dunkler abzeichnenden Binden plus Hämmerungsflecken der
schwach gefärbten Schwarzen korrespondieren mit diesen Zeichnungen
bei Blauen. Die Färbung wird bei vielen dennoch nicht intensiv
schwarz.
Abb. 1 und 2: Schwach gefärbtes schwarzes Weibchen mit
durchscheinenden Binden und aufgehellten Ortfedern und sichtbarer
Schwanzbinde (Quelle: Sell, Genetik der Taubenfärbungen 2015, dort
Abb. 221). Rechts ohne absetzende Schwanzbinde und ohne Aufhellung
der Ortfedern, mütterlicherseits mischerbig Smoky. Beide mischerbig
Spread aus blauem Elternteil aus dem Bestand des Verfassers.
Abb. 3: Schwarz mit dunkler durchscheinenden Flügelbinden und
Hämmerungsflecken aus der eigenen Zucht, mischerbig Spread, Smoky
und Dirty
Vor 100 Jahren: Deep-Black
Eine Verdunkelung der schwarzen Erscheinung wird durch Dirty und
Smoky erreicht. Die Erwartungen sollten aber nicht zu hoch gesetzt
werden. Smoky z.B. mag hilfreich sein, Kontraste der
durchscheinenden Zeichnung mit der Mauser zu verwischen. Dennoch
hatte der Verfasser in der eigenen Rasse anfangs, obwohl reinerbig
Smoky, nur schwach gefärbte Schwarze (Abb. 5 links). Weitere das
Durchscheinen der Zeichnungen verhindernde und die schwarze Färbung
und den Glanz intensivierende Faktoren mussten dazu kommen, wofür
sich schon 1922 Hinweise in der Literatur fanden. Sarah van Hoosen
Jones (1922) hatte sich unter anderem mit den Unterschieden der
Tiefe und dem Glanz der Färbung schwarzer Tauben befasst und dabei
einen Faktor ‚Deep‘ thematisiert. Sie unterschied die Schwarzen in
zwei Gruppen. Die schwächer gefärbten Schwarzen mit bräunlichem oder
gepudertem Anflug nannte sie ‚Dull‘. Bei durchscheinenden Binden ‚Dull
Black Bar‘, und bei einer Hämmerung ‚Dull Black Check‘ (S. 498, und
nachstehend Abb. 4). Ob die Alternative ‚Deep‘ ein in der Literatur
vermutetes Allel von Spread ist, oder, wie im Artikel indirekt
gesagt, ein auf Spread einwirkender Modifikator, ist offen. Der
eigenen Vermutung nach eher ein Modifikator oder das Zusammenwirken
mehrerer Modifikatoren. Dull ohne durchscheinende Zeichnung werden
auch bei van Hoosen Jones nicht ausgeschlossen, und auch einige
schwächer gefärbte eigene schwarze Brieftauben hatten die bindige
Zeichnung.
Abb. 4: ‘Dull Black Check’ bei Sarah van Hoosen Jones 1922
Wandlung eines Stammes von ‚Dull‘ zu ‚Deep‘
Wenn traditionelle Versuche zur Verbesserung der Färbung nicht
reichen, bleibt nur die Zuführung von Intensitätsfaktoren aus
anderen Rassen im Stile einer ‚Neuzüchtung‘. Unter ‚traditionell‘
versteht man langjährige Selektion, durch die negative Modifikatoren
ausgesondert und positive angereichert werden. Nicht traditionell,
sondern durch Zuführung im Stamm nicht vorhandener Faktoren wurde
tatsächlich ein weitgehend uniformes und intensives Schwarz
erreicht. Und zwar auch bei Tieren mit genetisch bindiger
Zeichnungsanlage.
Abb. 5: Smoky-Schwarze Pommersche Schaukappe mit schwacher Färbung
und nach ‚Veredelung‘ durch Einführung farbintensivierender
Faktoren. Quelle: Sell, Genetik der Taubenfärbungen, Abb. 253),
Achim 2015.
Abb. 6: Deep und schwächer gefärbtes Schwarz mit Binden
Gleichmäßig gefärbt sind bei diesen intensiv gefärbten Schwarzen
auch ‚Deep‘, die genetisch im Hintergrund die bindige Zeichung
besitzen. Gelegentlich zeigen sich die Zeichnungen leicht im
Jugendgefieder und in Abhängigkeit vom Lichteinfall. Weitgehend
uniform sind auch solche, die nur mischerbig für den Spread-Faktor
sind. Das bestätigt das blaue Jungtier aus dem schwarzen Alttäuber
in Abb. 7.
Abb. 7: Blaubindig aus schwarzem Vater als Indikator für die
Mischerbigkeit des Vaters für Spread
Schwarz auch ohne Spread
Es gibt nicht nur genetisch Schwarze, die für Außenstehende nicht
schwarz aussehen, es gibt auch Schwarze, die genetisch nicht den
Farbausbreitungsfaktor haben. So bei den Schwingen der
Schwarzflügeln der Gimpeltauben. Nach Kreuzungen mit Blauen und
Blaugehämmerten gibt es in der ersten Generation Gehämmerte, und
auch in Nachfolgepaarungen gibt es keine Schwarzen. Tief schwarz
ohne den Spread-Faktor waren auch Kites in der Dänischen
Braunstipperzucht des Verfassers.
Abb. 8: Dänische Tümmler, Braunstipper-Täuber und Kite-Täubin
Für schwarze Startauben (mit weißen Binden und Mond) wird in der
Literatur vielfach geschrieben, dass sie Spread nicht hätten. Das
scheint bisher nicht durch aussagefähige Fotos und
Nachfolgepaarungen einer ersten Generation dokumentiert worden zu
sein. So kann man auch Verwechselungen mit schwach gefärbten
Schwarzen der ersten Generation – wie eingangs gezeigt – nicht
ausschließen. Auch bei schwarzen Gazzi der Italienischen Modeneser
wurden Beobachtungen gemacht, die auf das Fehlen von Spread
hindeuten. Es bleiben also noch Geheimnisse zu entschlüsseln.
Literatur:
Sell, Pigeon Genetics.
Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012,
www.taubensell.de
Sell, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015
Van Hoosen Jones, Sarah, Studies on inheritance in pigeons IV,
Genetics VII 1922, S. 466-507.
|